Kreditkarte und 3-D-Secure-Verfahren: Vorsicht Haftungsfalle!

Immerhin etwa 28 Prozent der Deutschen nutzen beim Einkaufen im Internet ihre Kreditkarte. Doch die vermeintliche Freiheit ruft auch Kriminelle auf den Plan. Deshalb wurde das 3-D-Secure-Verfahren entwickelt. Es bietet einige Schutzfunktionen. Aber in Haftungsfragen könnte sich die Neuerung für die Kunden der Kreditkartenanbieter als Nachteil erweisen.

Wann der Anscheinsbeweis angewendet wird

Bisher haben Sie bei Transaktionen, bei denen Sie Ihre Kreditkarte benutzt haben, Ihre Kreditkartennummer mit Prüfziffer angegeben. Kam es zu unautorisierten Abbuchungen, lag die Beweislast bei der Bank, dass der Kunde sich grob fahrlässig verhalten hatte. Durch das 3-D-Secure-Verfahren könnte sich das zu Lasten der Kunden verschieben.

Eine ausdrückliche Haftung von Kreditkartennutzern, ohne dass im Einzelfall nachgewiesen werden muss, dass sie ein Verschulden trifft, wenden die deutschen Banken und Sparkassen zwar nicht an. Eine entsprechende Erklärung gaben sie gegenüber der Internetseite test.de ab. Dies gilt jedoch nicht für alle ausländischen Geldinstitute.

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Es liegt noch keine gerichtliche Beurteilung vor

Dennoch könnten die Sicherheitsvorkehrungen des neuen Verfahrens sehr hoch gewichtet werden. Der Kreditkartenmissbrauch trotz des neuen Sicherheitssystems müsste im Zuge der vom Bundesgerichtshof (BGH) geforderten Einzelfallprüfung bewertet werden. Dabei muss die Bank darlegen, ob ein für den Anscheinsbeweis "typischer Geschehensablauf" vorliegt (BGH, Az. XI ZR 210/03).

Der Kunde müsste dies wieder entkräften. So könnten Gerichte zu dem Schluss kommen, dass nur aufgrund grober Fahrlässigkeit des Kunden eine nicht-autorisierte Transaktion stattgefunden habe, da die richtige Kennzahl eingegeben worden sei. Das zusätzliche Kennwort könnte also einen Anscheinsbeweis stärken, sodass die Bank davon ausgehen könnte, dass der Betrüger nur durch Ihre absichtliche oder grob fahrlässige Mitwirkung einen Zugriff erhalten konnte. Die Beweislast läge damit wieder bei Ihnen, dem Kreditkartennutzer.

Außerdem erhöht jedes zusätzliche sichere Kennwort, dass ein Nutzer sich merken soll, die Versuchung und damit die Gefahr, sich Notizen zu machen. Bewahren Sie jedoch Kennwort und Karte gemeinsam auf, haften Sie wegen grober Fahrlässigkeit, falls Ihnen die Karte gestohlen wird und es infolgedessen zu unautorisierten Abbuchungen kommt (so urteilte der Bundesgerichtshof, Az. XI ZR 210/03).

Einmal "abgeschickten" Kreditkartenzahlungen können Sie jedoch nicht mehr widersprechen. Sie können also gegen die Kreditkartenbelastung selbst dann nichts mehr unternehmen, wenn Ihr Konto noch nicht belastet worden ist. In diesem Sinne urteilte auch der Bundesgerichtshof (BGH Az. XI ZR 420/01).

3-D-Secure-Verfahren im Urteil der Verbraucherschützer

Die Stiftung Warentest riet ihren Lesern deswegen noch im Mai 2011 von der Nutzung des Sicherheitssystems ab. Allerdings beeilten sich die Banken- und Sparkassenverbände gegenüber test.de zuzusichern, dass Kunden "Zahlungen, die sie nicht veranlasst haben, wie bisher melden" können. Zahlen sollen die Kunden wie bisher nicht, "wenn ihnen kein Verschulden nachzuweisen ist."

Daher revidierten die Warentester wenige Tage später zumindest teilweise ihr Urteil: "Bei Kreditkarten deutscher Banken und Sparkassen können Sie sich bedenkenlos für ‚Mastercard SecureCode‘ oder ‚Verified by Visa‘ anmelden."

Die Verbraucherzentrale NRW gab sich gegenüber dem Kölner Stadtanzeige skeptischer, nachdem sich immer noch einzelne ausländische Geldinstitute auf den Anscheinsbeweis berufen. Man könne das neue Verfahren nicht unterstützen, „bis sämtliche Zweifel an der Sicherheit des Systems und der Haftungslage ausgeräumt sind“ (Quelle: Kölner Stadtanzeiger, 14. Mai 2012, S. 38).

Fazit der experto.de-Redaktion: Die inländischen Banken haben eine ausdrückliche Beweislastumkehr zurückgewiesen, also eine Haftungsverschlechterung für Kunden. Allerdings sind Erklärungen gegenüber der Stiftung Warentest nicht bindend. Zudem gibt es noch keine Erfahrungen aus der Rechtspraxis, wie sich das zusätzliche Kennwort auf die Prüfung des Verschuldens im Einzelfall auswirkt. Wie die Verbraucherzentrale NRW meint die experto.de-Redaktion daher, dass Verbraucher auf das neue Verfahren besser verzichten sollten (wenn möglich).