Kommunikation und Konfliktmanagement in der Beziehung

Wir werfen einen Blick auf das Konfliktmanagement bei Alltagsproblemen und darauf, wie Partner einen Konflikt in der Beziehung gestalten. Wir betrachten fehlerhafte und oft unreflektierte Konflikterledigung in einer Partnerschaftsbeziehung unter Berücksichtigung der Entwicklungspsychologie, diesmal der Entwicklung im fünften und sechsten Lebensjahr.

In dieser Zeit erwachen sexuelle Gedanken, Gefühle und Phantasien. Es wird auch für den Laien erkennbar, dass die sexuelle Komponente des Lebens für das Kind bedeutsam wird, die kindliche Kommunikation weitgehend dadurch eingefärbt wird. Es wird entsprechend neugierig, entwickelt eigene Sexualphantasien und erkundet seinen Körper unter diesem Gesichtspunkt ganz bewusst.

Diese "infantilen Sexualphantasien" können unter bestimmten Voraussetzungen bis in die Erwachsenenzeit erhalten bleiben und so Sexualität und Erotik stören. Dies sind jedoch nicht die einzigen Komplikationsmöglichkeiten, die ein gekonntes Konfliktmanagement durch die Eltern erfordern. Störungen in dieser Zeit beschäftigen uns immer wieder in der Paartherapie.

Deshalb will ich Ihnen, bevor wir uns jedoch mit diesem konkreten Lebensabschnitt näher befassen, die psychosexuelle Entwicklung des Menschen, wie sie die Psychoanalyse sieht, schildern.

Kommunikation, Paartherapie und Konfliktmanagement – Ödipale Phase
In dieser Zeit, die auch die Zeit der "ersten phantasierten Ehe" genannt wird, entwickelt das Kind mehr oder weniger reife erotische Gefühle, die es bevorzugt an den Eltern, jedoch auch an Geschwistern, oder anderen Personen seiner Umgebung festmacht.

Sie prägen die Kommunikation nicht nur in der Familie, machen es den Beteiligten nicht immer ganz leicht, fordern viel Verständnis von den Eltern und auch eigene Reife und die Fähigkeit eines funktionierenden Konfliktmanagements. Muss man doch die Wünsche des Kindes in die richtigen Bahnen lenken, ohne zu verletzen oder zu beschämen.

Kommunikation, Paartherapie, Konfliktmanagement und psychosexuelle Entwicklung – warum an dieser Stelle?
In dieser Zeit der Entwicklung trifft alles zusammen, es findet eine weitere Verquickung von sozialer, sexueller und erotischer Entwicklung statt. Die Kommunikation ist entsprechend kompliziert, das Konfliktmanagement erfordert von den Eltern großes Verständnis, soll eine ungestörte Entwicklung stattfinden. Nur bei einem gekonnten Konfliktmanagement in der Familie, erfolgt eine Reifung der Sexualität mit anschließendem Übergang in die "Latenzperiode".

Die verschiedenen Phasen der Entwicklung laufen nicht immer komplikationslos ab; es bleiben möglicherweise Akzentuierungen, die die weitere sexuelle und erotische Entwicklung im fünften und sechsten Lebensjahr ungünstig beeinflussen. Betroffen sein können Sexualpraktiken, die Wahl des Sexualpartners. Sexualängste können die Folge sein, ebenso wie die Sexualziele nicht denen der allgemeinen psychischen Reifung entsprechen.

Aber auch die soziale Entwicklung erfährt möglicherweise eine ungünstige Prägung mit dem Auftreten von Anklammern, Unterdrücken, Unterwerfen, Erobern, aber auch dem Zwang zu Dauerstreitereien. Das sind die Erfahrungen, die man in der Paartherapie immer wieder machen muss. Aus diesem Grunde lassen Sie uns diese Phasenlehre kurz betrachten.

Kommunikation, Paartherapie und Konfliktmanagement Psychoanalytische Phasenlehre
In ihr erfolgt eine Einteilung in bestimmte Phasen, die eine jeweils spezifische Kommunikation und dem dazu passenden Konfliktmanagement erkennen lassen. Diese Zuordnungen treten oft in spezifischer Weise bei den Konflikten Erwachsener in der Paartherapie wieder auf.

