Silikonformen und Reliefgießmasse sind ein professioneller Produktionstrick
Modellbau und Modellbahn ist tendenziell nicht eben ein preiswertes Hobby. Das liegt auch daran, dass die Zubehörhersteller sogar einfache Bauteile und -elemente oft zu "gesalzenen" Preisen anbieten, weil die Stückzahlen für exquisites Zubehör gering sind.
Auch das ist ein Grund, warum meist schon erhebliche qualitative Unterschiede bei der Landschaftsgestaltung von Modellbahn-Anlagen zu erkennen sind. Doch Modellbau-Profis setzen oft einen Trick ein, mit dem auch engagierte Modellbau-Amateure nicht nur hervorragende Ergebnisse erzielen können, sondern sogar Geld sparen.
Es handelt sich dabei um die Benutzung von Silikonformen, mit denen Abdrücke von vielfach benötigten Elementen genommen werden und die dann mit Reliefgießmasse für die "Massenproduktion" eingesetzt werden. Bei diesem Verfahren des Duplizierens kann in größerer Stückzahl gegenüber dem Einzelkauf der benötigten Teile erheblich gespart werden, da der mehrfache Einzelkauf eingespart wird.
Diese Elemente können Sie einfach vervielfältigen
Solche Elemente aus Reliefgießmasse können im Rahmen von Modellbau und Modellbahn beispielsweise für Arkadenmauern, Torbögen, Mauerelemente, Pfeiler, Säulen oder ganze Hausfassaden eingesetzt werden, die in größerer Anzahl benötigt werden. Beachten Sie dabei aber grundsätzlich, dass diese Elemente nicht einer dauerhaften mechanischen Belastung ausgesetzt sein sollten. Beispielsweise sollten gegossene Elemente nicht die Last einer Brücke tragen, sondern dazu dienen, die Brückenpfeiler vorbildnah zu gestalten.
Die Anwendung von Silikonabdrücken und der Einsatz von Reliefgießmasse beschränken sich keineswegs auf Modellbau-Anwendungen. Auch Abgüsse von Medaillen, Reliefs, Orden, Schmuckstücken oder Abzeichen sind möglich. Auch Figurensets, beispielsweise Schachfiguren, lassen sich mit diesem Verfahren vervielfältigen. Im Kunsthandwerk zu nennen sind beispielsweise Türschilder oder Krippenfiguren.
Reliefgießmasse oder Gips?
Die Verfahren, die mit Abgüssen arbeiten, unterscheiden sich in der Qualität des Ergebnisses erheblich. Hauptgrund hierfür ist die verwendete Masse für die Abgüsse. Zwar ist Gips in den verschiedenen Varianten (Baugips, Modellgips, medizinischer Gips) die preiswerteste Lösung, allerdings ist die Qualität der Abgüsse bei hohen Ansprüchen oft auch mangelhaft, insbesondere durch unerwünschte Lufteinschlüsse.
Profis verwenden daher anstelle von Gips eine spezielle Reliefgießmasse (Abformmasse, wird auch als "Marmorgips" und "Gießpulver" bezeichnet). Vorteile dieser Gießmassen gegenüber dem Verwenden von Gips sind die erheblich bessere Abformgenauigkeit und das schnelle und gleichmäßige Aushärten.
Zudem erlaubt die harte Oberflächenstruktur ein besseres Weiterverarbeiten und Bemalen, als es mit Gips möglich ist. Bekannte Produkte sind beispielsweise Artelin, Creato, Kerafix, Stewaform und Plastalin. Im Handel wird Gießmasse in aller Regel in Gebinden zu 1 kg und 5 kg angeboten. Für "große Projekte" im Bereich Kunsthandwerk und Kunstgewerbe bieten manche Hersteller Reliefgießmasse zudem auch in 25-kg-Säcken an.
