Private Krankenversicherung: Schuldenerlass für Hartz-IV-Empfänger

Wer vor dem Bezug von Leistungen aus der Grundsicherung – allgemein einfach Arbeitslosengeld II (ALG II) bzw. Hartz IV genannt – privat versichert war, ist seit 1. Januar 2009 nicht mehr wie früher gesetzlich krankenversichert, sondern muss als ALG-II- bzw. Hartz-IV-Bezieher(in) in der privaten Krankenversicherung bleiben. Kann bei seinem privaten Krankenversicherer aber in den sogenannten Basistarif wechseln.

Das zuständige Jobcenter übernahm bis Januar 2011 allerdings den Zuschuss zur privaten Krankenversicherung nur bis zu dem Beitrag, der für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen war. Etliche privat krankenversicherte ALG-II- bzw. Hartz-IV-Empfänger(innen) blieben dadurch in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2012 auf Beitragsschulden bei ihrem privaten Krankenversicherer sitzen. 

Privat krankenversicherte Bezieher von Arbeitslosengeld II bzw. Hartz IV haben Anspruch auf Beiträge in voller Höhe

Im Januar 2011 hat das Bundessozialgericht aber klargestellt, dass die Beiträge für die Privatversicherung von Hartz-IV-Empfängern in voller Höhe erstattet werden müssen. Was mit den bis dahin aufgelaufenen Altschulden geschehen sollte, blieb bisher jedoch offen. Rückwirkende Zahlungen gab es nur für diejenigen, die Widerspruch gegen die Teilerstattung eingelegt hatten. (Az: B 4 AS 108/10 R).

Jobcenter übernehmen Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge direkt

Jetzt können Hartz IV –Bezieher(innen) aber endlich aufatmen. Wie aus einem Info-Blatt des Gesundheitsministeriums in Berlin anlässlich der Änderungen für Hartz IV Bezieher hervorgeht, übernehmen die Jobcenter seit dem 1. April 2012 die Zahlung der Krankenversicherungsbeiträge direkt an den privaten Krankenversicherer.

Erlass der Beitragsschulden bei Nachweis der Bedürftigkeit

Darüber hinaus haben sich die privaten Krankenversicherer – über den Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV Verband) – grundsätzlich bereit erklärt, auf die zwischen dem 1. Januar 2009 und dem 31. Januar 2011 allein aufgrund der "Beitragslücke" entstandenen Beitragsschulden zu verzichten.

"Beitragslücke" bezeichnet dabei die Differenz, die vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2011 zwischen dem vom Jobcenter gezahlten Zuschuss und der tatsächlichen Beitragsforderung des privaten Krankenversicherungsunternehmens bestand.

Um in den Genuss des Erlasses der Beitragsschulden beim privaten Krankenversicherer zu kommen, müssen betroffene ALG II – bzw. Hartz IV-Empfänger(innen) allerdings nachweisen, dass sie während der strittigen Phase, also von 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2011, tatsächlich hilfebedürftig waren. Falls dieser Nachweis erbracht werden kann, wird die Beitragslücke dem Bundesgesundheitsministerium zufolge geschlossen. 

Tipp: Sollten Sie in der Zeit vom 1. Januar 2009 bis 31. Januar 2011 hilfebedürftig gewesen sein, also ALG II bzw. Hartz IV bezogen haben, und Beiträge zur privaten Krankenversicherung nicht vollständig gezahlt haben, können Sie sich mit der Bitte um Erlass der Altschulden an Ihren privaten Krankenversicherer wenden.

Hierfür genügen ein formloser Antrag und der Nachweis der Hilfebedürftigkeit in diesem Zeitraum. Der Bezug von ALG II bzw. Hartz IV oder Sozialgeld gilt grundsätzlich als Nachweis der Hilfebedürftigkeit.

Als ALG II- bzw. Hartz IV-Empfänger(in) günstigen Basistarif wählen

In der privaten Krankenversicherung können sich ALG II – bzw. Hartz IV-Empfänger(innen) für den günstigen Basistarif entscheiden, den jeder private Krankenversicherer anbieten muss. Der Beitrag zum Basistarif darf nicht über dem Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung liegen.

Bei hilfebedürftigen Personen, und dies ist beim Bezug von ALG II  bzw. Hartz IV der Fall, halbiert sich der Beitrag zum Basistarif. Bis zur Höhe dieses halben Beitrags (2012: maximal 296,44 Euro im Monat) zahlt das Jobcenter dann einen Zuschuss zur privaten Krankenversicherung.

Der Beitrag wird ab dem 1. April 2012 vom Jobcenter direkt an das jeweilige private Krankenversicherungsunternehmen überwiesen. Die Höhe des Versicherungsbeitrags müssen Sie dem Jobcenter als ALG-II- bzw. Hartz-IV-Empfänger(in) mit einem aktuellen Beitragsbescheid nachweisen. 

Recht auf Wechsel in günstigen Basistarif

Wenn Sie bisher in einem anderen Tarif privat krankenversichert sind, haben Sie als Bezieher von ALG II bzw. Hartz IV das Recht zum Wechsel in den günstigen Basistarif unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der Alterungsrückstellung.

Sie können auch einen anderen Tarif als den Basistarif wählen. Dann übernimmt das zuständige Jobcenter Ihren individuellen Versicherungsbeitrag,  jedoch maximal bis zur Höhe des halbierten Basistarifs (2012 296,44 Euro).

Wichtig: Derzeit liegt der Beitrag bei Hilfebedürftigkeit im Basistarif bei 296,44 Euro, bis zu dessen Höhe die Jobcenter den Beitrag zur PKV übernehmen. Wer als ALG II- bzw. Hartz IV Bezieher nicht in den Basistarif wechselt und mehr bezahlt, muss die Differenz aus den Regelleistungen finanzieren.

Achtung: Die privaten Krankenversicherungsunternehmen dürfen in anderen Tarifen als dem Basistarif z. B. Personen mit Vorerkrankungen ablehnen oder Risikozuschläge erheben. Ihr privater Krankenversicherer darf die Leistungen weder ruhen lassen noch die Krankenversicherung kündigen, während Sie ALG II bzw. Hartz IV oder Sozialgeld beziehen.