Die Taxonomie: Allgemeines

Um in allen Sprachen mit der gleichen Systematik zur Pilzbestimmung arbeiten und Namens-Variationen umgehen zu können (z. B. Pfifferling auch Eierschwamm, Gelbschwämmchen, Gehlchen, Rehfüßchen genannt), erfand man für jede Pilzart einen zusätzlichen wissenschaftlichen Namen, der griechisch-lateinischen Ursprungs ist (Pfifferling, Cantharellus). Mit ihm lässt sich jeder Pilz eindeutig in eine wissenschaftliche Systematik (die Taxonomie) einordnen, die aus Klasse, Unterklasse, Ordnung, Familie, Gattung und Art besteht.

Taxonomie der Pilze
Für den Pfifferling lautet die Taxonomie beispielsweise:

  • Klasse
    Basidien oder Ständerpilze
    Basidiomycétes
    Bilden außen Sporen
  • Unterklasse
    Hutpilze
    Hymenomycétidae
    Blätter, Hymenium überzieht…
  • Ordnung
    Stachelinge und Ziegenbärte
    Cantharellales
  • Familie
    Pfifferlingartige
    Hydnáceae
  • Gattung
    Pfifferling
    Cantharellus
  • Artname
    Echter Pfifferling

Für den Steinpilz hieße der wissenschaftliche Name BOLETUS edulis; wobei Ersterer der Gattungsname und zweiterer der Artname ist. Eine Gattung (z. B. Armanita, Knollenblätterpilz) hat meist mehrere Arten.

Mehrere Gattungen bilden eine Familie (Namen auf –aceae: Amanitaceae), mehrere Familien eine Ordnung (Namen auf -ales: Agaricales) und mehrere Ordnungen bilden eine Klasse (Namen auf -mycetes: Basiodiomycetes ).

Es gibt zwei große Klassen: ( Ständerpilz-, Schlauchpilz-Klasse ), zwei Unterklassen (Hutpilze, Bauchpilze ), 12 Ordnungen (Blätterpilze, Seitlinge, Sprödblätter, Röhrlinge, Stachelinge &Zierbärte, Porenschwämme, Stäublinge, Hartboviste, Erdstern, Pilzblumen, Becherlinge, Trüffeln) und zahlreiche Familien, Gattungen und Arten.

Taxonomie der Pilze stützt sich vorwiegend auf mikroskopische (botanische) und biochemische Merkmale
Die Beachtung mikroskopischer Merkmale gibt der Bestimmung zusätzliche Sicherheit; für die Bestimmung kleinerer und seltener Pilze ist sie unerlässlich.

Wichtig ist die große Klassenunterscheidung in Ständerpilze und Schlauchpilze (Basidiomycetes & Ascomycetes). Die Schlauchpilze besitzen als gemeinsames Merkmal den Ascus (Schlauch, in dem die Sporen gebildet werden), die Ständerpilze Basidien, (flaschenförmige Zellen unter dem Hut) an deren Oberfläche Sporen gebildet werden.

Diese werden mit dem Wind verbreitet und sorgen für die Vermehrung. Dadurch bildet sich ein nach allen Richtungen ausbreitendes, verzweigtes Hyphengeflecht. Das Mycel bildet unter günstigen Bedingungen (Wetter, Böden etc.) neue Fruchtkörper. Ständerpilze besitzen zumeist Hut und Stiel und sind aus miteinander verflochtenen Pilzfäden aufgebaut

Ständerpilze und Schlauchpilze
Einfach in der Bestimmung sind solche Ständerpilze, wie Boviste (Lycoperdales), Korallenpilze (Ramariaceae), Erdsterne (Geastraceae), sowie alle grossen Schlauchpilze, nämlich Morcheln (Morchella), Lorcheln (Gyromitra, Helvella) oder echte Trüffeln (Tuber).

Bestimmungsmerkmale der Hutpilze sind Stiel- und Hutform (Poren oder Lamellen /"Blätter", ferner Röhren, Leisten oder Stacheln). Dabei interessieren die Form der Lamellen, ihr Anschluss an den Stiel ("Haltung") und der Lamellenrand ("Schneide").

Andere Pilze riechen stark (Knoblauchschwindling (Marasrnius scorodonius), Maggipilz (Lactarius helvus), Stinkmorchel (Phallus impudicus). Wieder andere weisen einen besonders eigenwilligen Geschmack auf: Täublinge (Russula) und Milchlinge (Lactarius).

Altersstadien der Pilze helfen
Vorteilhaft für die Bestimmung des Pilzes ist es, mehrere Altersstadien des gleichen Pilzes zur Verfügung zu haben, da viele Pilze ihr Aussehen im Laufe ihrer Entwicklung stark verändern. Die wichtige Farbe des Sporenstaubes erhält man, indem man die Pilzhüte einige Stunden, vor Austrocknung geschützt, auf weißes Papier legt. Die Sporenstaubfarbe ist nicht immer mit der Farbe der Blätter bzw. Röhren identisch.

