Ein Kommen und Gehen: die Nierenkolik

Sehr kleine Nierensteine, die deutlich weniger als zwei Millimeter groß sind (sogenannter Nierengrieß) gelangen oft problemlos über den Harnleiter in die Blase und von hier mit dem Urin nach außen. Umgekehrt können Nierensteine, die größer als einen Zentimeter im Durchmesser sind in der Regel die Niere nicht verlassen, weil der Harnleiter zu eng ist. Sie bleiben im Nierenbecken liegen. Solche ruhenden Nierensteine zeigen oft keine oder nur wenige Symptome, wie z.B. leichtes Ziehen in der Flanke. Problematisch sind also die mittelgroßen Steine, die zwischen circa 2 Millimeter und einem Zentimeter groß sind.

Wenn sich ein solcher Stein auf den Weg in den Harnleiter macht und dort stecken bleibt, kommt es zu plötzlich einsetzenden, heftigsten Schmerzen, die typischerweise intervallartig auftreten und bereits nach wenigen Minuten oder aber auch erst nach Stunden wieder nachlassen können. Um den Stein weiter zu bewegen, setzt der Körper zunächst auf eine vermehrte Urinproduktion und eine Aktivierung der Harnleitermuskulatur. So entstehen krampfartige Druckerhöhungen im Harnleiter mit stärksten Schmerzen. Wenn man den weiblichen Betroffenen Glauben schenken darf, werden Kolikschmerzen nur noch von Geburtswehen übertroffen. In diesem Fall wird jeder Patient ohne zu Zögern ärztliche Hilfe suchen, und das ist auch notwendig.

Eine Kolik kennt keine Komik, der Schmerz versteht keinen Scherz

Je nach Lokalisation des Steines im Harnleiter strahlen die Schmerzen auf der betroffenen Seite aus: der hoch sitzende Harnleiterstein macht Schmerzen bis in den in den Unterbauch, der mittlere in die Leistenregion und der tief sitzende bis in die Schamlippen bei der Frau beziehungsweise in die Hodengegend beim Mann.

Häufig tritt gleichzeitig ein deutlicher Harndrang auf, insbesondere, wenn der Stein bereits kurz vor der Harnblase sitzt.?Wenn die Harnleiterschleimhaut durch die raue Steinoberfläche angekratzt wird, tritt durch das Blut im Urin oft eine Rotfärbung des Harns auf. Zusätzliche typische Symptome sind eine starke Unruhe, Übelkeit und Erbrechen, eine fahlgraue Gesichtsfarbe und kalte Schweißausbrüche. Da der Darm reflexartig seine Tätigkeit reduziert, berichten Betroffene auch oft über einen Blähbauch. Wenn der Stein abgeht, lassen die Schmerzen spontan nach. Aber auch die trügerische Ruhe zwischen zwei Koliken lässt Patienten und Arzt oft glauben, der Übeltäter sei bereits abgegangen.

Henne oder Ei – Infekt oder Stein – was war zuerst da?

Eine Harnwegsinfektion begünstigt eine Steinbildung, umgekehrt sind Patienten mit Harnleitersteinen anfälliger für bakterielle Urinentzündungen. Tritt beides in  Kombination auf, so ist höchste Vorsicht geboten, denn ein Harnstau in Verbindung mit einem Infekt führt zu Fieber und Schüttelfrost. Dies kann in eine lebensbedrohliche Situation münden. Die Infektion äußert sich durch brennende Schmerzen beim Wasserlassen und ein zunehmendes Krankheitsgefühl bis hin zu Apathie. Unbehandelt führt diese Situation zu einer zunehmenden Blutvergiftung, der sogenannten Urosepsis.

Weitere Gefahr: Nierenversagen

Aber auch bei Menschen, die wiederholt an Nierensteinen und an einer Aufstauung der Harnwege leiden oder die große ruhende Nierensteine haben, kommt es besonders häufig zu einer Schädigung der Niere durch die langdauernde Druckerhöhung und chronische Entzündung der Harnwege. Solche Zustände können ernsthafte Komplikationen mit der Gefahr eines Nierenversagens nach sich ziehen, wenn der Betroffene sie nicht rechtzeitig bemerkt und behandeln lässt.

Erstmal schmerzfrei werden

Bei akuten Koliken hat die schnelle Behandlung der Schmerzen höchste Priorität: Der Arzt verabreicht krampflösende Substanzen und sehr starke Schmerzmittel wie zum Beispiel Opiate. Zusätzlich verschreibt er entzündungshemmende und abschwellende Medikamente (z. B. Diclofenac). Bettruhe ist bei dieser Krankheit nicht erforderlich, im Gegenteil: Der Patient soll Laufen und Saufen, also: sich bewegen und im schmerzfreien Intervall so viel wie möglich trinken, um so den Steinabgang zu fördern Etwa 80 Prozent der kleineren Nierensteine bis zu 5 mm Größe gehen auf diese Weise spontan ab.

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