Jedes Kind kann schlafen lernen – muss es das auch?

Und? Schläft es schon durch? Eine der häufigsten Fragen bereitet so mancher jungen Mutter Sorgen und zusätzliche "schlaflose Nächte". Sollte mein Baby schon durchschlafen? Verwöhne ich es, wenn ich es nachts immer wieder stille? Schadet es dem Baby sogar, wenn es nachts bei mir im Bett schläft? Soll ich ein Schlaflernprogramm anwenden, damit es endlich schlafen lernt?

Zeit zum Aufatmen! Nein, es schadet dem Baby nicht, wenn es im Elternbett schläft, solange man gewisse Vorsichtsmaßnahmen einhält. Und nein, es muss auch mit 6 Monaten (oder einem Jahr oder auch älter) noch nicht durchschlafen. Und nein, ein Baby kann durch „zu viel“ Stillen nicht verwöhnt werden.

Stillen fördert das Kind in seiner gesundheitlichen und geistigen Entwicklung. Je mehr und länger, desto besser. Und nein, Ihr Kind muss nicht erst durch dosiertes Schreien lassen schlafen lernen. Es kann bereits schlafen – wenn seine Bedürfnisse befriedigt werden.

Jedes Kind kann Schlafen lernen – ein Bestseller für junge Eltern

Jedes Kind kann Schlafen lernen ist ein Ratgeber, in dem Eltern dazu angehalten werden, ihr Baby alleine in ein Bett in ein eigenes Zimmer zu legen und, wenn nötig, dosiert schreien zu lassen, bis es von alleine einschläft.

Tausende Mütter und Väter haben dieses Programm mit ihren Babys oder Kindern „durchgezogen“ und sind begeistert. Endlich schläft mein Baby von ganz alleine ein und auch durch. Endlich bekomme ich den Schlaf, den ich brauche. Doch ist es für das Baby auch die besser Wahl?

Schlafen aus evolutionsbiologischer Sicht

Betrachtet man die Evolution und geschichtliche Quellen, so kann man davon ausgehen, dass Babys noch nicht sehr lange alleine schlafen müssen. Das instinktive Verhalten des Babys zeigt ebenfalls in diese Richtung: Ein Baby benötigt die Nähe der Mutter, möchte häufig an der Brust trinken und fängt an zu schreien, wenn es länger alleine herumliegt – vor allem in der Nacht. Dies können zumindest die meisten Mütter kleiner Babys bestätigen.

Steinzeit Babys mussten nicht schlafen lernen

Dieses Verhalten ist genetisch vererbt und nicht angelernt. Man kann sich gut vorstellen, dass alle Babys, die in der Steinzeit irgendwo schlafend herumlagen, von wilden Tieren gefressen wurden oder erfroren oder verdurstet sind. Nur die, die von ihren Müttern immer mitgenommen wurden, überlebten.

Somit ist deutlich, dass nur die „unruhigen“ Babys, die geschrien haben, sobald man sie alleine zurückließ, überlebt haben und dies nun die genetische Basis unseres Schlafverhaltens bildet. Auch der Nährstoffgehalt der menschlichen Muttermilch (nur 6-8% Fett) legt den Schluss nahe, dass das menschliche Baby im Gegensatz zum Kaninchen oder Reh häufig gestillt werden muss, auch nachts.

Fazit: Schlafen lernen und Schlafprobleme bei Babys sind eine Erfindung unserer Gesellschaft. Aus evolutionsbiologischer Sicht ist das Durchschlafen weder gesund noch wünschenswert. Babys, die nachts gestillt werden, sind gesünder und werden zufriedenere und stressresistentere Kinder und Erwachsene. Und das Bedürfnis nach nächtlicher Nähe hält das ganze Leben über an. Oder warum schlafen Sie mit ihrem Partner in einem Bett?

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