So wehren Sie sich gegen Zwangsbehandlungen

Medikamentöse Zwangsbehandlungen sind prinzipiell auch in Deutschland zulässig. Das Bundesverfassungsgericht hat die Voraussetzungen für Zwangsbehandlungen konkretisiert und verschärft. Lesen Sie hier, wie Sie sich im Falle einer anstehenden Zwangsbehandlung erfolgreich zur Wehr setzen können.

Zwangsmedikation nur als letztes Mittel
Die Bundesländer haben eigene gesetzliche Regelungen für die zwangsweise Unterbringung und Medikation von Patienten. Im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall (Az: 2 BvR 633/11) ging es um einen Pädophilen, der zwangsweise therapiert werden sollte: Die Ärzte drohten ihm an, ihn gegebenenfalls zu fesseln und zwangsweise mit dem Neuroleptikum Abilify zu behandeln. Das Bundesverfassungsgericht erklärte dieses Ansinnen nun für unzulässig. 

Weisen Sie auf die Nebenwirkungen der Medikation hin
Im vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall lehnte der Betroffene die Behandlung mit Abilify ab – zu Recht. Auf dem Beipackzettel von Abilify werden als häufige Nebenwirkungen unter anderem genannt: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit und Erbrechen.

Seltene Nebenwirkungen können laut Beipackzettel noch gravierender sein, wie etwa ein Herzanfall oder gar ein "plötzlicher unerklärbarer Tod". Wenn man Sie medikamentös zwangsbehandeln will, sollten Sie auf die Nebenwirkungen hinweisen und erklären, dass diese für Sie nicht akzeptabel sind. 

Verlangen Sie ein Sachverständigengutachten
Das Bundesverfassungsgericht hat auch klargestellt, dass eine Zwangsmedikation auch im Falle einer Persönlichkeitsstörung nur dann zulässig ist, wenn die Behandlung auch wirklich Erfolg verspricht.

Zudem muss vorher ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Aus meiner anwaltlichen Praxis weiß ich, dass solche Gutachten häufig schlampig erstellt werden. Kommt es aber aufgrund eines schlampigen Gutachtens zu einer Zwangsmedikation, sollten Sie zum Anwalt gehen, um gegen den Gutachter Schadensersatzansprüche prüfen zu lassen. 

Nehmen Sie Rechtsschutz in Anspruch
Zudem verlangt nun das Bundesverfassungsgericht, dass im Falle einer geplanten Zwangsmedikation auch Rechtsschutzmöglichkeiten für den Betroffenen zur Verfügung stehen. Es muss also gegebenenfalls gerichtlich überprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Zwangsmedikation überhaupt vorliegen.

Die Zwangsbehandlung ist dann zulässig, wenn dem Betroffenen die Einsichtsfähigkeit krankheitsbedingt fehlt. Als im Arzthaftungsrecht tätiger Anwalt habe ich öfter erlebt, dass Ärzte und Gutachter diese krankheitsbedingt fehlende Einsichtsfähigkeit häufig vorschnell bejahen. Man muss dann dem Gericht klarmachen, dass die Weigerung, Medikamente einzunehmen, nicht auf der Krankheit beruht. 

Stand: 20.10.2011