Wie unterscheide ich die verschiedenen Wirkebenen der Homöopathie?

Wann hilft ein homöopathisches Mittel in Akutfällen, wann chronisch oder konstitutionell? Auf den ersten Blick erscheint Homöopathie einfach zu sein und auch zuhause leicht nutzbar. Bei weit mehr als 2000 Mitteln jedoch sind die Differenzierungen subtil und das eventuelle Ausbleiben einer Wirkung ist zumeist auf eine unpassende Mittelwahl zurückzuführen; selbst so manche Wirksamkeits-Nachweis-Studie über Homöopathie scheitert an der Nichtbeachtung homöopathischer Gesetzmäßigkeiten! Wie können Sie die Wirkebenen der Homöopathie unterschieden?

Akutfälle

In Akutfällen sollen sich alle quälenden Symptome des Patienten in der gewählten Arznei wiederfinden. Umgekehrt jedoch verfügt jedes homöopathische Mittel über mehr Symptome als der jeweils, in ähnlicher Art, erkrankte Mensch! Manchmal beschreibe ich in meinen Texten deshalb scheinbar vage; damit versuche ich deutlich zu machen, dass das Wegfallen eines Symptomes beim Betroffenen keine Gegenanzeige darstellt!

Bei Akutfällen soll das Mittel schnell und ohne Erstreaktion wirken. (Bei chronischen Geschehen jedoch deutet eine Erstreaktion auf eine beginnende Heilung hin. Hier wird als Reaktionszeit ungefähr mit einem Monat Genesung bei
einer Erkrankung von einem Jahr gerechnet; doch oftmals zeichnet sich
schon früher Besserung ab.)

Beispiel Lebensmittelvergiftung und Arsenicum album

Nehmen wir das Beispiel Arsenicum album: Es wird jeder/jedem einen gewissen Grad an Erleichterung verschaffen, die/der an einer Lebensmittelvergiftung durch verdorbenes Fleisch leidet. In diesem Fall ist Arsen das wohl bekannteste Mittel, jedoch nur eines unter den gebräuchlichsten 22.

Deshalb sind die Allgemeinsymptome und Modalitäten bei der Mittelwahl entscheidend. Modalitäten benennen die Art und Weise, wie etwas geschieht; in der Homöopathie bedeutet das, wann und wodurch sich Symptome verbessern oder verschlechtern.

Verlangen und Abneigungen sind wichtig; sie beziehen sich auf Getränke und Nahrungsmitteln, klimatische Bedingungen etc. Die Schlafgewohnheiten und Trauminhalte können, akut sowie chronisch, wegweisend sein.

Allgemeinsymptome von Arsenicum album sind, unter anderem außerordentliche Erschöpfung, brennende Schmerzen und Frostigkeit mit dem Verlangen nach kalten Getränken.

Eine Modalität von Arsen ist die Verschlechterung von Mitternacht bis 03.00 morgens. Besserung erfährt die/der Arsenicum-album-Kranke durch äußere, heiße Anwendungen; was eigentümlich erscheint bei brennenden Schmerzen und deshalb großes Gewicht bei der Unterscheidung zu anderen Mitteln hat!

Außerdem werden kalten Getränke begehrt, die, wiederum, hier dem Verlangen widersprechend, zur Verschlechterung des Befindens führen.

Beispiel Lebensmittelvergiftung und Rhus toxicodendron

Rhus toxicodendron, ein weiteres Mittel bei Fleischvergiftung, ist jedoch auch ruhelos, fröstelt und hat Verlangen auf kleine Schlucke. Hier werden in der Unterscheidung dann die Modalitäten dem Zünglein an der Waage gleichkommen.

Konstitutionsmittel

Damit nähern wir uns auch der Idee der homöopathischen Konstitution an:

Wenn auch, in unserem Fall, Arsen die Symptome der Fleischvergiftung lindern wird, hilft es doch denjenigen am besten, die auch in Momenten relativer Gesundheit eine Arsenicum-album-Konstitution aufweisen. Bei Menschen also, die sich stark um ihr körperliches Wohl und vor „Vergiftung“, Krankheit, Alter und Tod fürchten. Sie sind um ihre Finanzen besorgt und können, vermutlich aus Furcht vor kommender Armut, alles aufbewahren. Aufgrund ihrer Ängste ist ihnen Sicherheit ausgesprochen wichtig.

Ruhelosigkeit und Nervosität mit einem Drang nach Perfektion treibt sie um und sie reagieren äußerst empfindlich auf Unordnung.

Diese Menschen können zudem chronisch an übelster Migräne (hier gebessert durch kalte Anwendungen), Asthma oder einer ausgeprägten Empfindlichkeit des Magens leiden.

Sie haben eine gewisse Veranlagung zu sogenannt schweren Erkrankungen wie Krebs, die natürlich nicht zwingend einer manifesten Erkrankung gleichkommen muss. Doch würde ihnen das Mittel Arsenicum album auch dort, sowie bei Chemotherapiefolgen, große Dienste erweisen.

Damit sehen wir den Idealfall einer klassisch homöopathischen Behandlung erfüllt, nämlich den in ihrer konstitutionellen Form:

Ein wahres Konstitutionsmittel wird die Selbstheilungs- oder Lebenskraft sanft und gründlich anregen und den Menschen in seiner Ganzheit so, über einen nicht deutlich umreißbaren Zeitraum, seiner Heilwerdung zuführen. 

Fazit:

Homöopathie kann viel. Beeindruckend wirkt sie jedoch insbesondere dort, wo sie das gesamte Sein eines Menschen umfasst; in der konstitutionellen Behandlung.

Bildnachweis: Africa Studio / stock.adobe.com