Was ist dran an Probiotika?
Seit Mitte der 1990er-Jahre reichern Lebensmittelproduzenten Milchprodukte mit Mikroorganismen an. Der Grund: Diesen Probiotika wird ein gesundheitlicher Zusatznutzen nachgesagt. Die in Jogurts, Müsliriegeln, Käse und Fruchtsäften enthaltenen Bakterien sollen die Verdauung fördern und die Abwehrfunktionen verbessern.
Wie „gesund“ sind Probiotika
Über den gesundheitlichen Nutzen lässt sich streiten. Er ist bisher durch keine wissenschaftlich korrekt durchgeführte Studie bewiesen worden. Der monetäre Nutzen für die Hersteller ist dagegen unbestreitbar. Die so veränderten Lebensmittel können als „Funcional Food" verkauft werden. Dadurch gelten sie als höherwertige Nährmittel und können folglich zu höheren Preisen angeboten werden. Wie gut sich diese Jogurts und Drinks verkaufen lassen, zeigt sich allein in Amerika: Hier bringen sie pro Jahr rund 4 Milliarden Dollar Umsatz, Tendenz: steigend.
Wie sollen Probiotika wirken?
Probiotika sind spezielle Bakterien, die in Milchprodukten angereichert werden. Angeblich sollen sie die körpereigenen Bakterien ergänzen, die sich im Darm ansiedeln und so im Körper ihren gesundheitsfördernden Wirkungen nachgehen. Aber der menschliche Darm ist von vielen Bakterien unterschiedlicher Art besiedelt, die alle ihre eigenen Aufgaben haben. So gibt es Bakterien, die nur die Verdauung regeln, andere halten Ihr Immunsystem stabil. Die Darmflora ist nicht so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen. Das hat zur Folge, dass sich fremde Keime hier nicht auf Dauer ansiedeln können.
Wenn Sie Probiotika zuführen, dann lassen sich die Keime zunächst natürlich erst einmal im Darm nieder, verschwinden hier aber auch schnell wieder. Sie werden vom Organismus eben wie fremde Eindringlinge behandelt.
Um die probiotischen Keime langfristig in Ihrem Darm zu halten, müssten Sie also Tag für Tag Lebensmittel zu sich nehmen, die mit Probiotika angereichert worden sind. Sie werden also zum dauerhaften Kunden erzogen.
Probiatika: Lecker, ja. Nützlich? Eher nicht
Wenn Sie genug Geld haben, Ihnen die Jogurts schmecken und gut tun, habe ich nichts dagegen, dass Sie die teure Kost essen. Auf den versprochenen gesundheitlichen Effekt sollten Sie allerdings nicht warten: Er konnte nicht nachgewiesen werden.
Somit handelt es sich bei den Probiotika-Jogurts um ganz normale Lebensmittel, die nicht mit einem gesundheitlichen Effekt werben dürfen. Hätten diese Produkte einen heilenden Einfluss auf Ihre Gesundheit, wären es Medikamente – und sie dürften dann nicht im Supermarkt verkauft werden.
Allergien bei Kindern – ausgelöst durch Probiotika
Für Kinder können probiotische Lebensmittel sogar gesundheitsgefährdend werden. Aus Studien und Untersuchungen wissen wir: Kinder, die regelmäßig Probiotika erhielten, waren häufig gegen Kuhmilch allergisch und erkrankten deutlich häufiger an Bronchitis. Der erhoffte Effekt, Probiotika hätten eine positive Auswirkung auf Neurodermitis, konnte nicht nachgewiesen werden.
Arzneimittel mit Probiotika – wie gut sind Sie wirklich?
Gerade probiotische Durchfallmittel sind in mehreren Studien untersucht worden. Dabei wurde getestet, ob ihre Einnahme die Durchfälle zu vermeiden hilft, die durch die Gabe von Antibiotika entstehen. Angeblich, so das Ergebnis, soll das Risiko für Durchfall um mindestens die Hälfte gemindert werden. Schaut man sich aber die durchgeführten Studien genauer an, merkt man, dass die Auswertungen nicht sorgfältig erfolgten. Mehrere dieser Untersuchungen wurden in den letzten Jahren noch einmal genau geprüft und wissenschaftlich korrekt analysiert. Das Ergebnis: Der Effekt der Probiotika war gar nicht mehr nachzuweisen. Probiotische Durchfallmittel entfalten also die gleiche gesundheitsfördernde Wirkung wie die probiotischen Lebensmittel: gar keine!
Zudem gibt es Hinweise auf einige negative Studien in diesem Bereich, die gar nicht veröffentlicht worden sind, um dem guten Ruf der Probiotika nicht zu schaden.
Probiotische Keime gelten schon lange als Lebensverlängerer
Schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts sagt man diesen Keimen Heilwirkungen nach. Begründet wird das mit der hohen Lebenserwartung, die bulgarische Bauern damals schon erreichten. Diese nahmen Sauermilchprodukte wie Kefir in großer Menge zu sich. In diesen Milchprodukten sind besonders viele probiotische Keime enthalten, die so genannten Lactobazillen. Somit kamen probiotische Keime zu ihrem guten, gesundheitsfördernden Ruf, der später die Aufmerksamkeit der Pharma-Hersteller auf sie zog. Heute werden Probiotika in Medikamenten und Drogerieprodukten eingesetzt. So gibt es Tampons, in denen die Probiotika für eine gesunde Scheidenflora sorgen sollen. Am besten bekannt sind aber probiotische Arzneimittel, die Durchfall vorbeugen oder heilen sollen.