Unixex-Tarife ab Dezember 2012
Trotz derzeit herrschender werbungsmäßiger Flut von Angeboten, die einem hier ins Haus flattern: Ein überstürzter Abschluss potenzieller Kunden blieb bisher offenbar aus. Denn ab dem 21.12.2012 darf es künftig keine Unterschiede mehr zwischen Frau und Mann bei der Prämiengestaltung geben. Ausschlaggebend war für die Richter im EuGH trotz aller nachweislich mathematisch belegter unterschiedlicher Statistiken ein nicht mehr hinnehmbarer Verstoß gegen die Antidiskrimierungsrichtlinie aus dem Jahre 2004, welche die Gleichstellung der Geschlechter in der Europäischen Union verankert.
Das entschied der Europäische Gerichtshof bereits am 01.03.2011. Die Richter sahen die bisher in Europa übliche Praxis, zwischen Männern und Frauen bei der Preisgestaltung unterschiedliche Preise zugrunde zu legen, als Verstoß gegen Gleichheitsgrundsätze an. Nachstehend sollen kurz nochmals aktuell die wichtigsten Inhalte und Auswirkungen dargestellt werden.
Betroffen sind aber – wie in der öffentlichen Meinung oftmals nicht hinreichend bekannt – nicht nur personenbezogene Versicherungen, sondern auch die Kfz-Sparte, wo Männer aufgrund einer höheren Unfallhäufigkeit derzeit leicht höhere Prämien berappen müssen.
Gilt das Urteil auch für die betriebliche Altersversorgung?
Zunächst gilt das Urteil für alle Sparten der privaten Vorsorge, allerdings nur für Neuverträge. Für die betriebliche Altersversorgung (bAV) gilt das Urteil nicht, aber auch hier ist zu erwarten, dass ein entsprechendes Urteil folgt. Viele Gesellschaften und Pensionskassen kalkulieren schon jetzt, und dann erst recht auch in der bAV, ab dem besagten Datum unisex – bei der Riesterrente ist dies übrigens schon seit Jahren zwingende Voraussetzung für alle Anbieter versicherungsförmiger Lösungen.
Welche Bereiche sind nun vorrangig betroffen und mit welcher Begründung?
Obwohl sich beispielsweise in der Krankenversicherung bis dato die wenigsten Versicherer über künftige Änderungen abschließend geäußert haben, brüten dort zahlreiche Aktuarabteilungen immer noch mit viel Kopfzerbrechen vor sich hin. Für die meisten Sparten ist aber ein Trend schon erkennbar (Quelle u.a.: Finanztest 09.2012):
- a) Für Frauen: Werden Lebens- und Rentenversicherungen preiswerter (dadurch werden die biologischen Nachteile der durchschnittlich höheren Lebenserwartung um ca. 6 Jahre kompensiert. Klarer Vorteil für das weibliche Geschlecht!). Umgekehrt werden Risikolebensversicherungen etwas teurer – und dies trotz der schon erwähnten höheren Lebensjahre. Es ist aber zu beachten, dass andere risikotypische Merkmale wie Status Raucher weiterhin Berücksichtigung finden.
- b) Für Männer: Werden wohl nur Risikolebensversicherer billiger, vielleicht geringfügig die Prämien für das Auto im Tarifgeschäft (da Frauen bisher eine geringere Unfallwahrscheinlichkeit aufweisen konnten); Letzteres gilt vor allem für junge Fahrzeuglenker.
Unisex-Tarife: Prämien werden für Männer steigen
Vor allem die Pflegeversicherung betreffend befürchtet man, werden für männlich Versicherte die Prämien drastisch steigen, man rechnet bis zu dreißig Prozent. Hier sollten Männer also in der Tat schnell handeln, die einen zusätzlichen Pflegeschutz abschließen wollen.
Selbstredend ist, dass die Angleichungen nicht arithmetisch erfolgen. Angenommen, eine Prämie betrüge bisher monatlich 100 € für Männer, 120 € für Frauen: Diese wird sich dann nicht auf exakt 110 € einpendeln.
Der Einheitstarif dampft nun die Unterschiede ein. Doch was für die Versicherungskunden im ersten Moment positiv klingen mag, könnte viele von ihnen erheblich belasten. Denn Studien prognostizieren bereits, dass die Versicherer das Urteil nur durch Prämienanstiege verdauen können – zu hoch sind die durch die Tarifumstellung anfallenden Kosten für die Unternehmen und die Risiken bei der Neukalkulation.
Mögliche Folgen des Unisex-Tarifs
Und schlussendlich die Angleichung, sprich Umstellung für private Rentenversicherung, welche ja für das männliche Geschlecht um einiges teurer wird, kann zur Folge haben, dass erheblich weniger Männer einen derartigen Versicherungsschutz haben wollen und dies dazu führt, angesichts der dringenden Notwendigkeit vor allem für Pflichtversicherte, deren gesetzlicher Rentenanspruch immer weiter sinkt, mehr kapitalgedeckt für das Alter vorzusorgen.