Die Würzburger Leise Leseprobe (WLLP)

Am Anfang einer Lerntherapie stehen in der Regel verschiedene Tests, um die Lesefähigkeit und die Rechtschreibfähigkeiten des Kindes zu überprüfen. Für die Kinder der 1.-4. Klassenstufe ist die Würzburger Leise Leseprobe ein geeignetes diagnostisches Instrument, um etwaige Defizite in der Lesefähigkeit aufzudecken.

Würzburger Leise Leseprobe – Der Aufbau
Die Würzburger Leise Leseprobe besteht aus mehreren Din-A-4 Blättern, die jeweils 20 Begriffe enthalten, zu denen jeweils vier oder fünf Bilder zur Auswahl stehen, wovon nur eines der Bedeutung des Begriffs entspricht. Steht da zum Beispiel das Wort "Schere", ist nur auf einem der Bilder, die in der Zeile neben dem Begriff "Schere" stehen, tatsächlich eine Schere abgebildet.

Auf den anderen Bildern sind Dinge oder Gegenstände abgebildet, deren Wortbilder zwar ähnlich sind, die aber eine völlig andere Bedeutung haben, so wie eine Schleife oder eine Schiene bei dem Wort Schere.

Würzburger Leise Leseprobe (WLLP) – Genauigkeit und Lesetempo
Das zu testende Kind bekommt 5 Minuten Zeit und soll in dieser Zeit so viele Begriffe wie möglich dem jeweils richtigen Bild zuordnen. Die Anzahl der Begriffe, die es in der vorgegebenen Zeit bearbeitet hat, bestimmt dann den Prozentrang des Kindes bei der Lesefähigkeit.

Fehler oder ausgelassene Zeilen werden abgezogen. Die Normen sind für Mädchen und Jungen unterschiedlich. Die Anzahl der richtig zugeordneten Begriffe ist ebenfalls unterschiedlich. Die Zuordnung des vorgegebenen Begriffs zu einem Zeichen muss das Kind mit einem Kreuz oder Strich auf dem Bild kennzeichnen. Möchte es seine spontane Zuordnung korrigieren, muss es das ebenfalls deutlich machen.

Ergebnisse der WLLP und Konsequenzen für die Lerntherapie
Die Anzahl der falsch markierten Zeichen gibt uns einen Anhaltspunkt darüber, wie genau das Kind liest. Und die Anzahl der bearbeiteten Zeichen gibt uns Aufschluss über das Lesetempo des Kindes.

Hat ein Kind sehr viele Zeichen bearbeitet und dabei aber auch sehr viele Fehler gemacht, können wir daraus schließen, dass es eher flüchtig liest und viele Worte noch rät, anstatt sie wirklich zu lesen. Hat ein Kind nur sehr wenige Zeichen bearbeitet, dafür aber nur sehr wenig Fehler gemacht, schließen wir auf eine genaue und sorgfältige Leseweise.

Förderung der Lesefähigkeit in der Lerntherapie – Lesetempo steigern
Hat die Würzburger Leise Leseprobe Defizite im Lesetempo ergeben, wird in einer Lerntherapie auf die Steigerung des Lesetempos hin gearbeitet. Dies geschieht beispielsweise durch das Lesetraining nach Hollbach für Kinder ab der 4. Klasse oder auch ein Schnell-Lese-Training für die älteren Schüler.

Kinder der 1.-3. Klassenstufen werden meist noch mal mit der Lautgebärdensprache und dem Silbentraining in der FRESCH-Methode gefördert. Diese beiden Techniken sind zwar hauptsächlich auf die Verbesserung der Rechtschreibfähigkeit ausgerichtet. Gelingt es aber einem Kind die geschriebenen Worte beim Lesen in sinnvolle Silben zu zerlegen, steigert sich seine Lesefähigkeit und damit auch sein Lesetempo.

Förderung der Lesefähigkeit in der Lerntherapie – Genauigkeit des Lesens fördern
Hat ein Kind in der WLLP sehr viele Zeichen bearbeitet, jedoch viele Fehler gemacht, muss es meist lernen, langsamer zu lesen. Unter Umständen ist eine Zeit lang das Buchstabe-für-Buchstabe lesen noch einmal anzuschlagen. Erst dann kann weiter gegangen werden zur Silben-Zerlegung mit dem FRESCH-Manual oder dem Kieler-Lese-Aufbau (KLA).

Zusätzlich muss die Lerntherapie darauf abzielen, den Druck, den das Kind sich macht, zu reduzieren, damit es sich ein langsameres und gründlicheres Lesen erlaubt. Meist sind zusätzliche Elemente aus einem Konzentrationsstraining angezeigt.

Fazit
Die Würzburger Leise Leseprobe ist ein häufig eingesetztes Instrument, um sich vor einer beginnenden Lerntherapie einen Eindruck über die Lesefähigkeit des Kindes zu verschaffen. Der spezielle Aufbau der WLLP ermöglicht es, sowohl das Lesetempo als auch die Genauigkeit mit zu erfassen. Je nachdem, in welchem Bereich der Lesefähigkeit des Kindes stärkere Defizite beobachtet werden, wird die Lerntherapie unterschiedlich ausgerichtet.