  • So gibt es die orale Phase, die sich von der Geburt bis zum Ende des ersten Lebensjahres erstreckt.
  • Die nächste Phase wird anal-sadistische Phase genannt, die vom zweiten bis vierten Lebensjahr dauert.
  • Daran schließt sich die ödipale Phase an, die das fünfte und sechste Lebensjahr umfasst. Schauen wir etwas genauer hin.

Kommunikation, Paartherapie und Konfliktmanagement – Orale Phase
Das lustspendende Organ ist der Mund, die Nahrungsaufnahme dient unter anderem bevorzugt dem Lustgewinn. Assoziiert zu dieser Zeit findet sich eine typische Kommunikation: Das ist die Aufnahme der Welt und der Objekte nach dem Muster des Essens, deshalb auch "kannibalistische Phase" genannt.

Entsprechend sieht das kindliche Konfliktmanagement aus. Das ist, bleibt es erhalten entwicklungshemmend und wirkt sich später bei den nicht ausbleibenden Konflikten recht negativ aus.

Alles was angeboten wird, wird kritiklos aufgenommen und "einverleibt", also kritiklos gelernt und geglaubt. Bei fehlenden Störungen während der Schwangerschaft und den ersten Monaten der Entwicklung nach der Geburt entsteht unverbrüchliches Vertrauen an die Welt und die Personen dieser Welt. Zu dieser Zeit entwickeln sich spezifische Grundgefühle, Beziehungsmuster und Denkformen.

Aber zurück zur "Libidoentwicklung". Bei Schwierigkeiten kann die Beziehung zu anderen Menschen nachhaltig gestört werden, sodass nicht nur sexuelle und erotische Besonderheiten auftreten können, sondern auch solche der Sozialbeziehungen allgemein. Im erotischen Bereich kann die Lustbefriedigung auf "orale" Vorgänge fokussiert sein, wie beispielsweise Nahrungsaufnahme, aber auch entsprechende Sexualpraktiken.

Im sozialen Bereich können unter anderem reflektorisches Misstrauen, aber auch anklammern an den Partner die Folge sein. Das macht ein gekonntes Konfliktmanagement sehr schwer. Ein weites Feld für die Paartherapie.

Kommunikation, Paartherapie und Konfliktmanagement – Anale Phase
Der Kot wird nun zum lustspendenden Objekt, die Analregion besonders lustbetont, zugleich auch "Kampfort" um Autonomie. In diese Zeit fallen bestimmte neue Denk- Gefühls- und Verhaltensweisen, die nicht nur den späteren Umgang mit der Sexualität, sondern das gesamte Sozialverhalten beeinflussen, also die Kommunikation ebenso wie das Konfliktmanagement.

Die Beziehung zur Welt ist gekennzeichnet durch Macht- und Ohnmachtgefühle. Trotz und Unterwerfung sind die beiden Extremvarianten des Ausgangs dieser Zeit. Misstrauen bestimmt mehr oder weniger die Beziehungen zu den anderen Menschen.
Es ist leicht einzusehen, dass die Bewältigung von dem Verhalten der Umwelt, in der Regel der Eltern, aber nicht nur von diesen abhängt, denn in dieser Zeit lebt das Kind meistens schon in  verschiedenen Welten mit unterschiedlichen Bezugspersonen.

Wird diese Kampfarena ohne größere Schäden verlassen, verliert sich auch das Misstrauen und schafft neutralen Gefühlen Raum, die eine sachliche, differenziertere, aber auch freundliche Einschätzung möglich machen. Diese Zeit prägt je nach Ablauf die Weltwahrnehmung und die Art der Gestaltung sozialer Beziehungen.

Bleiben Störungen zurück, wird sowohl die Sexualität von "analen" Wünschen und Bedürfnissen geprägt, auch die Partnerbeziehung gestaltet sich nach den Kernkonflikten in dieser Zeit, wie unreifes Zanken, Machtansprüche an den Partner, Unterwerfungsneigung und noch so einiges mehr. Im Laufe unserer Betrachtungen, die auf meinen Erfahrungen mit der Paartherapie beruhen, werden Ihnen einige Beispiele dafür vorgeführt werden.

