Rentenberechnung: So wird die gesetzliche Rente berechnet

Ist die Rentenberechnung ein Buch mit 7 Siegeln, das keiner versteht? Viele kommen beim Lesen eines Rentenbescheides über die ersten Seiten nicht hinaus, weil sie sich von der Fülle des Papiers erschlagen fühlen. Wer das Prinzip einer Rentenberechnung verstanden hat, findet sich beim Lesen des Bescheids besser zurecht. Ich behaupte: Rentenberechnung ist Mathematik, die erklärt werden kann.

Der Ausgangspunkt für die Rentenberechnung ist das Arbeitsentgelt bzw. das Einkommen, für das Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt werden. Dieses findet sich in jedem Bescheid der Rentenversicherung im Versicherungsverlauf. Dort ist für jedes Jahr, in dem man beschäftigt war, das Arbeitsentgelt bzw. das Einkommen aufgeführt.

Angegeben sind immer die Bruttowerte, die auch auf der jährlichen Entgeltbescheinigung oder der Beitragsbescheinigung wiederzufinden sind. Diese erhält jeder in der Rentenversicherung pflichtversicherte Arbeitnehmer oder Selbstständige einmal jährlich.

Aus dem Arbeitsentgelt oder Einkommen werden Entgeltpunkte für die Beitragszeiten errechnet. Dazu wird das eigene Jahreseinkommen durch das Durchschnittsentgelt der Gesamtbevölkerung geteilt. Das Gesamtdurchschnittsentgelt der Gesamtbevölkerung ist eine Rechengröße, die jährlich veröffentlicht wird (zum Beispiel vom BMAS).

Beispiel für die Rentenberechnung

Wer 2010 einen Jahresverdienst von 31.144 € erzielt hat, bekommt für das Jahr 2010 einen Entgeltpunkt für seine Rente. Die Tabelle mit den Gesamtdurchschnittsentgelten der Bevölkerung für alle Jahre seit 1891 befindet sich in der Anlage 1 zum 6. Sozialgesetzbuch (siehe BMJ).

Rentenberechnung in den "neuen" Bundesländern

Auf diese Art kann jeder Jahr für Jahr die Entgeltpunkte ermitteln, die sich aus seinem Verdienst ergeben.
Wer sein Einkommen in den neuen Bundesländern verdient, muss vorher
seinen Verdienst mit einem Faktor von Ost aus Westniveau
hochrechnen. Diese Faktoren befinden sich in der Anlage 10 zum 6.
Sozialgesetzbuch.

Der Durchschnittsverdienst in den neuen Bundesländern ist niedriger, als in den alten Bundesländern. Deshalb gibt es den Umrechnungsfaktor. 2010 betrug zum Beispiel in den neuen Bundesländern der Durchschnittsverdienst 26.046 €, der Umrechnungsfaktor 1,1726. Wer weniger als der Durchschnitt verdient, bekommt einen Entgeltpunktewert unter 1,0 und wer drüber liegt, bekommt einen Wert über 1,0 Entgeltunkte pro Jahr.

Geringfügigkeitsgrenze bei der Rentenberechnung

Die Untergrenze für den versicherungspflichtigen Verdienst bildet die Geringfügigkeitsgrenze von zur Zeit 400 € und die Obergrenze die Beitragsbemessungsgrenze, zum Beispiel in der allgemeinen Rentenversicherung 2012 5.600 € monatlich in den alten Bundesländern und 4.800 € in den neuen Bundesländern.

Wie geht es weiter?

Nachdem Jahr für Jahr die Entgeltpunkte für die Beitragszeiten mit der Formel eigener Bruttoverdienst geteilt durch den Gesamtdurchschnittsverdienst berechnet wurden, werden alle Ergebnisse zusammengerechnet. Für Wehrdienst und Zivildienst zahlt der Bund Beiträge für ein Arbeitsentgelt von 60% der Bezugsgröße (entspricht ca. dem Durchschnittsentgelt). Bei Arbeitslosen- und Krankengeldbezug zahlt die Agentur oder die Krankenkasse Beiträge auf 80% des letzten Arbeitsentgelts.

Die Entgeltpunkte für Wehrdienst, Zivildienst, Kranken- und Arbeitslosengeldbezug werden auch mit der oben genannten Formel ermittelt. Kindererziehungszeiten sind auch Beitragszeiten, die pauschale Entgeltpunktewerte erhalten. Für Geburten ab 1992 gibt es 3 Jahre Beitragszeiten pro Kind mit einem Entgeltpunkt pro Jahr = 3 Entgeltpunkte pro Kind. Aus allem zusammengerechnet ergibt sich die Summe für die Entgeltpunkte für Beitragszeiten.

