Fragt man heute die Mitarbeiter eines beliebigen Unternehmens ist der am häufigsten genannte Wunsch an die Führungskräfte: Loben Sie mehr. Und zwar offen und ehrlich. Denn nur ein wirklich ernst gemeinstes Lob erreicht den Mitarbeiter auch. Wir merken sofort, wenn man uns etwas vorzumachen versucht – Körpersprache, Mimik, Tonfall und Inhalt stimmen dann in der Sache nicht überein.
Es ist vollkommen sinnlos, Lob als Mittel zum Zweck der Motivation einzusetzen. Es mag ganz kurzzeitig mal funktionieren. Doch auf die Erkenntnis, dass das Lob rein zielgerichtet stattfand und nicht wirklich der Mensch gemeint war, folgt Misstrauen und damit das genaue Gegenteil des angestrebten Ziels. Eine Kultur des Lobens in Familien und Unternehmen kann nur freiwillig entstehen. Eine „Verordnung von oben“ – beispielsweise mittels chefseitig vorgegebener Leitbilder – bewirkt genau das Gegenteil. Doch selbst der Größte fühlt sich klein, wenn er die Zuwendung Dritter nur unzureichend erlebt.
Die Frage ist nun: Wie geht das mit dem Lob eigentlich richtig?
Es ist wirklich ganz einfach. Beginnen Sie mit Schritt 1: Loben Sie sich selbst. Wenn andere Ihnen zu wenig Wahrnehmung und Wertschätzung geben, so können Sie das auch selbst tun. Indem Sie Ihre guten Leistungen aufmerksam beobachten und schätzen. Das können ganz einfache Dinge sein: Das Fachbuch, welches Sie schneller als geplant ausgelesen haben. Ein besonders appetitlich angerichtetes Abendessen. Das kritische Telefonat, welches Sie mit Bravour hinter sich gebracht haben.
Wie Sie das am besten tun?
Kaufen Sie sich bewusst ein schönes Heft oder eine edle Kladde und geben Sie ihr den Namen „Erfolgstagebuch“. Jeden Abend zum Tagesausklang setzen Sie sich fünf Minuten in Ruhe hin und überlegen: Was hat am heutigen Tag gut geklappt? Worauf kann ich heute stolz sein? Wo habe ich mich heute überwunden oder etwas Neues ausprobiert? Schreiben Sie jeden Tag drei Punkte in Ihre Kladde, die an diesem Tag gut gelaufen sind, weil Sie etwas gut gemacht haben. Sie werden sehen: Es findet sich immer etwas – denn es geht auch darum, duldsamer mit sich selbst umzugehen und nicht ständig Höchstleistungen zu erwarten.
Denn als Mensch zählen Sie für mehr, als nur Ihre Höchstleistungen. Es sind die kleinen Dinge, die einen wertvollen Menschen ausmachen – gestehen Sie sich also zu, dass auch kleine Dinge ein Selbstlob wert sind. Eigenlob stinkt nämlich nur dann, wenn wir es in überzogenem Maß anderen unter die Nase reiben und es laut herausposaunen. Das selbstlose Lob im Stillen duftet hingegen wunderbar und sorgt nach und nach für einen tollen Motivations-Push. Belohnen Sie sich selbst, indem Sie Ihre gute Leistung in ihrem Wert schätzen.
Schritt 2: Machen Sie sich unabhängig vom Lob anderer
Wir messen uns gerne an den Maßstäben, die für andere gelten – oder die von anderen an uns angelegt werden. Dabei dürfen wir unsere eigenen Maßstäbe entwickeln und nutzen. Wer sich mit dem Lernen einer Fremdsprache schwer tut, der kann nur verlieren, wenn er sich mit einem Sprachgenie vergleicht. Wer sich als kreativer Chaot am disziplinierten Ordnungsfanatiker misst, ist schon verloren. Setzen Sie Ihre eigenen Maßstäbe an.
Sie kennen das: Eine schicke Neubausiedlung wird nach und nach von jungen Familien bezogen. Erst werden die Häuser komplett außen und innen fertiggestellt. Danach kommen die Gärten dran. Jetzt folgt eine Serien von Einweihungsfeiern, zu denen die neuen Nachbarn natürlich eingeladen werden, denn man war sich ja auf dem beschwerlichen Weg bis dahin oft Hilfe, Kummerkasten oder Werkzeugtauschbörse. Alles scheint wunderbar.
Doch es entstehen erste Risse, wenn die Aufgabe „Haus + Garten“ erst einmal in den Hintergrund gerät. Es steigen wieder andere Dinge ins Bewusstsein auf. Man misst sich an dem, was andere „haben“. Das will man selbst dann auch „besitzen“, damit man in dieser neuen Umgebung zu den Gewinnern zählt. Es entsteht Neid.
