Zum Klettern nach Griechenland: Kalymnos vor Deutschlands Haustür

Als die Wolken sich lichten, kommen riesige Felsformationen mit abgeschnittenen Spitzen in Sicht. Was sich vor den Augen auftut, sind jedoch nicht die Tafelberge Venezuelas sondern das Plateau eines, wie abrasiert erscheinenden Gesteinsmassivs im Mittelmeer. Zwischen 26° 56' 26'' E Längen- und 36° 57' 47'' N Breitengrad zieht die Maschine einen weiten Bogen, nimmt dann Kurs auf die Insel Kos.

Mit einer Flugdauer von gut zwei Stunden auf der Luftlinie von 9.295,20 km eröffnet die Destination München-Kos den Eintritt in eine noch immer unentdeckte Welt: die nur einen Katzensprung von Kos entfernt liegende Insel Kalymnos, mit ihrer Schwammtaucher-Geschichte und diesen grandiosen Gesteinsformationen gilt noch immer als Geheimtipp.

"Das ist aber eine ganz Karge", reckt die Flugpassagierin ihren Hals nach dem Fenster. Als nach der Felsigen dann Kos in Sicht kommt: "Ja, jede Insel ist anders, das sagen die Leute hier." Vor der Landung zieht die Maschine einen weiteren Bogen über das azurblaue Meer. Türkis-blaue Spots – die Becken der Hotelpools, kurzstämmige Bewaldung – viel freie Fläche, felsenlos. Auf der Landebahn am Meer atmen die deutschen Reisegäste, die am Morgen bei 10 Grad in München gestartet sind, tief durch.

Am Airport Hippokrates herrschen sonnige 25 Grad. Schnell gelangen die Gäste nach Mastichari ans andere Ende der Insel zu den Fähren. "In zehn Minuten verlässt die Zeus den kleinen Hafen", kündigt die Kartenverkäuferin an. Die knapp eine halbe Stunde andauernde Schiffsfahrt über das ägäische Meer, das mit dem rosa-goldenen Licht des Himmels, der eingefärbten Landschaft und den Menschen an Bord zu verschmelzen scheint, bilden ein Gesamtsetting wie in einem Werbe-Movie. Im Abendlicht erscheint die Hafenstadt Pothia, die sich in die große Bucht einschmiegt.

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Die Entdeckung

"An den Eisengestängen auf der Fähre habe ich schon mal meine Kräfte getestet", lacht André, der mit seiner Kletter-Truppe "North Extreme" aus Gdansk (Danzig), Polen zum großen The North Face-Climbing Festival 2013 angereist ist. "Wir sind das erste Mal nach Kalymnos gekommen und werden mit zwölf Leuten am Open Marathon teilnehmen", so seine Team-Trainerin Eliza.

Neben den, ihre Kräfte messenden Herren stellt sie die Damen Ewa, Ola, Isa und Hanna vor. Sie sind fest entschlossen, den Slogan "Find your passion", der auf ihren knallroten Shirts aufgedruckt ist, an den Wänden der griechischen Rocks umzusetzen.

Passioniert und auf dem Weg zum Weltklasse-Kletterer ist Alexander Megos, der bereits beim vergangenen The North Face-Climbing Festival 2012 auf Kalymnos die Kletterszene mit seinen Skills in den Bann zog. Der im deutschen Erlangen Geborene schloss diesmal sofort am ersten Tag im PROject Competition alle Routen in weniger als vier Stunden ab.

Das lässt auf "Mehr" schließen – am Abend dann die offizielle Eröffnung des Festivals unter Dimitrios Diakomihalis, dem griechischen Präsidenten des Gemeinderats für Tourismus und seinem Team, das mit The North Face wieder Athleten von Weltrang auf die griechische Insel geholt hat.

