Der Preis der Optionsscheine hängt nicht nur von der Entwicklung des Basiswerts und des Hebels ab. Ein wesentlicher Preisbestandteil ist die erwartete Schwankungsstärke (implizite Volatilität). Daraus ergibt sich ein interessanter Schluss, den die meisten Ratgeber in Magazinen schlicht übersehen und deshalb falsch liegen.
Denn: Wenn es an der Börse – wie im Herbst 2008 – richtig stürmisch wird, lohnt sich der Kauf von Optionsscheinen kaum noch, weil diese zu teuer sind. Die Banken nennen das "Risikoprämie". Besser ist es, Optionsscheine zu kaufen, wenn die Schwankungen gering sind und zukünftig wieder zunehmen werden, weil dann die Risikoprämie beim Kauf des Scheins noch gering ist.
Nehmen wir an, Sie investieren jetzt, im relativ ruhigen Börsenherbst 2010, in einen langlaufenden Kauf-Optionsschein auf den DAX in Erwartung einer zunehmenden Schwankung. Wählen Sie dann bewusst eine möglichst lange Laufzeit, damit Sie den erwarteten Anstieg der Schwankungen in den Jahren 2011 und 2012 bis zum Gipfel ausnutzen können.
Kauf von Optionsscheinen: 2 denkbare Szenarien bezüglich der Volatilität
Szenario 1: Der DAX steigt deutlich
Falls der DAX sprunghaft anspringt, entfaltet sich eine doppelte Hebel-Wirkung. Zum einen sorgt der Hebel (in Teil 2 der Themenreihe wird der Hebel ausführlich erklärt) für überproportionale Kursgewinne, zum anderen katapultiert die steigende Volatilität (Schwankungsstärke) den Kurs des Optionsscheins noch weiter noch oben.
Szenario 2: Der DAX bricht ein
Sollte der DAX jedoch aufgrund einer überraschend schwachen Konjunkturentwicklung oder eines Terroranschlags einbrechen, hätten Sie eine Art Sicherheitspuffer. Stark fallende Kurse würden den Kauf-Optionsschein ins Minus ziehen, die steigende Volatilität wäre jedoch ein Gegengewicht und würde die Verluste etwas abbremsen.
Sie sehen: Beim Optionsscheinhandel hat die Schwankung (Volatilität) des Basiswerts (Index, Aktie) einen großen Einfluss auf die Kursentwicklung. Nimmt die Schwankung zu, steigt die Risikoprämie. Der Kurs des Optionsscheins kann sich trotz der tendenziell "falschen" Entwicklung des Basiswerts verteuern. Nimmt die Schwankung ab, fällt die Risikoprämie. Der Kurs des Optionsscheins kann sich trotz der tendenziell richtigen Entwicklung des Basiswerts verbilligen.