Im Fahrstuhl gefangen – Zweipersonenstück als erfolgreicher Roman

Lange Texte erfolgreich zu Ende zu bringen, das fällt Anfängern oft schwer. Warum beginnen Sie dann nicht einfach mit einem Zweipersonenstück in Romanform? Damit das spannend wird, brauchen Sie Figuren, die sich aneinander reiben und eine Situation, der sie nicht so leicht entkommen können. Klassisch: die einsame Insel. Fast noch besser: der stecken gebliebene Fahrtstuhl. Hier finden Sie ein Beispiel.

"Wie kann ein Buch fast ohne Handlung so spannend sein…?" fragt sich eine Rezensentin. – Die Situation: Zwei Figuren, ein Mann und eine Frau, einander unbekannt, sind in einem Fahrstuhl gefangen. Bettina Albrod hat mit ihrem Debüt-Roman seinerzeit viele Leser begeistert. Der Titel: Eine Frau will hoch hinaus".

Ein kurzer Debütroman als Lehrstück für unerfahrene Autoren

Für viele noch unerfahrene Autoren ist dieser Taschenbuchroman als Lehrstück prächtig geeignet. Lesen Sie ihn und folgende Fragen werden sich stellen: Wieso ist er so unterhaltsam? Was macht die Spannung aus? Wie kann es funktionieren, dass ein relativ kurzes Manuskript mit wenig Handlung so gut gelingt, dass Leser und Verlag sich weitere Romane von der Autorin wünschen?

Ein Zweipersonenstück als Geschichtenbuch – Anekdoten und viel Witz

Der Roman ist mehr als nur eine Geschichte, er ist ein Geschichtenbuch. Bettina Albrod hat mit viel Witz etliche Anekdoten untergebracht, die sie vielleicht (wer weiß das schon?) selbst erlebt hat. Die Schlüsselfrage jedoch lautet: Wann kommen die beiden Protagonisten – ein grauer Buchhaltertyp und eine junge Frau auf dem Weg zum ersehnten Vorstellungsgespräch, beide ohne Handy – endlich wieder heraus aus dem Fahrstuhl?

Während der Wartezeit

Natürlich will man auch wissen, was während der Wartezeit alles passiert. Auch hier stellen sich nicht gerade uninteressante Fragen:

  • Wie halten die beiden Gefangenen diese Situation über viele Stunden lang überhaupt aus?
  • Haben sie genug Luft im Fahrtstuhl?
  • Gibt es Panikattacken oder andere Krisen?
  • Was ist los, wenn sie doch endlich mal "müssen".
  • Ist der Graue womöglich der Gesprächspartner im Verlag beim Bewerbungsgespräch?
  • Werden die beiden Eingesperrten sich gegenseitig die Köpfe einschlagen oder sich ineinander verlieben?
  • Und wie und wann, verflixt, kommen sie da wieder raus, wenn doch womöglich die ganze Stadt im Dunkeln liegt?

Versuchen Sie unbedingt, diesen Roman zu bekommen – er wurde bereits 2001 geschrieben. Das Besondere daran:

  • Er hat nur zwei Figuren. Für die Autorin war das gut und schwierig zugleich. Das Gute: Sie musste auch nur zwei Figuren entwickeln. 
  • Die Schwierigkeit: Für Dialoge standen ihr nur zwei Figuren zur Verfügung: A und B.
  • Die Erleichterung: Sie nutzt die Gelegenheit, (reichlich) inneren Monolog der Perspektivfigur unterzubringen.
  • All das kann nur mit viel Witz und treffsicheren Dialogen funktionieren.
  • Den beiden Figuren, gefangen in einer Extremsituation, bleibt gar nichts anderes übrig, als einander kennen zu lernen. Wer hat dazu sonst schon in einem Fahrstuhl Gelegenheit!

Genießen Sie zunächst das Lesevergnügen. Wenn Sie Zeit haben, lesen Sie das Buch ein zweites Mal und markieren Sie alles, was Ihnen dramaturgisch interessant oder im Dialog originell erscheint. Lernen Sie daraus.

Um es selbst zu versuchen, entwickeln Sie zwei Figuren, die in einer schwierigen Situation feststecken: Eingeschlossen nach Dienstschluss in …, als vermeintlich einzige Überlebende einer Katastrophe am Südpol gestrandet, vom Chef verdonnert zu nächtlichen Überstunden, um eine fast unmögliche Aufgabe zu lösen …

Egal was es ist – lassen Sie die Figuren aufeinander los. Sind sie gründlich entwickelt worden, dürften sie sich wohl bald – gemeinsam mit Ihrem Unterbewusstsein –  selbstständig machen. Man darf gespannt sein, was daraus wird. Begeisterte Leser womöglich.