„Wissen Sie, ich hab überhaupt nicht damit gerechnet, dass das jetzt schon kommen könnte. Ich hab bestimmt nicht richtig reagiert.“ Die Mutter der 10-jährigen Sarah berichtet leicht erschüttert von der ersten Periode ihrer Tochter. Sie hat ein schlechtes Gewissen, denn die Kleine scheint völlig unglücklich und hat große Sorge nicht „normal“ zu sein.
„Normal sein“ ist aber der größte Wunsch jeder/s Pubertierenden. Alles andere, als einigermaßen „Durchschnitt“ zu sein, verstärkt die mehr oder weniger schlecht überspielten Minderwertigkeitsgefühle der Heranwachsenden noch.
Durch die Akzeleration (Lesen Sie hierzu auch den Artikel: Sexualaufklärung im Grundschulalter) kann es durchaus vorkommen, dass schon in der vierten Klasse ein Teil der Mädchen seine Monatsblutung bekommt. Nichts scheint mehr zusammenzupassen. Eben noch mit den Barbies gespielt, soll die Tochter nun, zumindest rein körperlich gesehen, bereits so reif sein eigene Kinder zu gebären.
Das ist tatsächlich eine schwer zu verdauende Nachricht. Viele Mütter sind in ihrer Jugend erst später, also zwischen ihrem 13. und 16. Geburtstag, in die Pubertät gekommen und haben deshalb verständlicherweise noch keine Anstalten gemacht, ihre Tochter auf die gravierenden Veränderungen in der Pubertät vorzubereiten.
Vorbereitung ist die halbe Miete
Erfahrungswerte bestätigen, dass Mädchen sich besser fühlen, wenn sie frühzeitig über die Monatsblutung aufgeklärt wurden und sich bereits vor dem Ernstfall mit dem, was da auf sie zukommt, vertraut machen konnten.
In unseren Veranstaltungen kommen irrationale Ängste zur Sprache. Manche Mädchen erschrecken beispielsweise, weil das Menstruationsblut so anders ist, als das, was sie von Verletzungen her kennen. Zu wissen, dass es sich um eine Schleimhaut, „ähnlich“ der Nasenschleimhaut handelt und, dass das Blut auch einen bräunlichen Farbton annehmen kann, ist entlastend, steht aber in keiner Broschüre.
Vorbereitet sollten die Töchter auch auf die „besonderen Bauchschmerzen“ sein, die sich von allen ihnen bisher bekannten Beeinträchtigungen deutlich unterscheiden. Das unbekannte Ziehen im Bauch und im unteren Rücken werden oft als so unangenehm empfunden, dass meiner Erfahrung nach zu früh mit Schmerzmitteln reagiert wird, auch wenn andere Maßnahmen noch möglich wären.
Hierzu gehören Ruhe und Wärme, eine Rückenmassage oder ein Bad und etwas Nachsicht. Die Anforderung, dass man Frauen die Menstruation nicht anmerken darf, dass sie in dieser Zeit genauso leistungsfähig und einsatzbereit sein sollen, wie sonst auch, trägt dem zyklischen Geschehen im weiblichen Körper zu wenig Rechnung.
Zumindest eine kleine Auszeit sollten wir uns als Frauen zugestehen und vor allem auch den Einsteigerinnen einräumen. Das wirkt sich auch positiv auf das familiäre Stimmungsbarometer aus, das in dieser Zeit häufig Ausschläge in Richtung Gewitter zeigt.
Viele Mädchen und Frauen fühlen sich in dieser Zeit einfach „durchlässiger“, sprich sensibler. Die beobachtete Bezogenheit auf sich selbst bringt einerseits oft die typische Zickigkeit hervor, andererseits aber auch die Neigung schneller gerührt und „näher am Wasser gebaut“ zu sein.
Immerhin hat das Einsetzen des Zyklus ja nicht nur die Einschränkungen der Menstruation zu bieten. 10 -14 Tage vor der Periode, können viele Mädchen und Frauen bei sich ein Stimmungshoch erkennen. Das wird durch die Hormone verursacht, die den Eisprung in dieser Zeit initiiert haben.
Eine Frau kann sich in dieser Zyklusphase über die beste Ausstrahlung, die meiste Energie und das attraktivste Erscheinungsbild freuen. Ein fieser Trick der Natur, die auf diese Weise erreichen will, dass die so begehrenswerte Frau Sex mit einer sehr wahrscheinlichen Schwangerschaftsfolge hat.
Um diese Beobachtungen zu verstehen und zu verfolgen, und natürlich, um nicht unangenehm von der einsetzenden Blutung überrascht zu werden, ist es prinzipiell sinnvoll einen Zykluskalender zu führen. Viele Mädchen bevorzugen digitale Versionen, von denen es unzählige gibt. Wie Sie das Blut auffangen können, also verschiedene Binden, Slipeinlagen und/oder Tampons kennenzulernen, ist für Mädchen durchaus relevant.
Ihre Erfahrungen sind „Gold wert“
Für die meisten Töchter ist es spannend und hilfreich, wenn sie erfahren, wie ihre Mutter die Menstruation erlebt. Was ihr die Beschwerden erleichtert und welche Hygieneprodukte sie bevorzugt. Da Zyklusdauer, Stärke der Blutung und auch die Schmerzintensität familiär veranlagt sind, besteht viel Wahrscheinlichkeit, dass Ihre persönlichen Tipps eine größere Passung haben, als allgemeine aus Büchern oder Broschüren. (Tipp: trotzdem anschaffen)
In vielen Ratgebern wird empfohlen, ein kleines Fest anlässlich der ersten Menstruation zu feiern. Eine Tradition in einigen Kulturen, mit der man den Eintritt ins Erwachsenenalter feiert. Angesichts dessen, dass körperliche und soziale Reife in der heutigen Gesellschaft so auseinanderfallen, finden viele Familien das für sich nicht passend. Ein kleines Geschenk, zum Beispiel den ersten BH oder ein Schmuckstück kann Mädchen sehr viel bedeuten, weil es ihnen das Gefühl gibt, dass ihre Pubertät von ihren Eltern wahrgenommen und letztlich auch positiv bewertet wird.
Bleibt Ihnen nur noch, sich ebenfalls mit den neuen Gegebenheiten zu arrangieren und auch etwas stolz auf sich und Ihre Elternarbeit zu sein, die nun bald hinter Ihnen liegt.
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