Lyssinum – oft benötigt bei Neigung zur Reizbarkeit oder Aggression

Die Tollwutimpfung und ihre Folgen

Infolge intensiver Tierimpfung mit inaktivierten (chemisch behandelten) Tollwutviren, machen wir uns heute kaum noch Sorgen, uns mit Tollwut zu infizieren. So übersehen wir, dass diese flächendeckende Impfung weder an den geimpften Tieren noch an uns spurlos vorübergeht. Daher war auch ich überrascht, in den letzten Jahren herauszufinden, dass jeder meiner Patienten, wenn auch unterschiedlich stark, lästige Tollwut-Impfsymptome aufwies.

Diese Symptome sprachen nicht auf andere homöopathische Arzneien an, bis ich sie – dank des Hinweises meiner Kollegin Christiane Petras – richtig zu deuten verstand und Lyssinum einsetzte. Hierbei machte ich die Erfahrung, dass Toxine dieser Impfung nicht nur durch Bisse, sondern auch durch Stiche, Kratzer oder Schleimhautkontakt von hiermit infizierten Haus-, Wildtieren und Insekten auf uns Menschen übertragen werden, und dass diese Toxine Symptome auslösen können, die unser Leben, aber auch das der geimpften Tiere, erheblich beeinträchtigen.

Verschiedene Tollwut – verschiedene Impfschäden

Die Tollwut, auch als Lyssa und Rabies (= Wut) und Hydrophobie (= Wasserfurcht) bezeichnet, wird ausgelöst durch ein Virus, Lyssa– oder Rabiesvirus genannt. Sie tritt in zwei Formen auf: Der wilden und der stillen Wut. In abgeschwächter Form begegnen uns die Symptome der wilden und der stillen Wutkrankheit wieder in den Tollwut-Impfschäden.

Immer wenn wir z. B. bei Menschen und Tieren auf eine unbändige Wut stoßen, was an die wilde Wut erinnert, weist dies auf eine Lyssavirus-Impfbelastung hin. Anders als bei der reinen Tollwut geht diese Belastung zwar nicht mit Schaum vor dem Mund einher (infolge übermäßiger Speichelbildung, kombiniert mit Rachenlähmung), aber auch bei der Impftoxin-Belastung finden wir eine vermehrte Bildung von Körperflüssigkeiten (z. B. viel Speichel, Schweiß, Schleim und Harn sowie Neigung zum Durchfall) und nicht selten gelegentliche Schluckstörungen.

An Hand eines Fallbeispiels beschreibe ich nun näher, wie ein solches Tollwut-Impfkrankheitsbild in der ausgeprägten Form der wilden Wut aussehen kann, bevor ich in dem nächsten Fallbeispiel die Merkmale der stillen Wut skizziere:

Fallbeispiel 1: Kind mit Anfälligkeit  für Infekte und starkem Durchfall

Ein Schulanfänger, der kaum eine infektfreie Zeit kannte, bekam einen Atemwegsinfekt nach dem anderen. Außerdem litt er unter reichlichen Absonderungen (selbst Augen und Ohren waren verklebt) und dauerhaftem Reizhusten. Er schwitzte schnell in bestimmten Körperregionen und neigte zu häufigem Harndrang und lang anhaltendem, ungewöhnlich starken Durchfall bei dem geringsten Diätfehler.

Bei Nichtigkeiten oder um Aufmerksamkeit zu erhalten, fing er gleich zu jammern an und vergoss viele Tränen. Durch seine mangelnde Distanz gegenüber Menschen und Tieren, sein grobes, körperlich aufdringliches bis verletzendes Verhalten (er haute z. B. gern mit einem Stock herum), geriet er häufig in Konflikte. Bezeichnend für die wilde Tollwut, fühlte er sich häufig aus heiterem Himmel grundlos beleidigt und angegriffen und regte sich dermaßen auf, dass er nicht selten einen Tobsuchtsanfall bekam.

