Radioaktivität: Jodtabletten sind nicht harmlos
In letzter Zeit ist viel über Jodtabletten zum Schutz gegen Radioaktivität veröffentlicht worden. Dabei mag der Eindruck entstanden sein, es handele sich um eine einfache Schutzmaßnahme vor Radioaktivität. Dabei mögen leider auch Geschäfte und Verkaufsüberlegungen eine Rolle spielen. Ich denke, es ist wichtig, auch ausdrücklich auf die Gefahren einer Selbstmedikation hinzuweisen.
Jodtabletten sind nicht harmlos. Sie können starke, unter Umständen lebensgefährliche Nebenwirkungen haben. Jodtabletten sollten daher keinesfalls ohne ärztlichen Rat eingenommen werden. Dies gilt insbesondere für hochdosierte Präparate. Informieren Sie sich in diesem Artikel über die Jodwirkung auf die Schilddrüse und mögliche Gefahren. Außerdem wird die mögliche Schutzwirkung bei Radioaktivität erläutert.
Jodtabletten: Die Wirkung auf die Schilddrüse birgt Gefahren
Jodtabletten, d. h. die Einnahme von Jod regt die Schilddrüse an. Die Schilddrüse ist eine Hormondrüse, die im Wesentlichen zwei jodhaltige Hormone produziert. Dafür "fischt" sie das Jod aus dem Blut. Das T3 genannte Trijodthyronin enthält drei Jodatome und das als Thyroxin bekanntere T4 eben vier. Diese Hormone regeln den Grundumsatz. Je mehr aktive Hormone im Blut sind desto höher.
Dabei wirken die Schilddrüsenhormone ähnlich wie das bekannte Adrenalin. Der Grundumsatz ist vergleichbar mit dem Standgas beim Auto. Je höher der Grundumsatz, desto hochtouriger läuft der Motor. Das Adrenalin ist dann nur das Gaspedal zum Losfahren. Es gibt nun Menschen, deren Standgas eh schon hochgedreht ist. Diese Menschen tendieren zur Schilddrüsenüberfunktion. Es handelt sich in der Regel um schlanke, tendenziell nervöse Typen.
Generell gilt aber für uns alle: Eine hohe Jodgabe führt dazu, dass die Schilddrüse hochfährt. Eine Schilddrüsenüberfunktion führt zu vermehrtem Schwitzen, Haarausfall, Herzrasen und Schweißausbrüchen. Die akute Schilddrüsenüberfunktion bezeichnet man als thyreotoxische Krise, ein lebensbedrohlicher Zustand mit extrem hohem Blutdruck und Herzrasen.
Sie sollten Jod in hohen Dosen also keinesfalls einfach so einnehmen. Generell ist bereits die simple Jodierung von Speisesalz für Menschen mit entsprechender Tendenz bereits kritisch zu hinterfragen.
Jodtabletten bei Radioaktivität
Im zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Deutschland extrem unwahrscheinlichen Fall einer radioaktiven Wolke, kommen wir in Kontakt mit leichtflüchtigen radioaktiven Substanzen, unter anderem Jod131. Dieses Isotop setzt im Körper Neutronen frei und diese richten Zerstörung im Erbgut an. Die Folge kann dann Krebs sein. Da sich das Jod in der Schilddrüse anreichert, ist dann Schilddrüsenkrebs die Folge.
Die Fälle dieser Krebsart sind in der Umgebung von Tschernobyl extrem angestiegen. Die Einnahmen von hochdosierten Jodtabletten kurz vor einem Kontakt mit radioaktivem Jod sättigt die Schilddrüse auf Wochen hinaus ab. Mit anderen Worten die Schilddrüse ist "voll" und nimmt daher kein radioaktives Jod mehr auf, dieses wird schnell wieder ausgeschieden und die Gefahr ist gebannt.
Leider klappt das eben nur für Jod und die vielen anderen radioaktiven Stoffen bleiben genauso gefährlich wie sonst auch. Jodtabletten schützen also nicht vor Radioaktivität im Allgemeinen, sondern ausschließlich vor radioaktivem Jod.