Diese Phantasien müssen aus sozialen und biologischen Gegebenheiten natürlich scheitern. Je nach der Art, wie die Umgebung mit diesen Gefühlen umgeht, wird diese Enttäuschung mehr oder weniger gut verarbeitet, im Extremfall überhaupt nicht und kann zu massiven Problemen in der Erwachsenenzeit führen. Aber auch weniger massive Störungen nehmen Einfluss auf die Qualität, gegebenenfalls auch die Quantität der erwachsenen partnerschaftlichen Beziehungen.

So gibt es Einflussnahmen auf das sexuelle, beziehungsweise erotische Empfinden, die Triebstärke, die Fähigkeit, Liebe und Sexualität als etwas Zusammengehöriges zu erleben, als auch die besonderen sexuellen Vorlieben. Man denke nur an die verschiedenen Formen praktizierter Sexualität, die von der klassischen Form des sexuellen Vollzugs abweichen und die früher mit dem unglücklichen Begriff "pervers" gekennzeichnet wurden.

Gemeint ist in diesem Zusammenhang die Situation, dass der normale sexuelle Vorgang durch "prägenitale" Techniken voll ersetzt wird. Ein Beispiel von vielen ist der Voyeur. All diese Dinge finden sich in der Paartherapie als Ursache oder mit beeinflussenden Faktoren der Konflikte wieder.

Andererseits können auch bestimmte Formen der "Liebesunfähigkeit" entstehen – nicht zu verwechseln mit Sexualstörungen, die natürlich auch während dieser Zeit entstehen, jedoch auch andere Ursachen haben können. Störungen der Liebesfähigkeit können ihre Ursachen in Bindungsunfähigkeit, Angst vor dem Partner, die sich aus früheren Zeiten speist, aber auch dem inneren Zwang heraus, bestimmte unerledigte Konflikte aus früherer Zeit am Partner wiederholen zu müssen, um nur einige Möglichkeiten anzudeuten.

In dieser Zeit wird nun nicht mehr alles geglaubt, um beim Modell des Essens zu bleiben, wir "verleiben" uns das ein, was der andere anbietet (sagt), probieren, ob es schmeckt, wenn ja, wird es geschluckt (geglaubt), sonst ausgespuckt (abgelehnt). Verständlicherweise sind so unser Verhalten und die Einschätzung unserer Welt wesentlich realistischer geworden.

Kommunikation, Paartherapie und Konfliktmanagement – mögliche Probleme
Während dieser Zeit treten akzentuiert Probleme bei Kommunikation und Konfliktmanagement auf, die zu den aufgezählten Problemen führen können. Einige davon sind

  • Sexualangst, bremst oder verbiegt die Kommunikation zwischen den Geschlechtern
  • Autoritätsangst, macht typische Probleme bei der Kommunikation
  • Geschwisterrivalitätsangst, bringt Zank und Streit in die Kommunikation
  • Ungelöste Konflikte mit einem der Elternteil oder beiden formt das Verhalten in der Erwachsenenzeit recht ungünstig.
  • Soziale Probleme durch fehlenden Kindergartenbesuch
  • Soziale Probleme durch Erziehungsfehler im Kindergarten, oder bei der Pflegemutter

Es ist einsehbar, dass diese Ängste und die sie verursachenden Verletzungen in der Kindheit, ebenso wie die Reifungsstörungen oder Reifungsverzögerungen massiv die Kommunikation in der Partnerschaft, ja auch schon der Partnerwahl störend beeinflussen. Wir werden dies an verschiedenen Beispielen aus der Paartherapie erkennen und vielleicht auch selbst etwas nachdenklich werden.

Ich denke, ich habe Ihnen zeigen können, wie vielfältig die normale Entwicklung modifiziert sein kann. Sie können sich vorstellen, dass diese Akzentuierungen unter Umständen eine Partnerschaft doch erheblich stören können. Den Betroffenen fallen diese Akzentuierungen nicht auf, für uns werden sie offensichtlich werden. Zur Vertiefung dieses Themas empfehle ich Ihnen mein Buch: "Das Ego Projekt – Baustelle Charakter".

Es wäre natürlich verhängnisvoll, die Wurzel allen Übels in der Kindheit zu suchen – es gibt noch viele andere schreckliche Dinge, die auf unsere Entwicklung Einfluss nehmen können. Denken wir nur an die vielen möglichen traumatischen Erfahrungen, die ein Mensch machen muss. Dennoch sollten wir diese entwicklungsbedingten Störungsmöglichkeiten nicht aus dem Auge verlieren.