Muss ich als Selbständiger Beiträge zur Rentenversicherung zahlen?

Die Bundesregierung diskutiert zurzeit darüber, per Gesetz die Selbständigen zur Einzahlung in eine private oder die gesetzliche Rentenversicherung zu zwingen. Der Staat will sich davor schützen, die Selbständigen im Alter finanziell unterstützen zu müssen, die nicht selbst vorsorgen. Aber auch jetzt sind bereits viele Selbständige verpflichtet, in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.

Wann müssen Selbstständige in die Rentenversicherung einzahlen?

Die Selbständigen, die bereits jetzt verpflichtet sind in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, sind in § 2 SGB VI aufgeführt. Das sind folgende Personengruppen:

  1. Lehrer und Erzieher, die keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen
  2. Pflegepersonen in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege,
    die keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen
  3. Hebammen und Entbindungspfleger
  4. Künstler und Publizisten
  5. Seelotsen
  6. Küstenschiffer
  7. Hausgewerbetreibende
  8. Handwerker, die in die Handwerksrolle eingetragen sind
  9. Selbständige ohne versicherungspflichtige Angestellte, die überwiegend nur für einen Auftraggeber tätig sind.

Zu den verschiedenen aufgezählten Berufsgruppen gab und gibt es zahlreiche juristische Auseinandersetzungen, wer zu den genannten Personen gehört. Das betrifft besonders Lehrer (1), in der Pflege und Heilbehandlung Tätige (2) und arbeitnehmerähnlichen Selbständige (9).

Deshalb werde ich mich in weiteren Artikeln mit diesen Streitigkeiten und Besonderheiten der verschiedenen Berufsgruppen befassen, die die Zuordnung oder Abgrenzung erleichtern.

In den folgenden Abschnitten lege ich die Wichtigkeit der Beratung dar und gebe Hinweise zur Meldepflicht und zur Beitragsgestaltung.

Was gibt es zu beachten, wenn ich mich selbständig mache?

Egal welche selbständige Tätigkeit begonnen werden soll, es ist grundsätzlich unerlässlich, sich über sämtliche Rechte und Pflichten zu informieren, bevor die Tätigkeit beginnt. Existenzgründungslehrgänge sind zwar hilfreich, reichen aber oft nicht aus, da dort nicht auf die Besonderheiten jeder Berufsgruppe eingegangen werden kann.

Oft ist noch die anwaltliche Beratung zu vertrags-, gesellschafts- und handelsrechtlichen Fragen, die Steuerberatung zu steuerrechtlichen Fragen, die Rentenberatung zu sozialversicherungsrechtlichen Fragen und die Versicherungsberatung zu Berufshaftpflichtversicherungsfragen erforderlich.

In diesem Beitrag geht es um die Rentenversicherungspflicht. Im Rahmen der Rentenberatung wird zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung beraten. Der unabhängige Rentenberater kann oft vor Aufnahme der Tätigkeit wertvolle Hinweise geben, wie die Gewerbeanmeldung oder der Umfang der Tätigkeit ausgestaltet werden kann, um versicherungspflichtig oder nicht versicherungspflichtig zu werden.

Was grundsätzlich jeder Selbständige wissen sollte, der eine der im Abschnitt 1 genannten Tätigkeiten aufnimmt, ist:

  • jeder ist selbst für die Meldung bei der Rentenversicherung verantwortlich und gesetzlich auch dazu verpflichtet
  • wer sich sofort mit Aufnahme der Tätigkeit anmeldet, hat Gestaltungsmöglichkeiten, was die Höhe des Beitrages betrifft
  • die unter Nr. 9 benannten, können sich für 3 Jahre von der Beitragszahlung befreien lassen, wenn sie dies innerhalb von 3 Monaten nach Aufnahme der Tätigkeit beantragen
  • auf Antrag kann in den ersten 3 Jahren nach Aufnahme der Tätigkeit ein reduzierter Beitrag gezahlt werden, der halbe Regelbeitrag 257,25 € in den alten und 219,52 € monatlich in den neuen Bundesländern (2012)
  • wenn der Gewinn in den ersten 3 Jahren voraussichtlich unter 1312,50 € in den alten und 1.120,00 € monatlich liegt, kann bei der Rentenversicherung einen Antrag auf einkommensgerechte Beitragszahlung stellen und zahlt 19,6 % vom geschätzten Gewinn
  • nach 3 Jahren lohnt sich dieser Antrag, wenn der Gewinn in den alten Bundesländern unter 2.625,00 € und in den neuen unter 2.240,00 € liegt
  • der Mindestbeitrag liegt bei 78,40 € monatlich
  • wenn der Gewinn über 2.625,00 € bzw. 2.240,00 € steigt und keine höhere Beitragszahlung gewünscht wird, sollte der Antrag auf einkommensgerechte Beitragszahlung wieder zurückgezogen werden.  
    Dann kann der Beitrag auf den Regelbeitrag von 514,50 € in den alten und 439,04 € monatlich in den neuen Bundesländern begrenzt werden. Ansonsten wären höhere Beiträge von 19,6 % des Gewinns berechnet.

Welche weiteren Risiken müssen beachtet werden?

  • bei verspäteter Meldung der Versicherungspflicht wird der Beitrag für 4 Jahre rückwirkend nachgefordert und oft gibt es keine Möglichkeit mehr, über die Beitragshöhe zu verhandeln. Dann ist der sogenannte Regelbeitrag zu zahlen, das sind 514,50 € in den alten und
    439,04 € monatlich in den neuen Bundesländern.
  • wer mit seinen Beiträgen wegen einer Notlage in Verzug gerät, kann Zahlungsaufschub und Stundung der Beiträge beantragen. Ungenehmigter Zahlungsverzug führt zu drastischen Strafen in Form von Säumniszuschlägen.

Ich habe bereits Fälle in der Praxis erlebt, bei denen die Säumniszuschläge höher waren, als die Beitragsschuld, weil die Betroffenen sich nicht gemeldet haben.
Die Zahlung von Säumniszuschlägen ist deshalb besonders ärgerlich, da sich diese nicht erhöhend auf die Rentenanwartschaft auswirken. Die gezahlten Beiträge erhöhen hingegen den späteren Rentenanspruch. Auch bezüglich der Säumniszuschläge gilt, Unwissenheit schützt vor Strafe nicht.

Auf Besonderheiten der einzelnen Berufsgruppen, sowie die Versicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern und mitarbeitenden Familienangehörigen werde ich in weiteren Beiträgen eingehen. Zu guter Letzt möchte ich darauf hinweisen, dass der Beitrag nicht die individuelle Beratung ersetzen kann.