Vom eigenen Kind beim Sex erwischt – wie reagieren Sie richtig?

Wer es selbst einmal erlebt hat weiß, wie unangenehm das ist. Von "Hat unser Kind jetzt eine Art Schock fürs Leben?" bis zu "Wird es nun in kindlicher Unbedarftheit Nachbarn, Freunde und Familie darüber informieren?", stellen sich eine Reihe von Fragen, wenn Ihr Kind Sie beim Sex erwischt hat. Wie reagieren Sie richtig?

Der Vater der kleinen Marei rutscht unangenehm berührt auf dem viel zu kleinen Stuhl herum, als seine Frau beim Elternabend zum Thema Sexualerziehung die Frage stellt, wie man reagieren soll, wenn man "erwischt" wird. Die distanzierende Formulierung mit dem Wörtchen "man" schützt die Beiden dann auch nicht wirklich vor den neugierigen, teils amüsierten, teils entrüsteten Blicken der anderen Eltern.

Anlässlich eines Kurses mit jungen Erwachsenen, dann die andere Perspektive: Etwa ein Viertel der Teilnehmer hat die eigenen Eltern irgendwann einmal "dabei" erwischt. Eine junge Frau schüttelt sich, als ob sie gerade eine zu sauer geratene Salatsoße probiert hätte. Ein anderer äußert sichtlich abgestoßen von der Vorstellung, wie froh er darüber ist, dass ihm das erspart geblieben ist.

In beiden Fällen kann ich mich als Beraterin entspannt zurücklehnen: Hier ist alles in Ordnung! Angesichts des Auslösers so intensiver unangenehmer Gefühle mag meine Reaktion befremden, deshalb hier ein kleiner Exkurs zu den Hintergründen.

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Eltern sind "geschlechtslos"

Das widerwillige Gefühl, das von beiden Seiten der Situation entgegengebracht wird, hat nämlich nichts mit persönlicher Verklemmtheit oder sonst einer individuellen Eigenart der Beteiligten zu tun. Es ist ein Verhalten, das einer menschheitsgeschichtlichen "Programmierung", folgt. Diese gibt vor, dass leibliche Eltern ihre Kinder nicht als sexuell begehrenswerte, potentielle Partner erkennen dürfen und umgekehrt.

Es geht also um eine Art archaisches Inzestverbot, das sich für die Menschheit als sinnvoll herausgestellt hat. Der Schutz ist so bedeutsam, dass es weder Eltern gelingt, ihre Kinder als sexuelle Persönlichkeiten wahrzunehmen (selbst wenn diese fast erwachsen sind) noch ist das umgekehrt möglich. Obwohl wir als Kinder doch der beste Beweis dafür sind, dass unsere Eltern sexuell aktiv gewesen sein müssen: Eltern sind und bleiben "geschlechtslos".

Es spricht eigentlich nichts dafür, gegen das Gefühl der Peinlichkeit und Unangemessenheit der Situation anzukämpfen. Im Gegenteil, es tut dem Familienleben gut, wenn die sexuellen Aktivitäten der verschiedenen Generationen voneinander abgeschirmt werden.

Wenn Sie erwischt werden:

  • Ist das dennoch kein Drama. Ärgerlich natürlich, dass Sie ähnlich einer schlagartigen Ernüchterung, aus Ihrem Liebespiel herausgerissen werden, denn die Irritierung des Kindes, egal welchen Alters, hat jetzt Vorrang.
  • Wenn Sie sich mit Schlafanzug oder Bademantel bekleiden können Sie Ihrem Kind helfen, Sie schnell wieder in der Elternrolle wahrzunehmen.
  • Erklären Sie knapp, dass Sie miteinander geschlafen haben, dass das eine Erwachsenenangelegenheit ist und Erwachsene das machen, wenn sie "für sich" sind  – und natürlich, weil es Ihnen Spaß macht.
  • In der unmittelbaren Situation und in der Folgezeit sollten Sie aufmerksam sein, ob bei Ihrem Kind Fragen auftauchen. Der Umgang damit hängt natürlich ein wenig davon ab, was genau Ihr Kind gesehen hat. Je kleiner das Kind ist, umso weniger gibt seine bisherige Lebenserfahrung her, um das Gesehene annähernd richtig einzuordnen. Das Ergebnis kann durchaus zu etwas verqueren Assoziationen führen: War das eine Art Ringkampf? Wer hat gewonnen? Deuten die Geräusche die Mama und Papa gemacht haben, auf Angst oder gar Schmerzen hin? Muss man jetzt einen von beiden trösten? Was liegen da für interessante Sachen rum? Warum stinkt’s hier so komisch?
    Detaillierte Erklärungen sind nicht erforderlich. Sie wollen ja gerade Ihre Intimität wahren.
    Die wichtigste Botschaft ist: "Wir fühlen uns wohl miteinander!" Kinder wünschen sich nämlich Harmonie zwischen ihren Eltern. Wenn sie möchten, können sie das mit einer kurzen Umarmung Ihres Partners demonstrieren.
  • Führen Sie Ihr Kind zurück ins Kinderzimmer und bleiben Sie so lange bei ihm, bis es sich wieder wohl fühlt. Reagieren Sie wie sonst auch, wenn es nächtlich stört, ggf. können Sie ihr Gutenachtritual wiederholen.

…und falls ihr Kind zu der mitteilungsfreudigen Sorte gehört, hilft vielleicht auch die Flucht nach vorn. Wie bei den Eltern von Marei: Nach ein paar kurzen Erläuterungen, gab es tatsächlich eine ganze Reihe von Elternteilen, die zugaben Ähnliches erlebt zu haben, und die Situation löste sich in allgemeinem Gelächter auf, als die Mutter einer 5-köpfigen Familie treffend kommentierte: "Shit happens".