Kinder erhalten ihren ersten Zugang zur Welt über die Familie. Im familiären Zusammenleben werden die ersten Weltbilder ebenso vermittelt wie Wertschätzung und Missachtung. Es entstehen Modelle für Konfliktregelungen und Interaktionsmuster verfestigen sich. Dabei ist die Familie nicht autonom.
Erich Fromm beschreibt sie als "Transmissionsriemen für diejenigen Werte und Normen, die eine Gesellschaft ihren Mitgliedern einprägen will. Was gedacht und wie gehandelt wird, wird vom gesellschaftlichen Umfeld, in dem sich die Familie bewegt, entscheidend mitgeprägt."
Konflikte versus Geborgenheitserfahrungen
Die Familie muss Zuverlässigkeit und Beständigkeit repräsentieren, um dadurch eine Reihe von Schutz- und Betreuungsaufgaben übernehmen zu können. Sie muss ein "schützender Hafen" für die Kinder sein.
Diese Welt ist vom Leistungsprinzip und einem harten Konkurrenzkampf geprägt und erfordert deshalb Selbstbehauptung und ein hohes Maß an Selbstreflexion. Die doppelte Aufgabe, Geborgenheit in einer als feindlich erlebten Welt zu vermitteln und die Kinder gleichzeitig auf das Leben in einer solchen Welt vorzubereiten, überfordert immer mehr Eltern, ein weiterer Grund für Konflikte.
Erziehungsverhalten und Konflikte zwischen den Eltern prägen die Kinder
Neben den Strafmethoden ist die Nichtübereinstimmung des Erziehungsverhaltens von Vater und Mutter ein Problem, dass bei Kindern zur Verwirrung und Desorientierung führen kann. Wenn Erziehung gelingen soll, müssen Väter und Mütter in ihren Einstellungen und Praktiken harmonieren.
Wenn sich Eltern verbal gegen Gewalt wenden, selbst jedoch Gewalt in der Erziehung ausüben, werden Kinder schnell lernen, dass sie in der Position des Stärkeren offensichtlich beliebig aggressives Verhalten anwenden dürfen. Die Auswirkungen eines Erziehungsstils, der auf Verboten, Bestrafungen und Anpassung beruht, sind zunächst spontane Formen des Widerstands und der Auflehnung.
Da das Kind jedoch von den Eltern abhängig ist und die Eltern über die größeren Machtmittel verfügen, können diese den Widerstand brechen. Solche Kinder können keine Selbständigkeit und Selbstsicherheit entwickeln, sie bleiben unselbstständig und abhängig.
Konflikte konstruktiv austragen
Familien ohne Konflikte gibt es nicht. In jeder menschlichen Beziehung und in jedem Sozialgefüge sind Konflikte nicht nur selbstverständlich, sie haben auch nützliche Funktionen: Sie machen auf Probleme aufmerksam, die bewältigt werden müssen; sie sind Ausdruck unterschiedlicher Bedürfnisse, Wünsche und Interessen, sie sind Zeichen einer inneren Dynamik mit der Chance einer gemeinsamen Entwicklung.
Familienkonflikte können unter anderem zwischen den Eltern, zwischen Eltern und Kindern und zwischen Kindern auftreten. Unterschiedliche Interessen werden dabei häufig negativ interpretiert, weil sie in "geordneten Verhältnissen" eigentlich nicht vorkommen dürfen. Konflikte werden deshalb von vielen als störend empfunden, werden unterdrückt oder verleugnet, zumal die Familienmitglieder wegen ihrer Nähe zueinander und der damit verbundenen Intimität besonders leicht verletzlich sind.
Lösungs- oder Bearbeitungsmöglichkeiten werden dann nicht gesehen. Das Vertrauen zwischen den Partnern erlischt, Vorurteile und gegenseitige Verdächtigungen nehmen zu, eine weitere Eskalation des Konfliktes ist vorgezeichnet. Konflikte zwischen den Eltern können das Familienklima stark beeinträchtigen und die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder behindern.
Diese Gefahr ist besonders groß, wenn Eltern die Kinder als Verbündete missbrauchen. Andererseits ist es auch möglich, dass die Eltern ihren Kindern beispielhaft zeigen, wie mit Konflikten produktiv umgegangen werden kann.
Konflikte zwischen Eltern und Kindern sind von vornherein durch ein Machtgefälle geprägt. Partnerschaftliche Lösungen bedingen hier, dass Eltern (zumindest teilweise) auf die Anwendung von Machtmitteln verzichten und das Kind nicht in die unterlegene Position bringen. Auseinandersetzungen zwischen Kindern sollten von diesen so weit wie möglich selbständig gelöst werden. Eltern haben jedoch darauf zu achten, dass jüngere oder schwächere Kinder nicht permanent übervorteilt werden.