Die richtigen Worte finden, wenn es um den Körper und Intimes geht

Wenn es um Sex geht, wird eigentlich niemand zur Plaudertasche. Schon gar nicht, wenn es so aussieht, als könnte das konkrete Thema irgendetwas mit einem selbst zu tun haben. Aber auch, wenn es nur um die Weitergabe neutraler Informationen geht, tun sich viele Menschen schwer. Hinweise dazu, wie Sie für sich und die Situation den richtigen Ton und die richtigen Worte finden, bekommen Sie hier.

Dass man auch mit Kindern und Jugendlichen über Sexualität sprechen muss, leuchtet den meisten Menschen ein. Es geht nicht nur darum, ihnen wichtige Informationen zu erschließen, sondern auch darum, dass sie sich irgendwann einmal mit Sexualpartnern verständigen können und ggf. sie instand zu setzen sich angemessene Hilfe holen zu können, wenn ihre Grenzen verletzt wurden.

Wenn Eltern sich in meinen Veranstaltungen darüber austauschen, wie man am besten mit seinen Kindern über das Thema spricht, werden die unterschiedlichsten Stellungnahmen abgegeben:

"Auf keinen Fall verniedlichende Worte gebrauchen, wie Puller, Katharina oder Mausen." Hier wird befürchtet, dass nicht Eingeweihte nicht verstehen, oder noch schlimmer, verstehen und sich darüber amüsieren.

"Schon gar nicht vulgäre Ausdrücke wie Schwanz, Fotze und Ficken" sollen verwendet werden, da fürchtet man den abwertenden und pornografischen Unterton.

Mit Ausdrücken wie "untenrum" und "privater Bereich" outet man sich als verklemmt.

Bei "Vulva", "Penis" und "Koitus" gibt man dem Thema zu viel medizinisch-wissenschaftliche Distanz. Und "Scheide", "Glied" und "Begattung" werden als altmodisch empfunden. Dann gibt es da noch die Romansprache, die von "prallen Äpfeln", "Lanzen" und "Rittern" spricht oder märchenhaft tantrische Umschreibungen, die von "Lotosblüten" und "Jadestäben" erzählen. Aber was ist denn nun richtig und warum?

Wenn ich dazu befragt werde, ist meine Standard-Antwort: Es gibt keine falsche Sprache!

Sprache unterliegt einem ständigen Bedeutungswandel

Wussten Sie, dass selbst  Goethe vulgäre Texte verfasst hat? Wer heute "Hanswursts Hochzeit" liest, muss wohl eher schmunzeln, als sich ernsthaft zu empören. Sprache ist eben immer auch ein Produkt ihrer Zeit! So auch heute: Ausdrücke wie "geil" und "sexy" verlieren ihre ursprüngliche Bedeutung, sind gegenwärtig nichts weiter als positive Rückmeldungen und damit sozusagen entsexualisiert.

Da solcher Bedeutungswandel gerne parallel zum Generationenwechsel geschieht, sprechen Eltern und Kinder oft  unterschiedliche Sprachen. Wie jede andere Fremdsprache lässt sich diese natürlich erlernen und das Vokabular verliert schnell seinen Exotenbonus. 

Sprache verändert sich im Kontext

Vielleicht möchten Sie in einer launigen Erzählung unter Kumpels gern einmal in die Kiste mit den derben Ausdrücken greifen, vielleicht passen beim Liebespiel mal sanfte, aber auch mal schmutzige Worte und ganz sicher passen beim Arzt die lateinischen Begriffe. Die Wortwahl richtet sich einfach danach, in welchem Zusammenhang wir sprechen. Was Kinder und Jugendliche lernen sollten ist, die im jeweiligen Zusammenhang passende Wortwahl zu treffen. 

Sprache wird auf das jeweilige Gegenüber abgestimmt

Ich selbst bin in meinem Job mit Menschen unterschiedlicher Altersgruppen, Herkunft und Bildung beschäftigt. Ich verfüge über ein breites Vokabular und wende die unterschiedlichsten Begriffe an, um verstanden zu werden. Sprache hilft mir auch dabei, eine bestimmte Stimmung zu erzeugen. Zum Beispiel eine mehr sachliche Distanz einzuführen oder gerade im Gegenteil darauf zu verweisen, wie emotional und irrational Sexualität sein kann. Die Ausdrücke wähle ich danach aus, mit wem ich spreche.

Nur wer die Wahl zwischen vielen Ausdrücken hat, kann auch viel ausdrücken

Selbstverständlich sind wir als Eltern nicht allein für den Wortschatz unserer Kinder verantwortlich. Schule, Freunde und natürlich Medien unterschiedlichster Art sind mit zunehmendem Alter der Kinder ebenfalls einflussreich und sorgen für Vielfalt.

In der Familie gilt: Bei Kleinkindern sind Koseworte und verniedlichende Begriffe in Ordnung, weil sie ein Gefühl von Geborgenheit und familiärem Code vermitteln können. Größere Kinder sollten zusätzlich die in ihrer Gegend gebräuchlichen, sowie die lateinischen Begriffe kennen.

Durch den Einfluss des World Wide Web sind außerdem alle Anglizismen inzwischen gebräuchlich. Hier ist ggf. ein Update von Seiten der Erwachsenen notwendig. Jugendsprache sollten Sie verstehen, aber nicht unbedingt anwenden. Die wenigsten Jugendlichen schätzen das. Als Faustregel gilt: Inhalt schlägt Verpackung. Drücken Sie sich in ihren Gesprächen mit ihren Kindern also lieber weniger gewandt aus, als überhaupt nicht.