Weltklasse-Destination für Kletterer vor der Haustür Deutschlands

Nahe Kos und Rhodos gelegen ist Kalymnos im ägäischen Meer die viertgrößte Insel der Dodekanes-Gruppe. Mit einer Länge von 21 und einer Breite von 13 Kilometern ist sie trotz der steilen Felsen auf mehr als 90 Prozent ihrer Fläche von Küstenlandstrichen umsäumt. Unter der Oberfläche ziehen sich die Gesteinsmassen aus vulkanischer Vergangenheit weit hinein in die Tiefe von über 1500 Metern. (Die tiefste Stelle des Mittelmeeres liegt südwestlich der griechischen Halbinsel Peleponnes bei 5.267 Metern). 

Seinen höchsten Punkt markiert Kalmynos mit 676 Metern am Berg des Klosters St. Ioannis Theologos. Diese wild-romantischen Formationen aus Kalkgestein sind seit Jahrtausenden Heimat der Wildziegen und der wilden Kräuter – Thymian, Bergoregano und Salbei. Berühmt für ihre Tradition der Schwammtaucher, die noch heute vereinzelt zu finden sind, für Thymianhonig von den Hängen bei Emporios und für ihr Zitrusfrüchte-Tal Vathy ist die Insel heute daneben zum Mekka für Kletterer aus aller Welt geworden.

Unbekannte, frische Routen

Bei Sonnenaufgang bringt der Jeep die Kletterer zu berühmten Routen, wie Odissey, Olympic Wall, School und Iliada und zum brandneuen Sektor bei Skalia: "Ghost kitchen, Skalia Pillar oder Cave wurden extra für das Kletterfestival gegründet, sind also noch unentdeckt", so Jeep-Fahrer Eliah vom The North Face-Team. Daneben kümmert sich eine große Gruppe von Menschen auch um die Sicherheit am Fels: Rescue-Team und Wildsport Kalymnos sind rund um die Uhr für die Sportler an den Hängen und auf Wegen der Insel da.

 So gut ausgerüstet steigen die Athleten des PROject Competition zum Basecamp auf, jenem Platz, wo der Run auf die neuen, steilen Lines beginnt – der Aufforderung gleich: "Get your fingers ready for the highly anticipated 2nd Edition of The North Face Kalymnos Climbing Festival" – was so viel heißt, wie "mach deine Finger startklar für die heiß erwartete, zweite Ausgabe des The North Face Kletterfestivals, diesem einzigartigen Event, der live-geschaltet im Internet zu verfolgen ist."

"Alles lief glatt und ich habe keine Verletzungen davongetragen", berichtet Alexander Megos und betrachtet seine Hände. Bei Temperaturen auch noch am Abend um die 20 Grad verbringen die erfolgreichen Kletterer Caroline Ciavaldini, Anna Sthor, Nina Caprez, Sabine Bacher, Barbara Zangerl, Sasha DiGiulian, Melissa le Neve und Johanna Ernst, Gabriele Moroni, Alexander Megos, Kilian Fischhuber, Piotr Schab, Klemen Becan, Silvio Reffo, Daniel Jung und Daniel Woods dann nicht weit vom Schauplatz der Kletterszene den Ausklang eines erfolgreichen Tages am Strand von Emporios oder im Homecamp Elena Village.

Showdown

Nach original-griechischem Dinner mit kalymniotischem Salat (Schafskäse, viel frisches Gemüse, Kapern, dunkles Brot mit Anis), einem Mythos (griechisches Bier) oder Limetten-Juice steigt die Anspannung bis zum Siedepunkt, die der Moderator vor der offiziellen Preisverleihung bis zum Limit hochjagt: "The North Face Extra-Prize for the hardest kalymnian route till now – 8c+". Sasha DiGiulian and Alexander Megos – für die härteste Route, eine 8c+ – der große The North Face Extrapreis für Sasha DiGiulian und Alexander Megos.

Für die Wettkämpfe des PROject Competition, des OPEN und BIG Marathons und den Summit Series Specialist Competition an den Wänden von Telendos rattert er dann die Namen in einem Rutsch herunter: 8. Platz Anna Stöhr, 7. Platz Sabine Bacher, 6. Platz Johanna Ernst, 5. Platz Melissa le Neve, 4. Platz Sasha DiGiulien, 3. Platz Barbara Zangerl, 2. Platz Nina Caprez, 1. Platz Caroline Ciavaldini.

