Mistel: Hoffnungsträger in der Krebstherapie

Im Winter sind in den kahlen Kronen der Laubbäume leicht die runden, bis zu 50 Zentimeter Durchmesser erreichenden immergrünen Mistelsträucher erkennbar. Der Halbschmarotzer ist in Europa und Asien heimisch und gedeiht - außer auf Buchen - auf allen Laubbäumen; nur zwei Unterarten der Mistel wachsen ausschließlich auf Nadelhölzern. Die Mistel wird auch als Vogelmistel, Leimmistel, Hexenbesen oder Drudenfuß bezeichnet.

In den Sagen fast aller Völker wird die Mistel mit zauberhaften, glücksbringenden Eigenschaften bedacht. Zu Weihnachten dürfen in England Mistelzweige in der guten Stube nicht fehlen. Einem alten Brauch zufolge darf jeder Mann eine Frau küssen, die ihm unter den Mistelzweigen begegnet.

Darüber hinaus wurde die Mistel schon seit jeher in der Volksmedizin als wirksames Heilmittel geschätzt. Nachdem die blutdrucksenkende Wirkung des Mistelextrakts belegt wurde, begann sich auch die Wissenschaft für die Mistel zu interessieren. In den dreißiger Jahren konnten Forscher dann die krebshemmenden Wirkungen des Mistelextrakts nachweisen. Seither wird an den Inhaltsstoffen der Mistel intensiv geforscht.

In der Mistel sind enthalten:

  • Lektine (Verbindungen aus Eiweiß und Zuckermolekülen, die an bestimmte Zellstrukturen binden)
  • Viscotoxine (Polypeptide, eiweißähnliche Verbindungen)
  • Flavonoide
  • Biogene Amine
  • Kaffeesäurederivate und anderes

In der Volksmedizin wird Misteltee gegen viele Beschwerden angewendet:

  • Zur Steigerung der Fruchtbarkeit
  • Gegen Vergiftungen verschiedenster Art
  • Bei anderen gesundheitlichen Problemen

Diese Anwendungen des Misteltees beruhen allerdings – im Unterschied zum Mistel-Extrakt – ausschließlich auf Erfahrungswerten.

Die Wirkungen bei den genannten Indikationen konnten bisher wissenschaftlich nicht bestätigt werden. So ist beispielsweise die blutdrucksenkende Wirkung von Viscotoxin einwandfrei bewiesen worden, doch diese tritt nur nach parenteraler Gabe (als Injektion) ein. Aus dem Misteltee gelangt dieser Wirkstoff nicht ins Blut, da er im Magen-Darm-Trakt nicht zerlegt wird. Das komplette Viscotoxin-Molekül kann jedoch die Darmschleimhaut nicht passieren und wird dadurch nicht in den Blutkreislauf aufgenommen, heißt es in einschlägiger wissenschaftlicher Literatur.

In der Volksmedizin wird Misteltee desweiteren angewendet gegen:

  • Bluthochdruck
  • Schwindelgefühl
  • Blutandrang im Kopf
  • Ausbleibende Menstruation
  • Gelenkerkrankungen
  • Das wichtigste Anwendungsgebiet der Mistelextrakte ist die Tumorbekämpfung

Wissenschaftlich nachgewiesen wurden jedoch die günstigen Wirkungen des Mistel-Extrakts bei der Behandlung von Krebs. Die in der Mistel enthaltenen Lektine, insbesondere das Mistellektin 1, haben immunmodulierende Wirkungen: Sie bewirken einen Anstieg wichtiger Immunzellen (Helferzellen, Killerzellen – siehe auch Natur & Gesundheit, Sonderausgabe Immunsystem) und steigern die Ansprechbarkeit der Immunzellen auf Botenstoffe des Immunsystems (Interleukine). In Tierexperimenten konnte das Wachstum einer ganzen Reihe von Tumoren mit Mistellektinen gehemmt werden.

Einem Bericht der „Ärzte Zeitung“ zufolge wurde kürzlich beobachtet, daß Viscotoxine gezielt den Tod von Krebszellen (Apoptose) herbeiführen. Darüber hinaus stellten Forscher fest, daß der Gesamtextrakt des Mistelkrauts die Erbsubstanz gesunder Zellen schützt. Dadurch wird die Chemotherapie von den Patienten besser vertragen und ihre Wirksamkeit gesteigert. Welche Substanz für diese Wirkungen verantwortlich ist, wurde bisher noch nicht festgestellt.

So wenden Sie Mistel an:

Wenn Sie Mistel im Sinne der Volksmedizin als Tee anwenden wollen, sind die Wintermonate Dezember bis Februar am besten zum Sammeln des Mistelkrauts geeignet. Als Mistelkraut werden die jungen Triebe bezeichnet, die nicht dicker als fünf Millimeter sind (die Blätter werden mitgesammelt). Binden Sie die Triebe locker zusammen und lassen Sie sie bei Temperaturen nicht über 40 Grad Celsius an einem luftigen Ort trocknen. Für die Teezubereitung nehmen Sie die getrocknete, feingeschnittene Droge.

So bereiten Sie Misteltee zu:

Übergießen Sie 2,5 Gramm feingeschnittenes Mistelkraut mit 150 Millilitern kaltem Wasser und lassen Sie alles 10 bis 12 Stunden bei Raumtemperatur stehen. Dann seihen Sie den Tee ab. Sie können eine bis zwei Tassen täglich davon trinken. Misteltee wird auch gebrauchsfertig in Filterbeuteln angeboten (in Apotheken oder Reformhäusern).

Phytopharmaka:

In der Apotheke sind Präparate mit Mistelextrakt in Injektionsform zur begleitenden Behandlung bei Krebserkrankungen erhältlich. Nach einer Einweisung durch den Arzt können Patienten diese Präparate auch selber anwenden.

Mistelextrakt:

Mistelextrakt ist auch in einigen kombinierten pflanzlichen Zubereitungen enthalten – insbesondere in Lipidsenkern sowie in Mitteln gegen Arteriosklerose, oft in Kombination mit Inhaltsstoffen des Weißdorns und Knoblauchs.

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