Märchenstunden mit Demenzkranken

Märchenstunden mit demenzkranken Bewohnern bewirken Stille, auch bei Zuhörern mit großer Unruhe. Die Luft knistert, alle hören gespannt zu, wenn die blinde Märchenerzählerin im Haus ist.

Kreative Angebote führen zu vermehrten sozialen Kontakten unter den Demenzkranken
Heute morgen hatte ich ein längeres Gespräch mit der Sozialpädagogin eines Altenheims in Köln, in dem ich seit 6 Jahren jährlich mit verschiedenen kunsttherapeutischen Projekten bin. Die Arbeit Märchen waren noch nicht dabei gewesen, obwohl ich sie sehr gerne anbiete, dafür aber Kollagen, Portraits u.v.m.

Am Anfang war es ganz schön schwierig gewesen, die Menschen in diesem Altenheim mit kreativen Aktionen zu inspirieren. Die Mitarbeiter wussten nicht so recht, was "die Bastelei" sollte und die Bewohner begegneten mir meist mürrisch oder sogar abweisend. Einzig die demenzkranken Menschen nahmen mich an. Sie schienen froh zu sein, wenn ich mich mit ihnen beschäftigte.

Ich konnte im "offenen Atelier", für alle sichtbar, Ressourcen in den demenzkranken Bewohnern wecken. Demenzkranke Menschen reagieren sehr sensibel auf den nonverbalen Dialog während der kunsttherapeutischen Projekte.

Jedes Jahr geben wir uns dort ein neues Thema, manchmal wiederholen wir auch eines, wenn es besonders gut war. Inzwischen nehmen die Mitarbeiter das Angebot gut an, bei dem sie eingeladen sind, sich mit mir und den Bewohnern auf den kreativen Prozess einzulassen.

Wir entdecken immer wieder, auch bei fortschreitender Demenz der Bewohner, dass viele sich an mich erinnern. Angeregt durch die kunsttherapeutischen Methoden werden individuelle Fähigkeiten frei, die nach den Projektwochen in den Alltag hineingetragen werden können. Das soziale Miteinander wird stark beeinflusst.

Das jedenfalls ist kein "Märchen", wird es doch von überall her berichtet: Kreative Angebote in den Heimen führen zu vermehrten sozialen Kontakten und Aktivitäten unter den Demenzkranken.

Märchenstunden für Demenzkranke
Das heutige Gespräch hat mich noch zusätzlich besonders gefreut. Es war ein wunderbares Feedback auf die Kreativität, die in diesem Haus über die Jahre Einzug genommen hat. Die Sozialpädagogin sprach von Märchenstunden, die sie neuerdings organisiert und erzählte, dass sie neulich nachmittag verschiedene Attribute aus Märchen symbolisch auf einem Tisch aufgestellt hat und die demenzkranken Bewohner hat raten lassen, was aus welchem Märchen war.

Sie taten sich schwer, aber sie fühlten sich angeregt. Die Sozialpädagogin ließ sie schmecken, tasten, fühlen: eine Schale voller Erbsen, ein Brot mit Pflaumenmus, ein Korb mit Stroh… die Aufmerksamkeit wurde gebannt, die Bewohner überlegten und kamen auf Lösungen! Die Freude war beiderseits.

Offenheit für kreative Maßnahmen
Schon ein paar Mal sei ein weiteres Highlight ins Haus eingekehrt: Eine freiberufliche Ex-Kollegin, die blind ist, erzählt Märchen. Diese Märchenstunden haben es besonders in sich: Die meisten Bewohner horchen gebannt und selbst unruhige schwer demente Menschen halte still, wenn die Märchenerzählerin kommt. Kreativität ist eben nicht nur irgendeine Bastelei, Kreativität bringt Steine ins Rollen.

Die kunsttherapeutischen Hintergründe habe ich immer wieder dargestellt und nun fügen sie sich sinnvoll zu einem Gesamtbild zusammen: wenn Aktionen dieser Art auf so wunderbare Weise gesehen und genossen werden, haben Bewohner und Mitarbeiter eine große Offenheit für kreative Maßnahmen entwickelt. Das ist kein Märchen!