Gruselgeschichten: So erzählen Sie mit Gänsehautgarantie

Gruselgeschichten kommen an. Ob an Halloween, am Lagerfeuer oder beim Kindergeburtstag. Gänsehaut bei den Zuhörern ist garantiert, wenn Sie die Geschichte erzählen, statt sie vorzulesen. Warum das so ist und wie Sie zum perfekten Grusel-Erzähler werden, verrate ich Ihnen im Artikel.

Erzählen schafft Nähe – Vorlesen schafft Distanz

Gruselgeschichten am Lagerfeuer oder bei der Übernachtungsparty werden erzählt, nicht vorgelesen. Der Grund liegt nicht darin, dass kein Buch zur Hand ist oder es zu dunkel zum Vorlesen ist. Sondern dass Erzählen eine besondere Nähe schafft, die wiederum das Gänsehautgefühl hervorzaubert.

Vorlesen bringt Nähe zum Vorleser, schafft jedoch Distanz zur Geschichte. Deshalb hilft Vorlesen, mit Kindern über belastende Themen ins Gespräch zu kommen. Zwar können sich die Hörer einfühlen, in eine Figur aus einer Vorlesegeschichte. Jedoch besteht immer noch die schützende Trennung: das ist die Figur, da drin im Buch, ich bin hier draußen. Wir haben vielleicht ähnliches erlebt aber wir sind nicht eins.

So erzählen Sie mit Gruselgarantie
Sprechen Sie in wörtlicher Rede

Indirekte Rede bringt neutralen Abstand zum Geschehen, zum Beispiel: „Peter sagte, dass er Angst habe und am liebsten davonlaufe wolle.“ Spannender ist, die Worte zu wählen: „Peter sagte: Ich habe Angst. Am liebsten würde ich davonlaufen.“

Spielen Sie mit Lautstärke und Geschwindigkeit

Haben Sie den Satz laut nachgesprochen? Dann ist Ihnen aufgefallen: „Peter sagte“ passt beim Erzählen nicht. Daraus machen Sie ein „flüsterte“. Und was Peter von sich gibt, sprechen Sie mit zarter Stimme, gerne stotternd, mit Mut zur Pause:

„Peter flüsterte: Ich, PAUSE ich habe Angst. PAUSE Ich will weg hier.“

Nehmen Sie Bezug auf die Situation und Personen jetzt und hier

Beim Erzählen haben Sie die Möglichkeit, die Gruselgeschichte auf die Personen zu beziehen, die vor Ihnen sitzen. Oder Sie gehen auf die momentane Situation ein, wie das Wetter oder die Uhrzeit. Beides schafft Nähe, weil sich die Zuhörer mit Figur und Situation identifizieren.

Z. B. Das Mädchen sagte fast tonlos: „Ich heiße Anna.“ Sie strich sich immer wieder eine Haarsträhne aus dem Gesicht. So wie du es auch machst Lea. Es war an jenem Abend ebenso kalt wie heute bei uns. Die Fenster am Auto waren mit Eisblumen überzogen.

Oder: Und stell´ dir vor, Lea. Dieses Mädchen fuhr mit der Buslinie 5 Richtung Hauptbahnhof. Genau wie du, wenn du zum Reiten gehst.

Augenkontakt und Schummerlicht

Wählen Sie die Sitzordnung so, dass Sie jedem Zuhörer direkt ins Gesicht sehen können. Eindringlicher Blickkontakt vermittelt: „Ich glaube, der Erzähler spricht von mir.“ Deshalb ist es gruseliger, die Geschichte im Schummerlicht zu erzählen und nicht in völliger Dunkelheit.

Besser im kleinen Kreis

Eine Verbindung kann der Erzähler besser zu einem kleinen Kreis von Kindern oder Jugendlichen halten. Fühlt sich ein Zuhörer nicht beachtet, ist die Gefahr groß, dass er aus der Geschichte aussteigt und sich mit seinem Nebenmann amüsiert. Fangen zwei Zuhörer an, die gruselige Erzählung zu sabotieren mit schwächenden Kommentaren, ist es aus mit der Gänsehaut.

Trauen Sie sich – perfekt ist nicht gruseliger

Ich höre förmlich, wie Sie sich winden: „Aber ich bin als Erzähler nicht gut genug. Vielleicht vergesse ich einen wichtigen Teil der Geschichte. Ich lese lieber vor, das ist sicherer.“ Diese Angst kann ich nachvollziehen. Sie ist jedoch unbegründet. Gruselgeschichten wirken nicht gruseliger, weil sie perfekt vorgelesen werden. Sie leben von der Nähe. Von der Möglichkeit, dass dem Zuhörer dasselbe passiert. Womöglich jetzt. In diesem Moment. Und diese Illusion stützen Sie, als lebendiger Erzähler mit Puls und Atem und natürlichem Redefluss.

Sie lesen doch lieber erst mal vor? Auch dazu habe ich Tipps und Tricks:

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