Geschichten zum Vorlesen, zum Wohlfühlen und Lernen
Kinder lieben es, wenn Sie ihnen vorlesen. Sie fühlen sich dabei geborgen und angenommen. Mit Vorlesen schaffen Sie eine geeignete Atmosphäre, um mit dem Kind ins Gespräch zu kommen. Bei der kurzen Geschichte „Die Zauberstiefel“ geht es um Zauberkräfte und Freundschaft. Beides wünscht sich wohl jeder von uns. Kuscheln Sie sich mit Ihrem Kind in den Sessel, lesen Sie die Geschichte vor und erleben Sie, wie die Zeit für wenige Minuten still steht, für Sie beide. Und wie von Zauberhand entsteht eine vertrauensvolle Stimmung, in der Ihr Kind es wagt, von seinen Sorgen und Wünschen zu erzählen.
Geschichten vorlesen – wenige Minuten bringen den Effekt
Regelmäßiges Vorlesen kann die Beziehung zu Ihrem Kind auf neue Füße stellen. Dazu müssen Sie keine dicken Bücher vorlesen. Eine positive Wirkung erleben Sie schon, wenn Sie nur wenige Minuten täglich Geschichten vorlesen. Damit es zur lieben Gewohnheit wird, ist es hilfreich, ein Ritual daraus zu machen: Lesen Sie jeden Tag zur selben Zeit vor, zum Beispiel immer nach dem Mittagessen oder vor dem Schlafengehen.
Mehr zur Wirkung von Vorlesen finden Sie in meinem Artikel: „Vorlesen, warum es groß und klein gut tut.“ Vielleicht interessiert Sie auch mein Artikel darüber, wie Rituale in der Familie den Zusammenhalt stärken.
Die Zauberstiefel
„Was sind das denn für Dinger?“, wunderte sich Sebastian. Laura stammelte: „Das sind meine neuen Winterstiefel.“ „Die sehen ja komisch aus, so riesig“, machte sich Leona lustig und Sebastian kicherte: „Ein Känguru hat hübschere Füße, nicht so pelzig.“ Laura holte tief Luft: „Meine Stiefel müssen so aussehen, weil…“, sie wurde ein bisschen rot, „weil es nämlich Zauberstiefel sind.“ Sebastian spottete: „Ach und was können die so?“
Laura überlegte: „Sie machen mich größer“ und bevor Leona und Sebastian sie auslachen konnten, gab es ein flutschendes Geräusch und Laura war ein Stückchen größer als die Freunde. Zuerst waren die beiden still, dann redeten sie durcheinander: „Wahnsinn, was können deine Schuhe noch?“ Laura überlegte. „Mit den Stiefeln kann ich besonders schnell gehen“, sprach sie und schon waren die Zauberschuhe in Eilgeschwindigkeit mit ihr unterwegs zum Klassenzimmer. „Stop“, rief sie. „Die Schule ist aus, ich will heim!“ Eine schnelle Drehung und die Stiefel stapften mit ihr nach Hause. Laura konnte ihren Freunden nur noch zuwinken.
Von da an zog Laura die Zauberstiefel nicht mehr aus. Sie trug sie nachts im Bett, sie trug sie, als es Frühling wurde und sogar im Schwimmbad ließ sie die Stiefel an. Nach dem Schwimmen quietschte das Wasser in den Schuhen bei jedem Schritt aber das machte Laura nichts aus. Dafür schwamm sie mit den Schuhen wendig wie ein Delfin. Und niemand lachte sie mehr aus. Vielleicht lag es auch daran, dass Laura den anderen von ihrer Zauberkraft etwas abgab: Sie wünschte sich stark und trug den Freunden die Schulranzen. Auch konnte sie nun die schwierigsten Rechenaufgaben lösen und erklärte diese gern ihren Freunden. In der Pause flog sie mit den Mitschülern eine Runde über den Schulhof, bis der Pausengong sie zurückrief.
Eines Morgens wachte Laura auf und weinte: „Die Füße tun mir so weh!“ Die Mutter erklärte: „Deine Zauberstiefel sind dir zu klein geworden, du musst sie ausziehen.“ Laura war unendlich traurig. Was würden die anderen sagen?. Mit hängendem Kopf ging sie Leona entgegen. „Ich kann dir die Schultasche nicht mehr tragen“, schluchzte sie. „Meine Stiefel passen mir nicht mehr.“ Leona legte tröstend den Arm um Laura und grinste: „Dann können wir endlich wieder zusammen zu Fuß zur Schule gehen und uns unterhalten. Das habe ich vermisst. Mit den Zauberstiefeln warst du viel zu schnell für mich.“
Anita Radipentz
Die Geschichte zum Vorlesen finden Sie zum Ausdrucken zusammen mit den Illustrationen in der angehängten pdf-Datei.
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