Seine Gefühllosigkeit, Unzufriedenheit, sein ständiges, wortreiches Klagen und seine negative Sichtweise, Unruhe und aggressiven Tendenzen (Zwanghaftigkeit, Wildheit, unbändige Zornausbrüche mit Zerstörungsattacken und gelegentlich anschließender Reue) zeugten also von einer Tollwutbelastung. Andere Hinweise auf diese Belastung sowie auf Lyssinum als benötigte Arznei konnte ich bei näherem Hinsehen ebenfalls in seinem Verhalten entdecken:

  • Hydrophobie ( = Furcht vor Wasser, was Lyssinum, das auch Hydrophobium heißt, diesen Namen gegeben hat) sowie Furcht vor glänzenden Oberflächen
  • Würgereiz, Verschlucken
  • Überempfindliche Reaktion auf Geräusche und Sonnenlicht im Wechsel mit geschärfter, außergewöhnlicher Sinneswahrnehmung von äußeren Reizen
  • Angst, Furcht vor Krankheit, Schlaflosigkeit und stundenlanges, oft nächtliches Heulen bei den kleinsten Anzeichen einer Erkrankung wie z. B. Durchfall
  • Schnelle geistige und evtl. körperliche Erschöpfung, Mangel an Konzentration und dauerhaftem Interesse, Gedächtnisschwäche und Geistesabwesenheit; ständiger Versuch, sich abzulenken, ins Unbewusste abzugleiten und Vermeiden von geistiger Anstrengung und Bewusstheit
  • Atemnot, Schnappen nach Luft
  • Hautausschläge, -allergien, Schuppenflechte
  • Zittern, Beben, Zucken, Spasmen; nervöses Klopfen im Bauch
  • Aufgetriebener Bauch, empfindlicher, kollernder Magen (vor allem bei Durchfall)
  • Heftige Schmerzen an körperlichen Schwachstellen.

Diese Symptome, die ebenfalls für den Einsatz von Lyssinum sprechen, habe ich bei diesem Kind, wie auch bei anderen, jungen Menschen nicht bemerkt, aber in fortgeschrittenen Krankheitsprozessen bei älteren Personen:

  • Bewegungsapparat-, Muskel – und neurologische Beschwerden, entzündete Gelenke
  • Entzündung der peripheren (außerhalb von Gehirn und Rückenmark gelegenen) Nerven.

Als ich dieses Kind vor einigen Jahren behandelte, war mir Lyssinum noch nicht vertraut. Mit den Homöopathika, die ich ihm verordnete, konnte ich u. a. seine Mittelohrentzündung und seinen ständigen Husten, vor allem nachts, kurieren. Ich verordnete ihm u. a. Luesinum, das zu seiner tief verwurzelten, negativen Sichtweise und einem großen Teil seiner geistigen und psychischen Symptome passte, doch ohne Lyssinum konnte ich auf Dauer nicht regulierend auf sein schwer zu ertragendes Verhalten und seine verschiedenen, übermäßigen Ausscheidungen einwirken.

Wenn es für beide homöopathischen Nosoden klare, symptomatische Hinweise gibt, sollten auch beide eingesetzt werden, da sie sich dann gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken – siehe auch den nächsten Fall:

Fallbeispiel 2: Jugendliche mit starker Schweißbildung und Lernschwäche (gekürzt)

Einer Jugendlichen war es – laut Aussage ihrer Mutter- sehr unangenehm, dass sie so stark an Achseln und Händen schwitzte, dass sie sich immer wieder den Schweiß von den Händen abstreifen musste. Zum Glück schien sie ihren Körpergeruch nicht zu bemerken. Außerdem erkrankte sie regelmäßig an Mandelentzündungen mit Lymphdrüsenschwellungen an Hals und Nacken.

Kennzeichnend für die stille, paralytische (gelähmte) Form der Tollwut, litt sie unter einer geistigen Verarbeitungsschwäche. Sie schaffte es kaum, einen neuen Gedanken, selbst einen einfachen Satz, zu wiederholen.