Dann die Herren: 7. Platz Daniel Jung, 6. Platz Piotr Schab, 5. Platz Gabriele Moroni, 4. Platz Klemen Becan, 3. Platz Daniel Woods, 2. Platz Kilian Fischhuber und der Gewinner ist Alexander Megos. "We have seen him at the start, flying up the mountains." Zu Deutsch: "Wir haben ihn ja schon am ersten Tag die Wände hochrennen gesehen."

"You are all part of the island – and now it’s time to party!" – "Sie alle sind Teil der Insel.“ Mit diesen Worten und der Aufforderung zum Feiern beginnt die große Seaside-Party. "Ich habe bis in die frühen Morgenstunden gemeinsam mit um die 600 Kletterbegeisterten gefeiert, an den Wänden der Insel waren noch mehr unterwegs.", erzählt der Sieger des PROject Competition, Alexander Megos. Dann rattert er die Schwergrade der Routen im Finale runter: erste Route 7c+/8a, zweite Route 8b, dritte Route 8b und vierte Route 8c/+. 

"Mit 180 Routen haben wir im Jahr 1999 begonnen, den Sport auf der Insel zu etablieren – in einer guten Mischung aus offiziellem Sportdepartment und Privatpersonen, die sich um das Klettern auf Kalymnos verdient gemacht haben. Erster Kletterer war der italienische Sportler Andrea Di Bari, der im Jahr 1997 die grandiosen Festformationen unserer Insel vom Schiff aus gesehen und dann erklommen hat. Heute besitzt die Insel insgesamt 2500 Routen", so George Hatzismalis vom Tourist-Department of Kalymnos.

Caroline Ciavaldini – Gewinnerin auf vielen Ebenen

Neben Alexander Megos für die Herren ist Caroline Ciavaldini für die Damen Siegerin im PROject Competition 2013. Auf der Preisverleihung wurde eine andere News ebenso angekündigt: jetzt hat sie auf Kalymnos geheiratet. "James was secretly organizing everything for the wedding and I did not know anything. It was a total surprise for me." –  "James hat alles heimlich für die Hochzeit organisiert. Es war für mich die totale Überraschung, ich ahnte ja nichts davon. Und es war supercool", schwärmt Caroline Ciavaldini.

"Wir haben hier im Hotel Elena Village gefeiert, no official ceremony, no church – keine offizielle kirchliche Zeremonie – aber es war supercool." Dann erzählt sie über den Film, der in ihrer Heimat gedreht wurde und auf dem Kalymnos Climbing Festival Premiere hatte. "The movie about the unknown island La Reunion was shown the first time to the public. It contains a very private story. My life. And I am glad, you liked it." – "Dieser Film über Klettern auf La Reunion zeigt meine ganz private Story – mein Leben. Ich freue mich, dass er Ihnen gefallen hat."

Klettern und Bewegung ist ihr Leben: ob auf der Insel La Reunion, auf Kalymnos oder in der Türkei. "Next time we are going around Turkey, to Bodrum, Antalya – then back to Greece. Crete and Athens. Christmastime we will spend in England, in February will be meet Yuji Hirayama in Japan."

All das bereisen Caroline Ciavaldini und James Pearson mit ihrem Caravan: "We sold the house, like to go around with the caravan and will climb the new Antalya wedding route, which was a present of our friend Tobias and his Turkish girlfriend."

Tipps und Aussichten


PROject Competition Routen:

West Face: Banana Party, Skin on my left, Match point.

Don’t touch my balls, The unexpected journey, Kiesha.

South Face: Don´t call me greasy.

East Face: Sweet balls.

Infos rund ums Klettern und die Insel:

Kalymnos Climbing Festival 2012

und Facebook.

Quellen: Vor-Ort-Recherche, Jennifer Hartl – Krauts, Blitzinterview
mit Caroline Ciavaldini, Alexander Megos, George Hatzismalis, Birgit
Möller.