Die Entgeltpunkte für Beitragszeiten (§ 70 SGB VI) machen den Löwenanteil an den gesamten Entgeltpunkten und damit auch an der Höhe der Rente aus. Im Rentenbescheid werden die Entgeltpunkte für Beitragszeiten in der Anlage 3 berechnet. Zusätzlich werden noch die Entgeltpunkte für die beitragsfreien und die beitragsgeminderten Zeiten berechnet (§ 71 SGB VI). Diese sogenannte Gesamtleistungsbewertung befindet sich in Anlage 4 des Rentenbescheides.

Was sind beitragsfreie Zeiten?

Das sind Zeiten, die auch für die Rente mitberechnet werden, für die aber keine Beiträge gezahlt wurden, zum Beispiel 3 Jahre Fachschulausbildung, Krankheits- und Arbeitslosigkeitszeiten ohne Beitragszahlung, die Mutterschutzzeiten, Zurechnungszeiten bei Erwerbsminderung und weitere. Die Berücksichtigung dieser Zeiten ist an Bedingungen geknüpft. Für die detaillierte Erläuterung der beitragsfreien Zeiten ist ein weiterer Artikel erforderlich.

Vereinfacht dargestellt, werden die Entgeltpunkte für die beitragsfreien Zeiten ermittelt, indem jeder Monat dieser Zeiten mit dem durchschnittlichen monatlichen Entgeltpunktewert aus den Beitragszeiten multipliziert wird.

Rentenberechnung: Was sind beitragsgeminderte Zeiten?

Das sind Monate, in denen eine Beitragszeit und eine beitragsfreie Zeit zusammentreffen, zum Beispiel der Teil der Mutterschutzfrist, der in die Beitragszeit wegen Kindererziehung fällt, oder Monate, in denen zum Teil Krankheit vorliegt und Arbeitsentgelt erzielt wurde. Auch die 3-jährige Berufsausbildung zählt wegen der niedrigen Vergütung als beitragsgeminderte Zeit. Diese Zeiten erhalten Zuschlagentgeltpunkte in Höhe der Differenz, die sich aus den Entgeltpunkten für die Beitragszeiten und die beitragsfreien Zeiten ergibt.

Die Rentenformel

Alle berechneten Entgeltpunkte werden zusammengerechnet und in die Rentenformel eingesetzt. Die Rentenformel besteht neben den Entgeltpunkten aus weiteren Faktoren, dem Zugangsfaktor, dem Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert (§ 64 SGB VI). Der Zugangsfaktor (§ 77 SGB VI) bewirkt bei einem Rentenbeginn vor der Regelaltersrente den Rentenabschlag. Der Rentenabschlag beträgt pro Monat vorzeitigen Rentenbeginns 0,3% bzw. wird von der Zahl 1 pro Monat 0,003 abgezogen.

Wer zum Beispiel 3 Jahre früher in Rente geht hat einen Zugangsfaktor von 0,892 (1 -(0,003 x 36) = 0,892). Der Rentenartfaktor wird durch die Rentenart bestimmt. Eine Altersrente aus der allgemeinen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten hat den Rentenartfaktor 1,0, die Halbwaisenrente beispielsweise den Rentenartfaktor 0,1.

Der aktuelle Rentenwert ist der dynamische Faktor in der Rentenformel. Während alle anderen Faktoren statisch sind und bei Rentenbeginn im Rentenbescheid rechtsverbindlich und endgültig berechnet werden, ändert sich der aktuelle Rentenwert nach Rentenbeginn und bewirkt die jährliche Rentenanpassung. Seit 01.07.2012 beträgt der aktuelle Rentenwert 28,07 € und der aktuelle Rentenwert Ost 24,92 €.

Beispiel: Wer dieses Jahr nach 45 Beitragsjahren in die Regelaltersrente geht und sein Leben lang Durchschnittsverdiener ohne Unterbrechnungen war, bekommt aus 45 Entgeltpunkten eine Monatsrente von 1.264,05 € brutto (45,0000 x 28,09 €). Bei einem Durchschnittseinkommen von 2.625,00 € brutto entspricht diese Rente 48,15% des letzten Durchschnittseinkommens.

Von der Bruttorente von 1.264,05 € ist noch Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag abzuziehen. Bei Vorliegen der Elterneigenschaft werden 10,15% Beitragsanteil und ohne Elterneigenschaft 10,4% Beitragsanteil von der Rente abgezogen. Die Nettorente beträgt bei einem Beitragsabzug von 10,15% monatlich 1.135,75 € und bei einem Abzug von 10,4% monatlich 1.132,59 €.

Fazit: Rentenberechnung ist schwierig, aber nicht unlösbar und aus dem Rechenbeispiel wird deutlich, dass ohne weitere Altersvorsorge der gewohnte Lebensstandard im Alter nicht zu halten ist.

Weitere Informationen finden Sie auch in folgenden Beiträgen: