Nerven bewahren in der Trotzphase

Ab dem 2. Lebensjahr beginnt für Eltern und Kinder eine schwierige Zeit. In der sogenannten Trotzphase entwickeln sich Kinder scheinbar zu wütenden Monstern. Eltern stehen oft ratlos diesen tobenden Wüterichen gegenüber. Diese Trotzphase ist für Kinder jedoch wichtig, denn sie entdecken sich als eigene Persönlichkeit. Mit etwas Verständnis und einer großen Portion Geduld meistern Sie gelassen diese Phase.

Mein Kind wird selbstständig

Wie so oft ist der Begriff Trotzphase unglücklich gewählt. Denn die Kinder verwandeln sich vom 2. bis 4. Lebensjahr nicht plötzlich in ungehorsame Wüteriche. Was den ratlosen Eltern als Trotz erscheint, ist eine ganz natürliche Entwicklungsphase, in der die Kinder sich als selbstständiges Wesen erkennen. War es vorher toll, etwas gemeinsam zu machen, möchten Kinder jetzt verstärkt alles alleine bewältigen. Durch die Wünsche der Eltern fühlen sie sich nun in ihrer Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit eingeschränkt.

Kindlicher Frust in der Trotzphase

In der Trotzphase ist es wichtig, dass Kinder ihre eigenen Wege gehen möchten. Allerdings stoßen sie immer wieder an ihre Grenzen. Daraus entwickeln sich Frustrationen: Weder die Welt noch die Menschen reagieren so, wie das Kind es möchte. Es entsteht Frust, großer Frust.

Kinder müssen in dieser Phase erst lernen, mit ihren Enttäuschungen fertig zu werden. Sie befinden sich in einer gefühlsmäßigen Ausnahmesituation, die sie nicht mehr kontrollieren können. Diesem inneren Chaos verleihen Kinder mit typischen Wein- und Wutausbrüchen Luft.

Trotzphase als positiver Lernprozess

Eltern überstehen die Trotzattacken ihrer Kinder leichter, wenn sie sich vor Augen führen, dass die Kinder in dieser Phase wichtige Lebenslektionen lernen. Indem sie ihren eigenen Willen erproben, lernen sie, eigene Entscheidungen zu treffen. Konfliktsituationen werden als Bestandteil des Lebens akzeptiert. Auch der Umgang mit den Gefühlen kann in dieser Phase erprobt werden. Nach und nach entwickeln Kinder mehr Geduld, um Enttäuschungen zu überwinden. Womit sie die wichtigste Lektion für ihr Leben lernen:

Konflikte gehören zwar dazu, aber es können Lösungen gefunden werden. Es macht sogar Spaß, eigene Erfahrungen zu sammeln und daran zu wachsen.

Wie Sie der Trotzphase trotzen

  • Nehmen Sie die Wutausbrüche Ihres Kindes nicht persönlich. Selbst wenn Ihr Kind im Geschäft vor anderen Menschen eine klassische Wuteinlage hinlegt, brauchen Sie sich nicht zu schämen.
  • Bleiben Sie ruhig und gelassen.
  • Ihr Kind steckt in einem riesigen Gefühlschaos, das es nicht kontrollieren kann. Bestrafungen und Ausschimpfen machen alles nur noch schlimmer.
  • Nehmen Sie die Gefühle Ihres Kindes ernst und lachen Sie es bitte nicht bei einem Wutanfall aus. Kinder brauchen jetzt ganz viel Liebe und Verständnis.
  • Während eine Wutausbruchs reagieren Kinder nicht auf die Worte der Erwachsenen. Am besten versuchen Sie die Attacke zu ignorieren, solange das Kind weder sich noch andere gefährdet.
  • Manchmal ist es sinnvoll, belastende Situationen zum Beispiel am Abend zu vermeiden. Andererseits können und dürfen Sie Ihr Kind nicht vor Frustrationen bewahren. Es soll in dieser Phase lernen, Enttäuschungen zu verkraften.
  • Oft verbeißen Kinder sich regelrecht in eine Aufgabe. Sie wollen unbedingt etwas erreichen und scheitern an der Realität zwischen Wollen und Können. Mit zunehmendem Frust lässt auch die Konzentration nach. Schlagen Sie Ihrem Kind in dieser Situation vor, eine Pause zu machen und sich auszuruhen.
  • Eltern sollten ihren Kindern ruhig etwas zutrauen. Es ist toll, wenn sie sich an schwierigen Aufgaben versuchen. Daran können sie wachsen. Und wenn es nicht gut gelingt, ist es auch nicht schlimm.
  • Wenn Kinder in der Trotzphase unkontrollierte Wutanfälle bekommen, werfen sie oft mit Gegenständen um sich. Das ist gefährlich. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass es sich austoben kann, indem es auf die Matratze oder ein Kissen schlägt. Vielleicht mag es auch wild tanzen. Oder es darf auf dem Balkon ganz laut schreien.
  • In der Trotzphase sind Freiräume wichtiger als pingelige Verbote. Stellen Sie wenige Regeln auf, achten Sie aber auf deren Einhaltung. Und es ist klar, dass die Regeln für alle in der Familie gelten.
  • In einer ruhigen Phase können Sie Ihr Kind in den Arm nehmen und über den vorangegangenen Anfall sprechen.
  • Wenn Sie selber einmal die Nerven verloren haben, ist das auch nicht so schlimm. Wenn die Gemüter sich beruhigt haben, entschuldigen Sie sich bei Ihrem Kind für Ihre Überreaktion.
  • Denken Sie immer daran, die Trotzphase ist bald überstanden. Erst in der Pubertät werden Sie wieder mit dem Gefühlschaos Ihrer Kinder konfrontiert.

Literatur:
Petra Stamer-Brandt: Wut-weg-Spiele. Christophorus Verlag 2003
ISBN: 3-419-53043-9

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