So trauern Sie um einen Ungeliebten

Wer Traueranzeigen studiert, erhält den Eindruck, dass Menschen, die uns plagen, unsterblich sind. "Man soll über einen Toten nichts Schlechtes sagen", diesen Spruch nehmen offenbar alle Trauernden ernst, manche auch zu ernst. Manchmal möchte man fast sagen: "Gott sei Dank!" Darf man aber nicht!

Pietät und Schuldgefühle

Geizhälse zum Beispiel sterben überproportional häufig, weil sie für Gesundheitsausgaben und Lebensfreude zu geizig waren, auch Alkoholiker sterben früh – unter beiden haben ihre Mitmenschen sicher arg gelitten. Auch keifende Ehegattinnen, handgreifliche Lebensgefährten, tyrannische Eltern und sonstige Ekelpakete sind irgendwann definitiv tot.

Wer seiner Erleichterung Ausdruck gibt, gilt als pietätlos. Diese Heimlichtuerei ist aber für den Trauerprozess ein Hindernis. Denn so klammheimliche Gefühle machen vor allem eines: Schuldgefühle.

Trauern um Ungeliebte

Ausreden nach dem Motto: „Er/sie hat es doch nur gut gemeint“ oder „bei diesem Leben ist es doch kein Wunder, dass er/sie so geworden ist“ helfen da nur bedingt. Denn misslungene Beziehungen bedürfen der Aufarbeitung, egal auf welche Art sie beendet wurden. Verdrängen der Wut, des Unmuts und der Qualen erschwert die aktive Auseinandersetzung, durch die allein sich Angehörige befreien und die negativen Gefühle auflösen können.

Schreibmeditation

Wenn Ihnen also sonst niemand erlaubt, Ihren mehr oder weniger heimlichen Bösewicht zum Teufel zu schicken, sollten Sie es selbst tun, zum Beispiel mit einer Schreibmeditation. Beschreiben Sie Ihre früheren und Ihre jetzigen Gefühle gegenüber dem Verblichenen. Vielleicht sind sie auch so „geladen“, dass Sie das nur mit Farben oder Symbolen ausdrücken können.

Wieder ein paar Tage, oder wenn Sie brauchen Wochen, später schreiben Sie einen Versöhnungsbrief! Ja, Sie können großherzig verzeihen! Auch wenn es Ihnen schwer fällt: Sie verstehen diesen Menschen schon!

Warten Sie wiederum einige Tage und lesen Sie sich diesen Brief immer wieder durch, bis Sie sich mit ihm im Einverständnis fühlen. Wenn Sie mögen, lesen Sie ihn (laut) am Grab und verbrennen ihn dort. Oder sie behalten ihn, um immer wieder neu über diese Beziehung nachzudenken und neue Erkenntnisse hinzu zu fügen. Sie können das beliebig oft wiederholen, bis Sie auch Ihre Trauer spüren: um diesen Menschen, über das Misslingen, kurz Ihren Schmerz.

Man wird Ihnen sagen: „Das Leben geht weiter!“ Ja, gewiss tut es das, sorgen Sie so für einen guten Anfang dieses Weiterlebens!

Bildnachweis: Kzenon / stock.adobe.com