Hochsensibilität bei Kindern – verstehen und damit umgehen

Hochsensible Kinder reagieren auf ihre Umwelt deutlich sensibler als "normal" sensibilisierte Kinder. Was sich auf das Zusammenleben mit Kindern negativ auswirkt und zu einer wahren Herausforderung werden kann.

Eindrücke werden stärker wahrgenommen

So individuell ein jeder Mensch ist, so unterschiedlich reagieren Menschen auf die auf sie einwirkenden Sinnesreize. Hochsensible Menschen weisen von Geburt an eine Überempfindlichkeit gegenüber den fünf Reizen auf. Diese erhöhte Empfänglichkeit zeigt sich bei Geräuschen, Gerüchen, optischen Eindrücken und Geschmacksempfindungen wie auch den Einwirkungen auf den Körper.

Hochsensible Kinder verarbeiten Informationen, die über das Nervensystem aufgenommen worden sind, intensiver und gründlicher. So können zum Beispiel kratzige Kleidungsstücke oder anhaltende laute Geräusche zu einem Problem werden. Auch schlechte Luft oder grelles Licht wird als unangenehm bis schon fast schmerzhaft empfunden. Der Wahrnehmungsfilter, der die Eindrücke abgeschwächt und so ein Umgang damit erleichtert, ist bei einer Hochsensibilität schwächer ausgeprägt.

Die beständige Überflutung der Sinne hat zur Folge, dass es Kindern schwer fällt, sich ungestört zu konzentrieren. Bereits kleine Dinge reichen aus, um die Konzentration zu stören. Ist eine Überstimulierung aufgetreten, zeigt sich ein hohes Schlafbedürfnis. Dieses Schlafbedürfnis ist eine Schutzfunktion des Körpers, mit der Eindrücke verarbeitet werden können und die Reize „normalisiert“ werden.

Kein Makel – sondern eine Besonderheit

Eine Hochempfindlichkeit führt dazu, dass Betroffene leicht irritiert sind und sich aufgrund dessen unsicher fühlen. Die Selbstzweifel haben zur Folge, dass es schwer fällt, sich gegenüber anderen zu behaupten. Ein großes Problem stellt zudem die Reaktion von Mitmenschen auf das Thema Hochsensibilität und die damit verbundenen Einschränkungen dar.

Gerade das Unverständnis und unpassende Äußerungen wie zum Beispiel „sei nicht so empfindlich“ oder „stell dich nicht so an“ können das Selbstbild von Betroffenen negativ prägen. Was sich darin zeigt, dass Hochsensibilität auch heute noch vermehrt als eine Form der Schwäche oder als Krankheit betrachtet wird.

Eine Hochsensibilität ist eine angeborene Veränderung des Nervensystems, auf die Betroffene keinen Einfluss haben. Die „Schwäche“ in Form einer Übersensibilisierung wird durch ausgeprägte Stärken wie Kreativität, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein wieder wett gemacht.

Selbsterkenntnis – ein Muss für Selbstannahme

Selbstvertrauen ist etwas, was bei Betroffenen von Hochsensibilität eher gering ausgeprägt ist. Der Grund sind die Einschränkungen, die durch die Umwelt ständig bewusst gemacht werden, und die oftmals den Tagesablauf dominieren. Hochsensible Kinder müssen beständig in ihrem Vorhaben bestärkt werden, um sich zu trauen, etwas Neues auszuprobieren.

Das Fördern von Stärken wie zum Beispiel musikalische oder künstlerische Fähigkeiten kann das Selbstvertrauen steigern und den Weg zur Selbstannahme ebnen.

Fragebogen zum Diagnostizieren von Hochsensibilität

  • Hören Sie in Bezug auf Ihr Kind oft Sätze von Außenstehenden wie „Du bist aber überempfindlich“ oder „Sei doch nicht so empfindlich!“?
  • Ist Ihr Kind gehemmt, schüchtern oder ängstlich?
  • Fühlt sich Ihr Kind verkannt oder unverstanden?
  • Fühlt sich Ihr Kind anders oder unverstanden?
  • Wünscht sich Ihr Kind selbstbewusster, weniger emotional verwundbar oder psychisch stabiler zu sein?
  • Wird anhaltender Lärm, strenge Gerüche oder grelles Licht als unangenehm empfunden?
  • Fällt es Ihrem Kind schwer, sich in einer geräuschvollen Umgebung zu konzentrieren?
  • Werden dauerhafte Geräusche wie das Ticken einer Uhr oder das Knacken einer Heizung als belastend empfunden?
  • Erschreckt sich Ihr Kind schnell?
  • Werden große Menschenansammlungen als beängstigend empfunden?

Auswertung

Wenn Sie ungefähr zwei Drittel der Fragen mit Ja beantworten, ist dies ein Hinweis darauf, dass Ihr Kind hochsensibel sein könnte.

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