Ihr Ziel: Mit „Sein“ – also mit der eigenen Persönlichkeit – erreichen, dass Sie geschätzt werden. Denn es fällt auf, dass der handwerklich geschickte Nachbar oder die kreative Dekorateurin auch weiterhin Zuspruch erhalten – unabhängig, ob sie dicke Autos oder einen Aufsitzrasenmäher fahren. Punkten Sie also mit Ihren ganz persönlichen Fähigkeiten und setzen Sie diese geschickt ein – dann kommt der nächste Motivationsschub ganz von selbst.
Und so beginnt in diesen Neubausiedlungen in der Regel nach fünf bis zehn Jahren oft eine muntere Partner-Tauschbörse. Weil viele mit ihrem Ist-Zustand immer unzufriedener werden und sich nicht mehr wertgeschätzt fühlen. Gemeinsame Ziele sind verschwunden oder aus dem Blickfeld geraten.
Schritt 3: Tue Gutes und rede darüber!
Aktuell wird immer wieder debattiert, warum in deutschen Unternehmen so wenige Frauen in Führungspositionen sitzen. Das hat auch damit zu tun, dass Frauen sich schwerer tun, ihre eigenen Leistungen deutlich zu erwähnen, wenn es um Anerkennung geht. Frauen agieren eher harmoniebedürftig im Hintergrund und wollen andere nicht verletzen, indem sie sich selbst in den Vordergrund rücken. Männer hingegen sind wunderbar (da können Frauen viel von lernen!!!) darin, sich der allgemeinen Wertschätzung ihrer Arbeit zu versichern. Was gelegentlich als „Prahlen“ bezeichnet und wahrgenommen wird, ist der Schrei nach Aufmerksamkeit. „Ich will gelobt werden!“ steht dahinter und das kann ein Mann notfalls auch schon mal laut herausbrüllen.
Fakt ist, dass jemand, der andere auf die eigenen guten Leistungen hinweist, in seinen Fähigkeiten einfach mehr wahrgenommen wird. Ohne gleich zu prahlen. Wenn Sie also in Ihrer Firma seit Jahren zur Zufriedenheit aller die Reklamationen bearbeiten – dann reden Sie darüber. Machen Sie Chef und Kollegen bewusst, was Sie für das Unternehmen leisten: Verärgerte Kunden entspannen, knifflige Briefe schreiben, Lösungen im Unternehmen suchen, Prozesse optimieren, um entstandene Fehler künftig zu vermeiden und vieles mehr – das alles tun Sie tagtäglich.
Machen Sie es den anderen bewusst, die diesen Job oftmals für kein Geld der Welt tun wollen würden. Denn wenn es Ihnen leicht fällt, ist es für andere oft alles andere als leicht – und damit ein wertvoller Beitrag zum Unternehmenserfolg.
Schaffen Sie ein Bewusstsein für Ihren Wert für das Unternehmen und die Kollegen. Das ist kein Protzen – sondern schlicht die Einforderung der Ihnen zustehenden Wahrnehmung. Damit der Vorgesetzte bei der nächsten Beförderungsrunde an Sie denkt. Damit Sie beim nächsten Gehaltsgespräch über neue Ziele reden können – weil das Geld vom Chef freiwillig kommt, da er Ihren Wert für die Firma kennt. Es wäre doch zu viel verlangt, dass ein Chef jede Leistung aller Mitarbeiter ständig im Blick behalten würde. Also informieren Sie ihn über Dinge, die er wissen sollte. Und dazu gehören definitiv gute Leistungen, die Sie erbracht haben.
Wenn Sie bei Schritt 1 gute Erfolge mit dem Thema Selbstlob erzielt haben, dann nutzen Sie Ihren Motivationsschub doch ganz einfach an dieser Stelle und gehen Sie Schritt 4: Loben Sie Ihren Chef und Ihre Kollegen. Für die einfühlsame Art im Umgang mit schwierigen Kunden oder – sofern Sie es ehrlich meinen – für den tollen Geschmack in Sachen Kleidung. Dafür, dass er sich immer vor Sie und Ihre Kollegen stellt, wenn mal was schief gelaufen ist oder dafür, dass er in wirtschaftlich schwierigen Zeiten dennoch eine Weihnachtsfeier spendiert. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran: Loben Sie ihn und Ihre Kollegen immer dann, wenn Ihnen etwas positiv auffällt. Sie sind durch die Schritte 1 – 3 in Sachen Achtsamkeit ja schon bestens geschult. Und eines sei versprochen: Lob, welches Sie spenden, kehrt zu Ihnen zurück. Garantiert.
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