Wie kommen Sie aus einer sittenwidrigen Bürgschaft wieder heraus?

Es kommt vor, dass Angehörige eines Darlehensnehmers von der Bank verpflichtet werden, für das ausgereichte Darlehen mitzubürgen. Die Rechtsprechung hatte in solchen Fällen vermehrt mit Bürgen zu tun, die finanziell völlig überfordert waren, und daher die Bürgschaften teilweise als sittenwidrig eingestuft. Lesen Sie hier, was Sie tun können, wenn Sie für einen nahen Angehörigen gebürgt haben.

Prüfen Sie, ob Ihre Bürgschaft sittenwidrig ist

Wann ist eine Bürgschaft sittenwidrig und was bedeutet dieses Verdikt für den Bürgen? Der Bundesgerichtshof stuft bestimmte Bürgschaften naher Angehöriger als sittenwidrig ein, was dazu führt, dass der Bürge letztlich nicht haftet.

Sittenwidrig soll eine Bürgschaft dann sein, wenn davon auszugehen ist, dass sich der Bürge nur deshalb darauf eingelassen hat, weil er damit seinem nahen Angehörigen einen Gefallen tun wollte. Dies bedeutet, dass der Bürge selbst kein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Darlehen hat. Sittenwidrig ist diese Bürgschaft aber nur dann, wenn der Bürge zusätzlich finanziell überfordert ist. 

Prüfen Sie Ihre finanzielle Belastung

Nach der Rechtsprechung des BGH ist ein Bürge finanziell dann überfordert, wenn er aufgrund seines Vermögens und seiner laufenden Einkünfte nicht einmal mehr in der Lage ist, die laufenden Zinsen aus dem Darlehen, für welches er sich verbürgt hat, zu bezahlen.

In der Praxis ging es häufig um Fälle, in welchen der Ehemann ein Darlehen für seine Selbstständigkeit aufgenommen hat und die Bank dann von der Ehefrau noch eine Bürgschaft verlangte. Häufig hatte die Ehefrau aber kein nennenswertes Einkommen, zum Beispiel weil sie als Friseurin arbeitete und nur 6 Euro Stundenlohn erhielt. 

Wichtig: Die Bürgschaft kann auch verkappt sein

In der Praxis haben Banken teilweise versucht, die Rechtsprechung zu umgehen, indem sie den mithaftenden Angehörigen nicht ausdrücklich als Bürgen bezeichneten. Häufig wird zum Beispiel der mithaftende Ehegatte als Mitdarlehensnehmer aufgeführt. Die Rechtsprechung lässt solche Tricks nicht gelten, sondern stellt allein darauf ab, ob der Mithaftende ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Darlehen hat.

Ist dies nicht der Fall, so ist der Angehörige auch nicht Mitdarlehensnehmer, sondern faktisch Bürge. Sie haben also auch dann Chancen, sich auf die Rechtsprechung zu sittenwidrigen Bürgschaften zu berufen, wenn Sie nicht ausdrücklich als Bürge im Darlehensvertrag genannt sind.

Lassen Sie Ihre Unterlagen von einem Bankrechtler prüfen

In meiner früheren Tätigkeit als Wissenschaftler am Institut für Deutsches und Internationales Bank- und Kapitalmarktrecht und als Verbraucheranwalt musste ich öfters erleben, dass sich Banken sträuben, die Rechtsprechung zu sittenwidrigen Bürgschaften von sich aus anzuerkennen. Oft spekulieren Banken darauf, dass die Verbraucher sich nicht wehren und ihre Rechte nicht kennen.

In einem Fall aus meiner Praxis wäre ein Ehepaar praktisch für den Rest seines Lebens Sklave der Bank geblieben, wenn es nicht zum Anwalt gegangen wäre. Die Bank lenkte erst ein, nachdem Klage eingereicht worden war. Es kann sich also lohnen, den Darlehensvertrag von einem Bankrechtler prüfen zu lassen. 

Stand: 28.10.2011