Entweder blieb sie stumm oder stockte nach ein, zwei Worten und kam nicht mehr weiter, wirkte geistig teils blockiert, teils verwirrt oder abgelenkt. Generell machte sie einen übervorsichtigen bis ängstlichen, nervösen und angespannten Eindruck, neigte zu Misstrauen und negativer Sichtweise (was auch auf Luesinum hinweist), und verhielt sich sehr zurückhaltend und möglichst unauffällig anderen gegenüber. Ihre körperlichen und geistig-psychischen Symptome wiesen also auf die stille Form der Tollwut hin, was sich durch das gute Ansprechen auf Lyssinum bestätigte:

Durch Lyssinum – alle 2-3 Tage 1 Globulus zunächst in der Anfangspotenz C 200 – zusätzlich zu anderen Nosoden (vor allem Luesinum, täglich 1 G in derselben Anfangspotenz) eingenommen, verschwanden der lästige Schweiß und Körpergeruch, erholten sich ihre Abwehrkräfte und löste sich die Denkblockade auf, wenngleich ihre Wissenslücken noch geschlossen werden mussten.

Außerdem wirkte sie auf einmal freier und unbeschwerter, öffnete sich gegenüber Außenstehenden und nahm von sich aus Kontakt zu Schulkameradinnen auf. Sie begann, die ihre Persönlichkeitsentwicklung hemmenden Zwänge und Ängste sowie Misstrauen und Resignation zu überwinden und ihre zuvor blockierten geistigen und sozialen Fähigkeiten zu entfalten.

Gemeinsamkeiten in beiden Fällen

In diesem, wie in dem zuvor beschriebenen Fall trat eine übermäßige, kräftezehrende Ausscheidung von Körperflüssigkeiten auf und eine ausgeprägte Sturheit und Inflexibilität, die einen Außenstehenden, der den beiden nichts mit Gewalt aufzwingen wollte, dazu nötigte, sich nach ihnen zu richten, sowie eine Überempfindlichkeit gegenüber äußeren Reizen.

Ihr Starrsinn äußerte sich bei beiden in der stark eingeschränkten Fähigkeit, hinzuzulernen, neuen Stoff aufzunehmen und sich geistig und sozial weiter zu entwickeln.

Fallbeispiel 3: Hund mit Anpassungsschwierigkeiten

Ein überaktiver, häufig bellender, ängstlicher Hund, teils aggressiv, teils unterwürfig, der in einer Familie mit älteren Kindern gerade noch zu ertragen gewesen war, konnte trotz intensiven Bemühens nicht davon abgebracht werden, das kleine, neu hinzugekommene Geschwisterchen kratzen und beißen zu wollen.

Außerdem reagierte er auffallend erschrocken und erregt auf äußere Reize, vor allem auf Geräusche und Licht. In den hartnäckig sich haltenden Symptomen spiegelte sich auch hier die wilde Wut – in abgeschwächter Form – wider, die sich mit Lyssinum und weiteren, zusätzlichen Nosoden in den Griff bekommen lässt. 

Wirkungsweise von Lyssinum

Je ausgeprägter die beharrlich fortbestehenden Symptome, wie z. B. Neigung zu Aggression, Atemwegsinfekt, Schwitzen, Diarrhoe, Muskel- und Gelenkbeschwerden, Rheuma oder nicht heilen wollende Infekte oder Wunden, sind, die den Einsatz von Lyssinum erfordern, desto länger muss Lyssinum eingenommen werden, oft ein paar Jahre lang.

Setzt man es zu früh wieder ab, treten – trotz anfänglicher Besserung oder Abklingen der Symptome – die alten Beschwerden wieder auf. Dasselbe gilt auch für den Fall, dass man es zu häufig, mehr als 2-3 mal wöchentlich, einnimmt, da es erst langsam seine Wirkung aufbaut und der Heilungsprozess hierdurch abgebremst würde.

Wenn Lyssinum nach einer lang bestehenden Heilungsblockade endlich einen Fortschritt bewirkt, können im Laufe des Heilungsprozesses lauter alte Symptome wieder zum Vorschein kommen, bevor sie abklingen und die Selbstheilungskräfte immer besser ihre Funktion wieder erfüllen – ein Beleg für seine tiefgreifende und gründliche Wirkung.

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