Die Form der Sporen ist verschieden, z. B:

  • kugelig
  • ellipsoid
  • eiförmig
  • spindelförmig
  • zylindrisch
  • gekrümmt = allentoid
  • mandelförmig oder vieleckig

Die Oberfläche der Sporen ist z. B:

  • glatt  
  • punktiert
  • feinwarzig
  • grobwarzig
  • höckerig oder stachelig
  • warzig und zugleich netzig-gratig (Täublinge, Reizker)

Den Untersuchenden interessieren auch weitere Sporen-Merkmale, wie:   Sporenornament, Symmetrie, Flecken, Stielchen, Länge, Breite, auffällige Zellen. Typische Merkmale zur Erkennung der Basidiomyzeten sind Basidien, Basidiolen, Schnallen. Ihr Vorhandensein kontrolliert man an den relativ schmalen und dickwandigen Hyphen der Huthaut oder der Stielrinde. Sie fehlen z. B. den meisten Röhrlingen, den Egerlingen und dem Schwefelporling.

Pilzbestimmung (Bauch- und Schlauchpilze)
Untersuchung der Bauchpilze (Gasteromycetidae):  Bei bovistartigen Pilzen ist die Gleba stäubender, in der Natur ausgereifter Fruchtkörper aufschlussreich.

In diesem Zustand findet man keine Basidien mehr, jedoch reichlich Sporen, die sich von denen der Hutpilze unterscheiden (nicht zweiseitig symmetrisch, sondern kugelig, eiförmig, ellipsoid oder spindelig), ohne Keimsporen und Hilarflecken aber mit Sporenornament (Warzen, Stacheln, Runzeln, Netzleisten). Neben den Sporen finden sich in stäubenden Bauchpilzen oft Hyphen (Querwände, ohne Schnallen.).

Untersuchung der Schlauchpilze (Ascomycetes)
Das Hymenium größerer Schlauchpilze besteht aus Paraphysen (Hyphen mit Farbstoff und Aszi). Letztere enthalten farblose, braue, grünliche oder violette Askosporen. Sie sind glatt oder mit Warzen, Stacheln, Adern, Rippen bzw. netzartigen Ornamenten.

Ihre Form ist kugelig, ellipsoid, spingelig, selten nadel- oder fadenförmig. Es gibt kein Stielchen (Aprikulus); kein Hilum, keinen Hilarfleck. Keimsporen sind nur ausnahmsweise vorhanden. Die Öltropfen im Inneren der Askosporen können wichtige Bestimmungsmerkmale sein: zB. zur Unterscheidung von Frühjahrs-Lorchel   (2Tropfen), Riesen-Lorchel (3Tropfen) und Morcheln (Sporen ohne Tropfen).

Die Bestimmung
Die Bestimmung der meisten bekannten Pilze gelingt dem Pilzfreund bereits mit starker Lupe, zwei Pilzbüchern und kompletten Pilzexemplaren. (Stiel und Stielgrund enthalten wichtige Kennzeichen: z. B. den Hut eines Grünen Knollenblätterpilzes könnte er mit anderen Pilzen verwechseln, den Stiel nicht!). Vorteilhaft ist es, mehrere Altersstadien des gleichen Pilzes zur Verfügung zu haben, da viele Pilze ihr Aussehen im Laufe ihrer Entwicklung stark verändern.

Bloße Pilztafeln reichen nicht, weil sie nichts aussagen können zu Geruch (Karbol, Tinte, Anis, Fenchel, Knoblauch, Bittermandeln, Mehl, Käse, Obst, Rettich, Kartoffeln, Seife, Chlor, Hering oder traniger Fisch), zur Oberflächenbeschaffenheit (glatt, samtig, fettig, klebrig), Geschmack, (mild, scharf, pfefferig, bitter). Dazu bedarf es der zusätzlichen Beschreibung, gegliedert nach den Rubriken: Allgemeine Kennzeichen, Fruchtkörper, Stiel, Fleisch, Geruch, Geschmack, Wert, Zubereitung.

Pilzbücher
Pilzbücher stammen meist von Experten, die die Pilze im Laufe eines langen Lebens studierten, liebten und immer besser darstellen und beschreiben konnten. Einer der größten Pilzwissenschaftler war Elias Fries, Uppsala (1794-1878), der in hohem Alter rückblickend auf sein arbeitsreiches Leben schrieb:

"In der Abenddämmerung   meines Lebens denke ich daran, welch unendliche Freude mir das Studium der Pilze, das ich über 50 Jahre betrieben habe, stets bereitet hat. Allen Naturfreunden empfehle ich die Beschäftigung mit ihnen als eine unversiegliche Quelle der Freude und Bewunderung der Weisheit, welche das ganze Universum leitet."

Lesen Sie auch die Serie Pilze sammeln für Anfänger.