Abmahnung – 2 verbreitete Gerüchte und die Fakten

Bevor Sie wegen des Verhaltens eines Mitarbeiters (z.B. Verspätung, Nichtmelden der Arbeitsunfähigkeit) eine Kündigung aussprechen, müssen Sie in aller Regel eine Abmahnung ausschreiben. Erst im Wiederholungsfall ist eine Kündigung möglich. Aber wie oft müssen Sie vorher abmahnen?

Zu dieser Frage gibt es eine Reihe von Gerüchten. Mit diesen will ich an dieser Stelle einmal aufräumen.

Gerücht 1: Zunächst müssen Sie eine Ermahnung aussprechen, bevor Sie abmahnen dürfen

Das ist auf Deutsch gesagt Blödsinn. Es gibt keine gesetzliche Grundlage dafür. Natürlich dürfen Sie als milderes Mittel zunächst einen Arbeitnehmer ermahnen, wenn er seine Verpflichtungen Ihnen gegenüber nicht einhält. Verpflichtet sind Sie dazu jedoch nicht.

Letztendlich ist eine Frage des Führungsstils und der bisherigen Erfahrungen, die Sie mit Mitarbeitern gemacht haben. Mein Rat ist bei leichteren Verstößen, die keine großen betrieblichen Auswirkungen haben und das erste Mal vorkommen, mit dem betroffenen Mitarbeiter zunächst ein Gespräch zu führen.

Erst, wenn das nicht hilft würde ich beim nächsten Mal eine Abmahnung aussprechen. Aber nochmal: Rechtlich gesehen dürfen Sie auch gleich zur Abmahnung greifen.

Gerücht 2: Sie müssen dreimal abmahnen, bevor Sie kündigen dürfen

Auch das ist Blödsinn. In keinem deutschen Gesetz steht eine Mindestanzahl von erforderlichen Abmahnungen. Eine Kündigung ist bereits möglich, wenn Sie einem Mitarbeiter einmal abgemahnt haben und er einen vergleichbaren Fehler wieder macht.

Beispiel: Sie haben einen Mitarbeiter am 30.08 eine Abmahnung erteilt, weil er ohne Erlaubnis 30 Minuten zu spät zur Arbeit kam. Am 23.09 kommt er verspätet aus der Pause wieder. Die Verstöße haben beide mit der Einhaltung der Arbeitszeit zu tun, sind also vergleichbar. Am 23.09 kann eine verhaltensbedingte fristgemäße Kündigung ausgesprochen werden

Viele Arbeitgeber sind in der Praxis aber dazu übergegangen, mehrere Abmahnungen auszusprechen. Das hat sowohl psychologische als auch rechtliche Auswirkungen, die Ihnen bewusst sein sollten. Psychologisch gesehen gewöhnt Ihr Mitarbeiter sich daran, dass Verstöße keine (weiteren) Folgen haben. Die Hemmschwelle sinkt.

Hier setzen die rechtlichen Auswirkungen an. Es gibt Arbeitsgerichte, die von Ihnen verlangen, dass Sie die letzte Abmahnung besonders eindrücklich formulieren müssen. Der Mitarbeiter soll schließlich wissen, dass es mit Ihrer Geduld zu Ende geht: Formulieren Sie dann besonders eindringlich und überschreiben Sie das Dokument mit "letzte Abmahnung"


Letzte Abmahnung:

Am 23.09.2015 sind Sie erneut statt um 08.00 erst um 09.30 zur Arbeit erschienen. Wir fordern Sie hiermit auf, Ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen künftig vollständig nachzukommen und insbes. die Arbeit jeweils pünktlich aufzunehmen. Gleichzeitig erteilen wir Ihnen hiermit wegen der oben beschriebenen Verspätung eine letzte Abmahnung. Nachdem bereits unsere Abmahnungen vom 30.08.2015, 16.06.2015 und 23.05.2015 wegen vergleichbarer Pflichtverstöße erfolglos geblieben sind, ist unsere Geduld nun endgültig erschöpft. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir im Fall einer weiteren Pflichtverletzung das Arbeitsverhältnis definitiv und ohne weitere Abmahnung kündigen werden.

Datum, Unterschrift


Natürlich sollten Sie dann auch konsequent sein und im Falle einer neuen vergleichbaren Pflichtverletzung fristgemäß kündigen.