Unwort des Jahres 2010: Bitte nehmen Sie sich daran kein Beispiel

Unwort des Jahres 2010 ist der Begriff "alternativlos". Was geschieht in Ihrem Kopf, wenn Sie das Wort lesen? Nichts? Ihr Gehirn hat keine bildhafte Vorstellung dazu? Deshalb ist das Unwort 2010 ein grandioses Beispiel dafür, welche Art Worte Sie nicht wählen sollten, wenn Sie gut und verständlich für Ihre Leser schreiben wollen.

Unwort des Jahres 2010

Das Unwort des Jahres wird gewählt. Alljährlich. Ebenso wie das Wort des Jahres. Bürger schlagen Kandidaten für das Unwort des Jahres vor – für 2010 waren es 624 verschiedene. Aus der Liste kürt eine unabhängige Jury aus Sprachwissenschaftlern den Sieger. Oder sollte ich schreiben, sie bestimmt den Verlierer?

Das Unwort des Jahres 2010 lautet „alternativlos“. Die Jury hob das Wort aufs Siegertreppchen, weil es einreden würde, dass es „bei einem Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternativen … gebe.“ Die Jury befürchtete, dass bei solchen Formulierungen die Politikverdrossenheit der Bevölkerung zunähme. Soweit zu dem, was an Inhalt in das Unwort des Jahres interpretiert wird. Ich möchte mit Ihnen gemeinsam untersuchen, was der reine Begriff in uns auslöst.

In manchem Unwort des Jahres steckt ein Top-Wort

Es gibt eine einfache Methode herauszufinden, was ein Unwort zum Top-Wort aufsteigen lässt. Also zu einem Wort, das dem Leser hilft, den Text zu verstehen und zu merken. Schließen Sie die Augen. Können Sie sich unter dem Wort ein Bild vorstellen? Sehen Sie vielleicht sogar ein Comic vor sich oder eine Filmsequenz?

Experiment zu den Platzierungen zum Unwort des Jahres 2010

Machen Sie die Probe bei den Top 3 zur Wahl „Unwort des Jahres 2010“. Was sehen Sie bildhaft?

  • Unwort des Jahres 2010, Platz 1: alternativlos
  • Platz 2: Integrationsverweigerer
  • Platz 3: Geschwätz des Augenblicks

Wie ergeht es Ihnen? Beim ersten Unwort „alternativlos“ taucht in mir kein Bild auf. Höchstens ein Männchen, das die Schulter zuckt. Farblos. Und schnell vergessen. Beim zweiten Unwort des Jahres 2010 „Integrationsverweigerer“ stelle ich mir innerlich eine Person vor, die sich mit Händen und Füßen gegen den Türrahmen stemmt, um nicht in einen Raum geschoben zu werden. Genau das hatte wohl auch die Jury bei der Auswahl vor Augen. Sie begründete den 2. Rang des Wortes wie folgt: Das „… Wort unterstelle, dass Einwanderer … selbst ihre Integration verweigerten“. Dass der Staat zuwenig Integrationsmaßnahmen anbiete, würde ausgeblendet. Beim drittplatzierten Unwort 2010 „Geschwätz des Augenblicks“ sehe ich einen Dorfplatz mit einer Menschenmenge, die wild gestikulierend ihre Parolen austauscht. Heute geschwätzt, morgen vergessen.

Sie merken. Unworte sind nicht automatisch texterisch minderwertig. Es geht bei dieser Wahl vor allem um die gesellschaftliche Wirkung, die ein Begriff auslösen kann, wenn er häufig in den Medien verwendet wird.

Die Lehre aus dem Unwort-Versuch

Sie können sich am Unwort-Experiment ein Beispiel nehmen, wie Sie in Zukunft schreiben wollen oder eben nicht. Zusammengefasst: Schreiben Sie bildhaft und konkret für den Leser. Je klarer und eindeutiger das Bild vom Leser verstanden wird, das hinter dem Begriff steht, desto weniger besteht die Gefahr für Missverständnisse und Verunglimpfung. Denn genau das prangert die Aktion „Unwort des Jahres“ an.

Internet-Tipps:

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