Die Verhaltenstherapie sagt: Verhalten kann man lernen

Wann ist eine Verhaltenstherapie angemessen? Im Dschungel der Therapieangebote kann man schnell den Überblick verlieren, welche Therapieform für welche Beschwerden geeignet ist. Die Wahl fällt vielen leichter, wenn sie wissen, wie eine bestimmte Therapie funktioniert. Lesen Sie hier, auf welchen Grundsätzen die Verhaltenstherapie basiert und wie eine Linderung der Beschwerden in einer Verhaltenstherapie herbeigeführt wird.

Verhaltenstherapie – ein Grundsatz: Verhalten ist gelernt
Nicht nur Pawlov belegte, dass Verhalten gelernt ist. Wer mit der Erziehung von kleinen Kindern betraut ist, wird sehr schnell zustimmen, dass ein großer Teil des menschlichen Verhaltens gelernt ist.

Ein Lernfaktor ist die Erfahrung, die wir mit unserem Verhalten machen. Aber auch das Lernen am Modell (Eltern sind Vorbilder) und das Lernen durch Verstärkung spielen eine wichtige Rolle dafür, welches Verhaltensmuster sich bei einem Menschen ausprägt und welches sich nicht ausprägt.

Verhaltenstherapie: Was gelernt worden ist, kann wieder verlernt werden
Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass ein Verhalten, das gelernt wurde auch wieder verlernt werden kann. Um ein Verhalten zu verlernen (zum Beispiel aggressives Verhalten gegenüber anderen) müssen alle positiven Verstärker für dieses unerwünschte Verhalten gefunden und eliminiert werden.

Ein gelerntes Verhalten wird aus Sicht der Verhaltenstherapie solange aufrechterhalten, wie es verstärkt wird. Verstärkungen können vielfältig sein. Bei einem Kind kann ein Lob oder auch eine positive Konsequenz (ich habe Macht über andere, wenn ich aggressiv bin) ein unerwünschtes Verhalten aufrecht erhalten. Bei Erwachsenen können die Verstärker versteckt sein und von anderen Dingen überlagert sein.

Verhaltenstherapie bei Kindern
Verhaltenstherapie wird häufig in der Behandlung von Kindern eingesetzt. Kinder lernen im Vergleich zu Erwachsenen noch sehr schnell um. Fallen wichtige Verstärker weg, die bis dato unerwünschtes Verhalten aufrecht erhalten haben, verschwindet das Verhalten auch bald wieder.

Auch Ängste können in der Kindheit noch schneller wieder verlernt werden. Selbstwertstärkung, Selbstinstruktion und Selbstkontrolle werden ebenfalls in der Verhaltenstherapie eingesetzt. Da Kinder noch nicht in der Lage sind, über mögliche Ursachen ihres Problemverhaltens ausreichend zu reflektieren, ist die Modifikation des Verhaltens in der Regel das Mittel der Wahl.

Verhaltenstherapie bei Erwachsenen
Aber auch bei Erwachsenen ist häufig eine Verhaltenstherapie sinnvoll. Dies gilt insbesondere bei Ängsten und Zwängen und Süchten. Aber auch bei Störungen der Impulskontrolle kann eine Verhaltenstherapie sinnvoll sein. Ein wichtiges Kriterium für das Gelingen der verhaltenstherapeutischen Intervention ist die kognitive Fähigkeit des Klienten, die Interventionen nachzuvollziehen und zu begleiten.

Verhaltenstherapie bei Ängsten
Werden bei Ängsten in der Regel vor Therapiebeginn die Angst auslösenden Situationen gemieden, wird der Klient in einer Verhaltenstherapie wieder stückweise an den angstauslösenden Reiz herangeführt. So lernt er die Situation wieder besser zu beherrschen.

Schließlich gelingt es dem Klienten am Ende der Therapie wieder ohne Angst mit der zuvor angstauslösenden Situation (Fahrstuhl, enge Räume, Höhe, Menschenansammlungen, Nutzung von Verkehrsmitteln) umzugehen. Die Erfahrung, dass der Klient die Situation auch ohne Angst bewältigen kann, dient dann als Verstärker für das neue Verhalten.

Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie?
Während eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie darauf ausgerichtet ist, durch das Entdecken der Ursache einer Beschwerde eine Besserung oder Auflösung der Störung zu bewirken, zielt eine Verhaltenstherapie darauf ab, ein möglicherweise als störend empfundenes Verhalten abzulegen und dadurch im Leben besser zurecht zu kommen.

Je nach Veranlagung und Überzeugung wird ein Klient eher eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder eine Verhaltenstherapie für die Lösung seiner Probleme aufsuchen. Aus fachlicher Sicht eignen sich bestimmte Störungen wie Depressionen, Bindungsstörungen und narzisstische Störungen eher für eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie während Ängste, Süchte und Zwänge häufig besser mit einer Verhaltenstherapie behandelt werden können.

Im Einzelfall wird aber der behandelnde Arzt oder Therapeut von dieser Richtlinie abweisen und eine andere Empfehlung aussprechen.

Fazit:
Die Verhaltenstherapie geht von dem Grundsatz aus, dass menschliches Verhalten gelernt wird. Verhalten das wir irgendwann gelernt haben, können wir wieder verlernen. Positive und negative Verstärker bringen uns dazu, ein bestimmtes Verhalten zu erlernen. Die Verhaltenstherapie modifiziert diese Verstärker und hilft Menschen dadurch störendes Verhalten zu verlernen und ein neues, angemesseneres Verhalten zu erlernen.