Schützt Folsäure vor Herzinfarkt?

Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass die zu den Vitaminen zählende Folsäure das Herz schützen soll und das Risiko für einen Herzinfarkt reduziert. Aber stimmt das auch und wenn ja, wie viel Folsäure sollte man täglich zu sich nehmen?

Dass Folsäure, die oft auch als Vitamin B9 bezeichnet wird, vor einem Herzinfarkt schützen soll, geht auf eine ältere Studie mit Ratten zurück. Die beteiligten Wissenschaftler konnten nachweisen, dass man unter anderem mit Folsäure die Konzentration einer bestimmten Aminosäure („Homocystein“) im Blut senken kann, die unter anderem zur Entstehung von Herzinfarkt, Schlaganfall und Durchblutungsstörungen beiträgt.

Daher lag der Schluss nahe, dass auch der Mensch mit Folsäure sein Herzinfarktrisiko senken kann, wenn bei den Patienten der Homocystein-Spiegel erhöht war.

Wundermittel oder Illusion

Die Folsäure-Präparate waren zeitweise so beliebt, dass sie von Vielen als eine Art Wundermittel gegen den Herzinfarkt angesehen wurden, auch wenn der Homocystein-Spiegel nicht erhöht war. Doch ganz so einfach ist das mit der Folsäure, die in geringen Mengen auch in Vollkornprodukten, grünem Blattgemüse, Roter Bete, Broccoli, Karotten, Spargel, Radieschen, Rosenkohl, Spinat, Tomaten, Eigelb und Nüssen sowie in Obst, Fisch und Fleisch enthalten ist, leider nicht.

Herzspezialisten von der Deutschen Herzstiftung bezweifeln aber die positive Wirkung der Folsäure auf das Herz. Bei groß angelegten Studien konnten sie zwar nachweisen, dass man mit Folsäure die Konzentration von Homocystein senken kann, auf das Herz, das Herzinfarkt-Risiko und auf das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat das aber keine positiven Auswirkungen.

Denkfehler

Auf den ersten Blick mag das etwas widersprüchlich klingen, da ein erhöhter Homocystein-Spiegel ja auf ein erhöhtes Herzrisiko hinweist. Und genau da liegt der Denkfehler. Denn das Homocystein erhöht nicht das Herzinfarkt-Risiko sondern ist lediglich ein Indiz dafür, dass das Herz-Risiko aufgrund anderer Ursachen erhöht ist. Senkt man nun die Homocystein-Werte, bleiben die wahren Risikofaktoren davon unbehelligt.

Man bekämpft also nicht die Wurzeln, sondern lediglich die Spitze der Risiko-Kette. Daher kann Folsäure auch das Herz-Risiko nicht verringern. Man kann das mit dem Gewicht auf der Waage vergleichen. Stellt man sich darauf und die Waage zeigt 100kg an, kann man zumindest bei älteren Modellen die Nadel weiter zurück drehen. Nun zeigt die Waage vielleicht nur noch 70kg an. Das wirkliche Gewicht bleibt aber das Gleiche. Insofern reduziert sich auch das Herzinfarkt-Risiko nicht, wenn man den Homocystein-Spiegel senkt.

Krebs statt Herzinfarkt

Tatsächlich warnt die Deutsche Herzstiftung sogar vor der Einnahme von Vitaminpräparaten. Denn in einigen Studien wurden schon Vermutungen angestellt, dass die künstliche Zufuhr von Vitaminen in Pillenform sogar das Tumorrisiko erhöhen kann. Hier ist der endgültige Beweis aber noch nicht erbracht.

Fazit: Um das Herzinfarkt-Risiko zu senken ist Folsäure ungeeignet. Einzig bei Schwangeren zur Verhinderung von Neuralrohr-Defekten des Neugeborenen oder als Vitamin-Gaben bei drastischer Unterernährung kann Folsäure Sinn machen. Um das Herzinfarkt-Risiko wirklich zu senken, helfen nur die bekannten Maßnahmen: Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung, Aufhören zu Rauchen und ein normaler Blutdruck sind deutlich besser als die Einnahme von Folsäure.

Bildnachweis: Yaruniv-Studio / stock.adobe.com