Vorteile der Arbeit mit Reliefgießmasse
Wenn Sie beispielsweise eine Reihe von Fassaden, Mauerelementen oder anderen gleichförmigen Elementen für eine Modellbahnanlage vervielfältigen möchten, spielt die Nutzung von Reliefgießmasse ihre Vorteile voll aus:
- Schnelle Aushärtung in rund 1 Stunde und einfache Verarbeitung
- Hohe Abbildegenauigkeit mit porzellanartiger Struktur der Formteile
- Brillantweiße Farbe und einfach zu kolorieren, kein Brennvorgang erforderlich
- Nach dem vollständigen Austrocknen nimmt das Formteil keine Feuchtigkeit mehr auf (wasserabweisend, hydrophob). Es lassen sich also sogar Brunnenmodelle damit erstellen, die mit echtem Wasser befüllt werden oder wetterfeste Türschilder, die durch Regen nass werden.
In diesen Schritten stellen Sie Ihre eigenen Abgüsse mit Reliefgießmasse her
- Um mit Reliefgießmasse eine Urform zu vervielfältigen, muss im ersten Schritt eine Negativform erstellt werden. Das ist bei flachen Urformen, die nur einseitig benutzt werden (Felswände, Mauerbögen) noch relativ einfach, aber beispielsweise Figuren sind ja dreidimensionale Objekte, benötigen also mindestens zwei Negativformen. Wie eine Negativ-Silikonform für den Abguss erstellt wird, ist ein Thema für sich und würde den Umfang dieses Beitrags sprengen. Daher mein Tipp: Zu Anfang empfiehlt es sich, nicht gleich selbst Negativformen zu erstellen, sondern greifen Sie zu einer fertigen Silikonform, wie sie vom Fach- und Onlinehandel angeboten werden.
- Zuerst ist die Silikonform vorzubereiten, richten Sie sich dabei nach den Herstellerangaben. Wichtig ist dabei, dass die Form absolut waagerecht liegt, aber bewegt werden kann, ein Tablett oder entsprechendes Brettchen ist also ideal. Weil Silikon wasserabweisend ist, tragen Sie noch ein Entspannungsmittel (Netzmittel) auf, das Luftbläschen verhindert. Ein bekanntes Produkt unter Modellbauern ist hierfür "coppie-flux", das in einer praktischen Pumpflasche angeboten wird.
- Rühren Sie nun die Reliefgießmasse nach Herstellerempfehlung an. Wichtig ist, dass die Gießmasse eine gut fließfähige Konsistenz hat, also keinesfalls zu dickflüssig angerührt wird. Beachten Sie, dass die Verarbeitungszeit rund 10 bis 15 Minuten beträgt, in der die Masse gießfähig ist.
- Nun gießen Sie die Form mit der Reliefgießmasse aus, die Sie bündig bis zum Rand füllen. Damit die Gießmasse wirklich auch feine Strukturen abbildet, sollten Sie die Form ein wenig vorsichtig horizontal und vertikal rütteln. Bevor die Gießmasse abbindet, streifen Sie noch überschüssige Gießmasse von der Form ab, wozu sich ein breiter Spachtel, eine Speiskelle oder ähnliches eignet.
- Nun braucht es etwas Geduld, die Härtezeit beträgt meist rund eine halbe bis eine ganze Stunde. Tendenziell sollten Sie Abgüsse mit filigranen Formen länger als einfach strukturierte Abgüsse härten lassen. Dann nehmen Sie die Silikonform auf und lösen zuerst alle Ränder reihum vorsichtig von dem Abdruck ab. Kippen Sie dann eine oder zwei gegenüberliegende Seiten der Form ab und nehmen den Abguss heraus. Löst sich der Abguss nicht aus der Form, empfiehlt sich keinerlei Kraftanwendung. Besser kippen Sie die Ränder noch ein weiteres Mal und etwas weiter ab und versuchen dann, den Abguss von unten nacheinander an mehreren Stellen aus der Form zu drücken. Vermeiden Sie dabei die Stellen, von denen Sie wissen, dass sie empfindlich sein könnten.
Nachdem Sie den Abguss erstellt haben, steht er Ihnen für eine vielleicht erwünschte oder nötige mechanische und die farbliche Nachbehandlung zur Verfügung, beispielsweise das Anbringen von Gravuren.
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