Erst im Frühling 2016 hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine Studie beauftragt, um herauszufinden, wie präsent Altersdiskriminierung in Deutschland ist. Das Ergebnis wurde im Zuge der Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt: Knapp jeder dritte Deutsche wurde bereits wegen seines Alters diskriminiert oder fühlte sich zumindest diskriminiert. Besonders in der Berufswelt sind die Nachteile des Alters omnipräsent.
Typische Fälle von Altersdiskriminierung
Spricht man von einer Diskriminierung wegen des Alters, ist normalerweise immer ein hohes Alter gemeint, auch wenn per Definition natürlich auch junge Menschen wegen ihres Lebensalters diskriminiert werden könnten. Besonders in der Berufswelt haben Menschen im höheren Alter oftmals Nachteile, welche durchaus als offenes Geheimnis behandelt werden. So ist es gang und gäbe, dass in vielen Tarif- und Arbeitsverträgen geregeltes Entgelt das Alter als einen Faktor hinzuzieht, statt sich lediglich auf Qualifikationen, Fähigkeiten und die tatsächliche Leistung zu konzentrieren.
Fälle wie diese lassen sich in Deutschland auf soziologischer und ökonomischer Ebene in zahlreichen Situationen finden. Mal sind es die Versicherungseintritte oder -konditionen, bei denen ältere Menschen oder gar Rentner mit erheblich höheren Kosten zu kämpfen haben, an anderer Stelle wiederum gibt es bei unzähligen Finanzinstituten und Leasing-Firmen klare Regularien zum Alter: bis hin zur völligen Verweigerung der Leistung.
So ist es für Rentner mitunter eine Hürde, im hohen Alter überhaupt eine Kreditkarte ausgestellt zu bekommen. Leasingfirmen für Mietwagen hingegen hätten ebenfalls nur ungern Rentner am Steuer ihres Wagens, weil automatisch von einer höheren Unfallwahrscheinlichkeit und dem daraus resultierenden bürokratischen Aufwand ausgegangen wird. Ältere Menschen und Rentner fühlen sich vor allem als Patienten, Arbeitnehmer und Verbraucher diskriminiert. Obwohl die Altersdiskriminierung in Deutschland folglich omnipräsent ist, wird sie nur selten angesprochen.
Anders als bei einer politischen oder rassistisch motivierten Diskriminierung, existieren für ältere Menschen keine Demonstrationen, der Medienaufschrei bewegt sich in einem überschaubaren Rahmen und Organisationen, die sich für deren Rechte einsetzen, gibt es ebenfalls nur vereinzelt.
Europäische Gerichte sind häufig mit Altersdiskriminierung beschäftigt
Immer mehr ältere Menschen setzen sich gegen ihre eigene Altersdiskriminierung zur Wehr. Einige der Klagen sind mittlerweile sogar vor dem Europäischen Gerichtshof gelandet. So hatte im September 2011 beispielsweise ein Pilot geklagt, weil sein Luftfahrtunternehmen eine Klausel in den Vertrag einsetzte, mit welcher er ab einem Lebensalter von 60 nicht mehr befugt war, ein Flugzeug zu steuern. Der Europäische Gerichtshof wies diese Klausel ab und gab dem Piloten Recht. Aber auch andere Fälle sind vor Gericht bekannt, denn wie so häufig funktioniert Diskriminierung immer in zwei Richtungen. So gab ein Düsseldorfer Gericht einer jungen Arbeitnehmerin Recht, als sie genauso viele Urlaubstage wie ihre älteren Kollegen einforderte.
Viele Politiker und Experten weisen auf ein grundlegendes Problem bezüglich der Altersdiskriminierung in Deutschland hin. In zahlreichen Vorschriften und Regelungen, aber sogar teilweise in Gesetzen, wird immer noch mit Stichtagen gearbeitet. So wird jeder Mensch pauschalisiert und ab einem bestimmten Alter für ihn festgelegt, dass er zu "unfähig" für eine Sache sei oder nun Verträge unter anderen Konditionen erhalten müsse.
Dabei bestehen auch im hohen Alter durchaus erhebliche Unterschiede in der Leistungsfähigkeit einzelner Menschen. Fordernde intellektuelle Aufgaben sind für einige Rentner ebenso noch möglich wie körperliche Arbeit – hier müsse mehr auf die einzelne Person eingegangen werden, statt sich weiter auf pauschalisierte Stichtage zu verlassen. Das wäre auch ein aktives Zeichen gegen die Altersdiskriminierung.
Jeder, der sich in Deutschland wegen seines Alters diskriminiert fühlt, hat ein Anrecht darauf, sein Recht vor einem Gericht einzufordern. In der Praxis existieren zwar zahlreiche solcher Fälle, bei vielen älteren Personen hat sich jedoch eine stillschweigende Akzeptanz eingeschlichen. Man sei nicht mehr gewillt, sich im hohen Alter auf einen mitunter mehrjährigen Rechtsstreit einzulassen. Daher muss der Schutz von Staatsseite schon vorher greifen, damit solche Klagen gar nicht erst zur Regelmäßigkeit werden müssen.
Was sind Ihre Erfahrungen mit Altersdiskriminierung? Vielleicht haben Sie selbst schon Erfahrungen gesammelt, da Sie älter sind? Sagen Sie uns Ihre Meinung!