EU vereinfacht binationale Scheidung

Ein Ehepaar mit zwei verschiedenen Nationalitäten will sich scheiden lassen. Welches Recht gilt für die binationale Scheidung? Die Zuständigkeit für das Scheidungsverfahren regelt bisher jedes Land anders. Die EU-Kommission will das jetzt vereinfachen. Eine neue Verordnung soll für Rechtssicherheit sorgen.

300.000 Ehen werden pro Jahr in der EU zwischen Partnern verschiedener Nationalität geschlossen. 140.000 dieser binationalen Ehen enden mit einer Scheidung. Das kann rechtlich unübersichtlich werden: Gilt das Recht des Wohnsitzes des Paares? Oder das des Heimatstaates eines der Partner?

Bisher: Unterschiedliche Regeln zur binationalen Scheidung innerhalb der EU
Bisher regeln die EU-Mitgliedsstaaten die Zuständigkeit in solchen Fällen unterschiedlich: Einige halten sich an Kriterien wie die Staatsangehörigkeit oder den langfristigen Aufenthalt des Ehepaares, um zu entscheiden, wer für das Verfahren zuständig ist. Andere wenden grundsätzlich ihr eigenes Landesrecht an.

Das kann gravierende rechtliche Folgen haben. "Scheidungs-Hopping“ heißt das, was dann findige EU-Bürger bisher tun können: Wer weiß, wessen nationales Recht seinen Interessen am besten dient, der kann sich das zunutze machen, indem er das Gericht dort – etwa nach einem Umzug – mit der Sache befasst.

Vorteile der neuen EU-Regeln zur binationalen Scheidung
Die Verordnung, die die EU-Kommission nun vorgeschlagen hat, soll die Rechtslage vereinfachen. Außerdem versprechen sich die Initiatoren davon, dass einverständliche Scheidungen so eher möglich sind. Folgende Punkte sind neu:

  • Binationale Paare sollen selbst entscheiden, welches Landesrecht gilt. Voraussetzung: Einer der Partner muss eine Verbindung zu dem betreffenden Land haben, zum Beispiel seine Nationalität. Darüber kann das Paar auch eine Vereinbarung treffen, wenn es (noch) gar keine Scheidung beabsichtigt.
  • Falls sie sich nicht einigen, entscheidet das Gericht nach einem einheitlichen, abgestuften Verfahren: Zunächst gilt das Recht des Landes, in dem die Partner ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
  • Wenn auch das fehlschlägt, gilt der letzte gemeinsame Aufenthaltsort, falls einer der beiden Partner noch dort lebt.
  • Ist dieses Kriterium nicht anwendbar, so gibt die gemeinsame Nationalität der Ehegatten den Ausschlag.
  • Haben die Partner nicht dieselbe Nationalität, so gilt schließlich das Recht des Landes, vor dessen Gericht das Verfahren eingeleitet wurde.  

Die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding will erreichen, dass die neue Verordnung bis zum Ende dieses Jahres die notwendigen Schritte durchlaufen hat, damit sie wirksam werden kann. In diesem Fall bedeutet das, dass der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament zustimmen müssen.  

Schon im Jahr 2006 gab es einmal einen ähnlichen Versuch, den aber die EU-Regierungen aber nicht einstimmig annahmen und der deshalb scheiterte. Diesmal haben zehn Mitgliedsstaaten den Antrag auf Erlass der erläuterten Verordnung gestellt. Inzwischen hat sich auch Deutschland für die Teilnahme an dem Verfahren entschieden. Es ist eines der Länder, das die meisten binationalen Scheidungen hat.

Passiert der Vorschlag die Gremien, wird er für die antragstellenden Länder wirksam. Andere EU-Staaten können sich jederzeit anschließen. Das ist das sogenannte Verfahren der verstärkten Zusammenarbeit.