Piercing im Bewerbungsgespräch: Habe ich eine Chance?

Piercings oder Körperschmuck im Allgemeinen sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Körperschmuck sehen wir überall, ob in der Werbung oder in der Fußgängerzone. Überall begegnen uns Menschen, die sichtbar gepierct oder tätowiert sind. Das Recht auf Individualität gehört eben zur freiheitlichen Demokratie. Aber gibt es bei einem Bewerbungsgespräch für den späteren Beruf, dieselben Chancen mit einem Piercing?

Darf der Arbeitgeber ein Piercing verbieten?

Muss man sich dem Arbeitgeber anpassen, um bei ihm arbeiten zu dürfen? Nun, die Rechtsfrage ist relativ eindeutig. Das ist aber nicht nur beim Piercing so, sondern auch bei einer Tätowierung. Wer beispielsweise am Unterarm verziert ist, darf zum Tragen von Langarmhemden angehalten werden.

Piercings sind in einigen Berufen grundsätzlich aus Sicherheitsgründen verboten. So zum Beispiel als KFZ-Mechatroniker: Hier dürfen weder Ketten noch Ringe und schon gar kein Piercing getragen werden. Es besteht die Gefahr, dass Sie an ungünstigen Stellen hängen bleiben.

Dasselbe gilt aber auch für Sportlehrer oder Berufssportler, denn ein Piercing stellt immer ein Verletzungsrisiko der. Sicherlich erinnern Sie sich an den Schulsport, bei dem Ohrschmuck abgedeckt werden musste.

In medizinischen oder Pflegeberufen gibt es Ausnahmeregelungen. Arbeitnehmern wird oft wegen Hygienevorschriften das Tragen von Ringen oder Ketten untersagt. Ob das auch für Gesichtsschmuck gilt, wurde vom Gesetzgeber aber noch nicht eindeutig geklärt.

Gesichtsschmuck wie Ohrringe oder Nasenstecker müssen nicht unbedingt mit dem Patienten in Berührung kommen, aber etwa beim Baden oder Umbetten könnte ein Verletzungsrisiko entstehen, insbesondere wenn der Patient versucht, sich irgendwo festzuhalten.

Für den Arbeitgeber geht Körperschmuck solange in Ordnung, bis die Arbeitsleistung nicht beeinflusst wird. Er darf außerdem Sie, den Arbeitnehmer, nicht gefährden und den Kunden auch nicht stören. Problematisch wird es immer, wenn der Körperschmuck übertrieben wird.

Piercings im Vorstellungsgespräch

Das Persönlichkeitsrecht bleibt bei einem Vorstellungsgespräch immer unberührt, da noch kein Arbeitsverhältnis besteht. Wer sich wegen einer Ausbildungsstelle oder wegen einem Beruf bewirbt, muss damit rechnen, darauf eventuell sogar angesprochen zu werden. Das gilt nicht nur für Piercings, dasselbe könnte auch bei Tattoos passieren.

Beruf in der Versicherungsbranche oder bei Banken

Insbesondere bei konservativen Berufen oder bei Berufen mit Kundenkontakt, können Piercings, aber auch Tattoos zu einem Problem werden. Im Einzelhandel, in Banken, bei Versicherungsagenturen oder auch in Anwaltskanzleien sind Piercings mehrheitlich noch verpönt.

Es geht dabei nicht nur um einen Ohrring, das ist bei der Mehrheit akzeptiert. Zungen-, Lippen- oder Augenbrauenpiercings können dazu führen, dass Sie von der Personalabteilung abgelehnt werden. Die Personalverantwortlichen oder auch der Chef richten sich dabei ganz nach der Kundschaft. Der Arbeitnehmer soll seriös und konservativ aussehen und demnach ist weniger Individualität zugestanden.

In einem umfangreichen Fachbeitrag über Ohrpiercings wird darauf eingegangen, welche Arten es gibt, worauf zu achten ist und welche Kosten in etwa zukommen könnten.

Beruf im Öffentlichen Dienst

Noch heute kommt es vor, dass Menschen wegen ihrem Körperschmuck im Bewerbungsverfahren für die Polizei oder bei einer anderen Stelle im Öffentlichen Dienst, aussortiert werden.

Bei Tattoos richtet man sich danach, ob der Körperschmuck verfassungsfeindliche Organisationen zeigt oder mit diesen verwechselt werden kann. Es darf außerdem weder rechts- noch linksradikal oder in einem anderen Sinne extremistischer Natur sein. Natürlich darf es auch nicht sexistisch, frauenfeindlich, entwürdigend oder diskriminierend sein. Zusätzlich sollte es keine Menschenwürde verletzen und auch keine Gewalt verherrlichen.

Die Einstellung von neuen Polizisten ist immer Ländersache. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass die Berliner Polizeiführung nicht nach eigenem Ermessen wegen einem Tattoo ablehnen darf, sofern rein ästhetische Erwägungen eine Rolle dabei spielen.

Sind Piercings ein Kündigungsgrund?

Die gesellschaftliche Akzeptanz von Piercings und Tattoos wächst. Die Wahrnehmung von Körperschmuck hat sich seit den 90er Jahren auch im Beruf geändert. Zu dieser Zeit, hatte die Mehrheit von Kriminellen, Suchtkranken und Seeleuten ein Tattoo oder ein Piercing, daher kam es zu dieser negativen Wahrnehmung. Das ist heute schon lange nicht mehr so.

Die Geister scheiden sich je nach Branche aber noch immer. Teilweise aus der Angst heraus, die zahlende Kundschaft zu verlieren oder auch aus hygienischen Gründen. Im Arbeitsvertrag steht, ob es ein Verbot von Körperschmuck gibt. Unsichtbare beziehungsweise bedeckte Stellen spielen da natürlich keine Rolle, sofern sie kein Sicherheits- oder Hygienerisiko darstellen.

Ein Arbeitnehmer könnte aber auch dazu gebeten werden, die Tätowierungen oder die Piercings abzukleben beziehungsweise zu verdecken. Sofern der Körperschmuck weder diskriminierend noch rassistisch wirkt, haben Sie wenig zu befürchten — anders sieht es aus, wenn diese gegen die Unternehmensrichtlinien verstoßen.

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