Nach der bisherigen Rechtslage (bis Mai 2011) konnten Prozesskosten, die nicht im Zusammenhang mit der Erzielung steuerbarer Einkünfte angefallen sind, nicht als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht werden.
Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen im privaten Bereich zwangsläufig und in größerem Umfang als der überwiegenden Mehrheit vergleichbarer Steuerpflichtiger erwachsen. Nach der bisherigen Rechtsprechung sprach bei Prozesskosten eine Vermutung gegen die notwendige Zwangsläufigkeit solcher Aufwendungen. Aus diesem Grund konnten Prozesskosten nur sehr selten von der Steuer absetzt werden.
Durch sein Urteil vom Mai 2011 hat der BFH seine bisherige
Rechtsauffassung (Urteil vom 12.05.2011, VI R 42/10) revidiert, sodass
Sie Ihre Prozesskosten ab Mai 2011 grundsätzlich von der Steuer absetzen
können. Denn damals hat der BFH festgestellt, dass für eine gewaltfreie
Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten die
streitenden Parteien auf die Gerichte angewiesen sind.
Von diesem
Standpunkt aus gesehen, wären Prozesskosten aus rechtlichen Gründen
stets zwangsläufig. Somit müssen die Prozesskosten auch von der Steuer
abzusetzen sein, indem sie als außergewöhnliche Belastung anerkannt
werden.
Prozesskosten sind nicht generell von der Steuer abzusetzen
Allerdings hat der BFH die generelle Abziehbarkeit von Zivilprozesskosten bereits in seinem Mai-Urteil eingeschränkt, sodass Prozesskosten nicht in jedem nur denkbaren Fall von der Steuer abgesetzt werden konnten.
Nach seiner Auffassung konnten Sie Prozesskosten nur dann von der Steuer absetzen bzw. als außergewöhnliche Belastung geltend machen, wenn Sie sich nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen haben.
Um Prozesskosten von der Steuer absetzen zu können, sollten diese unter Würdigung aller Umstände (vor allem auch des Kostenrisikos) angefallen sein. Dies bedeutet, dass ein Rechtsstreit aus Sicht eines verständigen Dritten hinreichend Aussicht auf einen erfolgreichen Ausgang haben muss.
Finanzamt erkennt Prozesskosten nicht als außergewöhnliche Belastung an
Jetzt hat das Finanzamt mitgeteilt, dass es das Urteil nicht anwenden wird, da ihm keine Instrumente zur Verfügung stehen, die Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses bzw. die Motive der Verfahrensbeteiligten eindeutig, zuverlässig und rechtssicher einzuschätzen. Prozesskosten sollen daher auch weiterhin nur dann als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren.
Schlussfolgerung: Wenn Sie Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen in Ihrer Steuererklärung geltend machen wollen, wird Ihnen nichts anderes übrig bleiben, als unter Berufung auf das ergangene BFH-Urteil den Rechtsweg zu bestreiten.