iPad als Klavierlehrer: Klavier spielen lernen mit kostenlosen Apps

Dass Klavier spielen auf dem iPad sogar auf Konzertniveau geht, bewies der chinesische Pianist Lang Lang auf einem Konzert mit dem Hummelflug. Klavier spielen lernen sollten Sie jedoch auf einem Klavier und nicht auf einem Touchscreen. Dabei helfen Ihnen tolle, kostenlose Apps, die Ihnen die Notenblätter automatisch umblättern, den Takt per digitalem Metronom vorgeben und Ihr Klavierspiel aufzeichnen.

Wie Ihnen kostenlose Apps das Üben am Klavier oder Keyboard erleichtern

Sie haben es bestimmt schon einmal auf einem Konzert gesehen: Spielt ein Pianist nicht auswendig auf dem Klavier, sitzt jemand neben ihm und blättert die Noten um. Notenblätter zu verwalten, ist auch so eine Sache für sich.

Sie können Ihre Noten stattdessen einscannen und in einer PDF-Datei abspeichern und dann auf Ihr iPad übertragen. So haben Sie dann dort alle Noten griffbereit und können die Noten per Geste umblättern. Das geht schneller und sicherer als bei Notenblättern, die auch schon einmal herunterfallen oder wegwehen.

Der Nachteil: Das iPad stellt nur eine DIN A4-Seite ausreichend groß dar, auf der Ablage des Klaviers können Sie jedoch mehrere Notenblätter nebeneinander ablegen. Sie müssen also nach jeder Seite umblättern, was gerade Klavieranfänger im Spielfluss empfindlich stören kann.

Spezielle Apps schaffen hier Abhilfe. Diese Apps bieten Zugriff auf Musik-Shops mit tausenden von Musikstücken für das Klavier, zeigen die Noten an und spielen diese auch ab, wobei die zu drückenden Tasten für die linke und rechte Hand wahlweise angezeigt werden.

Damit Sie beim Klavier spielen im Takt bleiben, lässt sich ein digitales Metronom zuschalten oder die Geschwindigkeit Ihrem Tempo anpassen und mit der Übung steigern. In diesem Artikel werden die Apps Etude und Tonara vorgestellt. Welche Apps sich zum direkten Klavier spielen auf dem iPad eignen, wird der Autor in einem weiteren Artikel vorstellen.

Klavier spielen auf einem "Steinway iPad" mit der kostenlosen App Etude

Die Firma Steinway stellt seit 1853 hochwertige Flügel und Klaviere her, die wohl jedem Musikliebhaber und insbesondere Klavierspieler ein Begriff sind: "Es ist ein Privileg und eine Ehre, auf einem Steinway zu spielen", heißt es dazu treffend auf der Homepage des Unternehmens.

Den Preis für einen Steinway-Flügel kann nicht jeder erübrigen, der Platz dafür ist auch nicht immer vorhanden, aber jeder iPad-Nutzer kann mit der kostenlosen App "Etude" mit einem Steinway-Programm Klavier spielen üben und wird dann eines Tages vielleicht auch auf einer Bühne die Ehre und das Vergnügen haben, auf einem echten Steinway zu spielen.

Viele kostenlose Noten im Angebot des Etude-Musik-Shops

Etude sieht zunächst aus wie "iBooks" oder "Zeitungskiosk", denn es wird ein Buchregal mit den geladenen Noten angezeigt. Die Schaltfläche "Store" führt zu einem Musik-Shop, in dem die Noten käuflich erworben werden können, der Preis liegt meist bei 2,39 €.

Es gibt jedoch auch ein sehr großes Angebot kostenloser Klassiker wie Weihnachtslieder und klassische Stücke von Amadeus Mozart, Johann Sebastian Bach und Ludwig van Beethoven.

Auch Stücke bekannter amerikanischer Komponisten wie Scott Joplin gehören dazu, also etwa "The Entertainer". Die meisten Musikstücke haben englische Titel, jedoch finden Sie auch vereinzelt über den deutschen Titel das Gesuchte, etwa mit der Suche nach "Für Elise".

Vor dem Kauf oder dem bei Public Domain kostenlosen Download bietet der Store eine 30-Sekunden-Vorschau an. Sie sehen daher vorher, wie die Noten gesetzt sind und können so den Kauf von Noten vermeiden, die Sie nachher beim derzeitigen Übungsstand überfordern.

Klavier spielen lernen mit Etude – die Bedienung und Einstellungen

Haben Sie Noten in Ihrer "Library", also der Musik-Bibliothek von Etude, klicken Sie auf das gewünschte Stück und bekommen dann die Noten und darunter die Klaviatur angezeigt.

Über die Einstellungen geben Sie die gewünschte Geschwindigkeit von 1/4x bis 2x vor und mit welcher Hand Sie üben möchten. In den Noten lässt sich durch einen blauen und roten Hintergrund anzeigen, welche Noten Sie mit welchen Händen spielen.

