Welche DaF-Lehrende kennen das Problem nicht: Das leidige Wortschatzlernen, mit dem viele Kursteilnehmer oft große Schwierigkeiten haben. Dabei sind folgende zwei Probleme besonders relevant:
1. Keine Einbettung der Wortschatzarbeit in einen Kontext
Neue Wörter werden schneller gelernt, sobald sie im Kontext gegeben sind. Je nach kulturellem Hindergrund haben die Kursteilnehmer unterschiedliche Vorstellungen oder Prototypen eines Begriffs im Deutschen vor Augen und wenden ihn dann auch im Rahmen ihrer eigenen sprachlichkulturellen Tradition möglicherweise falsch an. Aufgrund der verschiedenen Bilder, die die Lernenden sich vorstellen, sollten in der Wortschatzdidaktik neue Wörter vorwiegend im Zusammenhang, also im Kontext präsentiert werden.
Werden nämlich Wörter in jeglicher Art von Zusammenhängen angeboten, entsteht im Kopf des Lernenden eine kognitive Vernetzung von Begriffen, die es ihm möglich macht, bei bestimmten Vokabeln Assoziationen zu anderen neben-, unter- oder übergeordneten Wörtern zu ziehen. Somit hilft jegliches Klassifizieren und Ordnen des Wortschatzes dem Lerner aus gedächtnispsychologischen Gründen Worte zu lernen, zu behalten und später, die richtigen Register abrufend, anzuwenden.
2. Mehrdeutigkeit von Wörtern
Gerade Anfängern fällt es schwer, mehrdeutige Wörter zu unterscheiden, vor allem wenn kein Kontext gegeben ist.
Das Substantiv "Artikel" hat zumindest vier verschiedene Grundbedeutungen, die auch alle relativ frequent sind, also häufig gebraucht werden:
- Zeitungsartikel
- Abschnitt in einem Vertrag, Gesetz
- Handelsware
- Genusbezeichnung von Substantiven
Ein anderes Beispiel ist der Doppelgenus von Lexemen, etwa "die See" und "der See" oder "das Steuer" und "die Steuer". Vor allem Anfängern fällt es schwer, die Lexeme zu monosemieren und eindeutig zu machen, wenn sie noch keine große Erfahrung mit Wörterbüchern haben. Der fortgeschrittene Lerner kann normalerweise anhand des syntaktischen Kontextes das richtige Wort bestimmen.
Vokabelkärtchen – die Lösung für beide Probleme
Am leichtesten zu lernen sind Wörter, an die der Kursteilnehmer klare Handlungs- und Situationsbezüge anknüpfen kann sowie Wörter, die in ihrer Bedeutung durch einen Kontext gut und eindeutig geschärft werden und nicht zuletzt Wörter, die sich visuell darstellen lassen. So wird jedes neu vorkommende Wort samt eines Beispielsatzes auf ein Vokabelkärtchen geschrieben, sodass das Wort im Kontext gelernt werden kann.
Hat das Wort mehrere Bedeutungen, werden die gebräuchlichsten davon samt Beispielsatz darunter oder auf ein weiteres Kärtchen geschrieben. Auf die Rückseite wird die entsprechende Übersetzung in der Muttersprache oder die einsprachige Erklärung geschrieben. Oben genanntes Problem 1 (keine Einbettung der Wortschatzarbeit in einen Kontext) und Problem 2 (Mehrdeutigkeit von Wörtern) werden somit zusammen gelöst. Diese Lösung würde ebenso das Problem der "Ineffektiven Lerntechniken" umfassen.
Lernen mit der Vokabelbox
Bei Beginn des A1-Unterrichts sollte man die Kursteilnehmer darum bitten, sich Vokabelkärtchen samt Vokabelbox anzuschaffen (letztere kann auch leicht selbst gebastelt werden). Am Ende jeder Stunde wird eine Vokabelliste mit den im Unterricht neu aufkommenden Vokabeln samt Beispielsätzen erstellt. Diese sollen die Kursteilnehmer auf ihre Kärtchen übertragen.
Die Dozenten werden angehalten, die Vokabelkärtchen der Schüler regelmäßig zu überprüfen um sicherzustellen, dass Wörter und Beispielsätze korrekt sind oder um zu überprüfen, ob auch alle neu vorkommenden Vokabeln auf den Kärtchen vermerkt wurden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Kursteilnehmer auf diese Weise sehr viel schneller neue Wörter sowie die Mehrbedeutung von Wörtern lernen und diese auch im Kontext anwenden können, als wenn sie stumpfsinnig aus einem unübersichtlichen Vokabelheft lernen.
Wortschatz lernen mit Filmen
Eine weitere sehr gute Methode für das Wortschatzlernen sind Film und Fernsehen. Man sollte die Kursteilnehmer immer wieder dazu ermuntern, sich DVDs mit neuen deutschen Filmen zu kaufen und darauf zu achten, dass diese sowohl in Originalsprache als auch mit Untertiteln in der Originalsprache versehen sind.
Somit hören und "sehen" sie die Sprache gleichzeitig, sehen und hören die Situationen, in denen die Wörter gesagt werden (Kontext) und neu aufkommende Wörter oder Idiome können mitgeschrieben werden. Es hat sich bestätigt, dass auf auf diese Weise neue Wörter und Idiome sehr viel schneller gelernt werden als durch Ablesen aus einem Buch.