Etude enthält einen Player für die Noten. Starten Sie diesen, wird das Musikstück abgespielt und unten auf der Klaviatur angezeigt, welche Tasten, welcher Hand Sie drücken müssen. Gehen Sie zum Üben wie folgt vor:

  1. Spielen Sie das Stück zunächst in normaler Geschwindigkeit ab, um erst einmal zu hören, wie es klingen soll. Zum Üben stellen Sie die Lautstärke herunter oder regeln diese auf Null.
  2. Dann üben Sie zunächst mit der rechten Hand und 1/4-Geschwindigkeit. Sitzen die Noten, steigern Sie die Geschwindigkeit bis auf das Zweifache.
  3. Üben Sie nun ebenso das Spielen mit der linken Hand, dann mit beiden Händen.
  4. Beherrschen Sie das Stück, können Sie für das Üben die Klaviatur ausblenden und sehen dann das reine Notenblatt. Entweder der Player blättert automatisch um oder Sie machen dies per Geste.

Als Besonderheit zeigt Etude die Noten als Notenrolle eines automatischen Klaviers aus 20. Jahrhundert an. Diese für das Klavier spielen eher ungewöhnliche Art der Darstellung kann vielleicht Hilfestellung dabei geben, wie lange die Töne zu halten sind. Der Autor hat abgesehen vom visuellen Reiz der Darstellung allerdings noch keinen großen Nutzen dafür gefunden.

Tonara hört Ihnen beim Klavierspielen zu

Die Alternative zu Etude ist die ebenfalls kostenlos angebotene App "Tonara" von Tonara Ltd. Auch hier ist ein Musik-Shop für die Noten angebunden. Die Preise reichen von 0,79 Euro bis 2,39 Euro, für das Klavier werden nach Auswahl von "Piano" hauptsächlich klassische Stücke angeboten. Bei Etude sind klassische Stücke überwiegend kostenlos, bei Tonara sollen Sie trotz Public-Domain-Status dafür bezahlen.

Spielen Sie nur Klassik, werden Sie bei Tonara ein ausreichendes Musikangebot finden, moderne Musik suchen Sie hier jedoch vergeblich. Es wird nur ein Bruchteil der Noten des Musik-Shops von Etude angeboten. Was sehr schade ist, denn Tonara hat interessante Funktionen.

Sie können hier ein digitales Metronom zuschalten, das in einem Bereich von 40 bis 208 Schlägen pro Minute einstellbar ist. Die Schläge lassen sich wahlweise visuell durch einen pulsierenden Punkt darstellen und wie vom mechanischen Metronom her gewohnt auch zusätzlich hörbar.

Eine rote Markierung zeigt wahlweise die aktuelle Position in den Noten an. Das Besondere bei Tonara ist dabei, dass Ihnen die App beim Spielen zuhört und die Markierung Ihrem Spiel folgt. Sie bestimmen also durch Ihr Spieltempo den Ablauf und nicht umgekehrt wie bei Etude. Starten Sie gerade mit dem Klavier spielen oder beginnen mit einem neuen Stück, kann das sehr hilfreich sein.

Tonara Magic verfolgt Ihr Klavierspiel und blättert automatisch die Seiten um

Diese als "Tonara Magic" bezeichnete Funktion blättert auch automatisch die Seiten um, wenn Sie am Ende des Notenblatts angekommen sind. Sie können einstellen, wie viele Takte vorher das passiert. Spielen Sie allerdings nicht exakt, was beim Üben völlig normal ist, kann Tonara auch schon einmal unbeabsichtigt die nächste Seite aufschlagen.

Tonara Magic ist abschaltbar und die Noten werden dann ohne Markierungen angezeigt. Das automatische Umblättern fällt dann allerdings weg, jedoch lässt sich der Takt über das Metronom weiter vorgeben.

Neben Tonara Magic ist eine weitere Besonderheit von Tonara, dass Ihr Klavierspiel aufgezeichnet wird. Sie können es also hinterher abhören oder Ihrem Klavierlehrer damit zeigen, wie Ihr aktueller Stand ist.

Welche kostenlose App ist die Bessere: Etude oder Tonara?

Der Autor kann sich schwer zwischen einer der beiden Apps entscheiden und Ihnen wird es eventuell genauso gehen. Die optimale Lösung wäre Etude mit den Zusatzfunktionen von Tonara, also dem einstellbaren Metronom, der Notenerkennung Tonara Magic und der Aufnahme des Klavierspiels. Etude wird allerdings laufend weiterentwickelt, so unterstützt Version 2.1 zum Beispiel auch ein Bluetooth-Fußpedal zum Umblättern der Seiten.

Tonara und Etude lassen sich beide sehr gut zum Erlernen des Klavierspielens nutzen, jedoch ist die geringere Auswahl an Noten bei Tonara ein großer Nachteil. Dazu müssen Sie bei Tonara auch klassische Noten bezahlen, die Sie bei Etude kostenlos erhalten.

Daher empfiehlt Ihnen der Autor Etude und hofft, dass Steinway diese App bald um weitere Funktionen erweitert und die Preise für die modernen Noten mit der Zeit senkt. Wer eifrig übt und nicht nur Klassik spielt, belastet sonst sein Budget bei Notenpreisen von über 2 Euro doch empfindlich.

Allerdings sind die Kosten für die Noten auf das Jahr gesehen überschaubar, denn es dauert ja einige Zeit, bis man ein umfangreicheres Musikstück wirklich beherrscht, so dass neue Noten nur alle paar Wochen oder auch Monate anzuschaffen sind.