"Was werden Sie im Alter bekommen?"
Bietet man Ihnen ein "unverbindliches Beratungsgespräch" an, ist die Bedarfsermittlung in der Regel das erste Ziel. Dabei fragt man Sie zuerst, welche Ziele Sie haben. Doch dann kommt die Frage: "Wissen Sie eigentlich, wie viel Sie im Alter bekommen?" Sie wissen das natürlich nicht genau – und sitzen schon der Zahlen-Falle.
Der Versicherungsvertreter füttert nun eine vermeintlich objektive Software mit Ihren Zahlen, die wiederum viele neue Zahlen auswirft. Dabei macht der Versicherungsvertreter einen besorgten Gesichtsausdruck. Das Ergebnis: In der Regel reicht Ihre Vorsorge bei Weitem nicht aus.
Der Vertreter hat an dieser Stelle zwei Vorteile: Einerseits befinden Sie sich in einer Schocksituation, andererseits kennt er Ihre Situation und kann Ihre augenblickliche Verwirrung ausnutzen, um in die "ermittelte Bedarfslücke" mit seinem Angebot zu stoßen
Wie Sie diesen Trick aushebeln: Bereiten Sie sich auf ein Gespräch vor. Nutzen Sie vorab einen unabhängigen Bedarfsermittler. Einen solchen bietet beispielsweise der Bund der Versicherten an.
"Sie haben für Ihre Familie nicht ein paar Euro übrig?"
Klassische Situation: Der Berater sitzt vor Ihnen und spricht Ihre familiäre Situation an. Der Versicherungsvertreter wird anhand Ihres Einkommens eine Zahl in den Raum stellen, die sich meist im sechsstelligen Bereich bewegt. Dann kommt die entscheidende Frage: "Was denken Sie, was Sie dieser Schutz Ihrer Familie kosten wird?"
Die Falle ist gestellt, und Sie haben fast keine andere Chance, als hineinzulaufen. Der Vertreter liefert Ihnen den Betrag in Sekundenschnelle. "XY Euro im Monat, das sind Y Euro am Tag." Das ist der Betrag für eine Unfallversicherung – nicht für eine teurere Lebensversicherung, an die Sie vermutlich gedacht haben.
Nun appelliert der Versicherungsvertreter an Ihr Gewissen als Vater, Mutter, Ehemann, Ehefrau und fragt Sie, ob Ihnen Ihre Familie diesen "geringen Beitrag am Tag" nicht wert ist. Beantworten Sie sich diese Frage mit "Nein", stehen Sie vor sich selbst als verantwortungslos da. Antworten Sie mit "Ja", müssten Sie eigentlich unterschreiben.
So nehmen Sie diesem Psycho-Trick die Kraft: Blocken Sie konsequent jeden Versuch ab, Sie zum sofortigen Abschluss zu bewegen. Nutzen Sie dabei das Überraschungsmoment, das der Verkäufer auf seiner Seite wähnt.
"Herr Vertreter, damit schaffen Sie eine völlig neue Situation. Das betrifft meine Familie ganz direkt, und deshalb möchte ich das mit meiner Familie besprechen." Nutzen Sie danach in Ruhe unabhängige Finanzportale, um die Vorschläge des Vertreters zu prüfen.
"Vertrauen Sie mir"
In vielen Beratungsgesprächen kommt irgendwann der Punkt, wo der Berater den Kunden auffordert, ihm zu vertrauen. Die ARD-Sendung Plusminus thematisierte im Februar 2012 die sogenannte "Ergo-Verstehensgarantie" und ließ die Beratung des Unternehmens "Ergo" testen.
Ein Vertreter erklärte einer Testerin: "Wissen Sie, Sie müssen auch nicht alles kapieren, was wir hier besprechen, gerade als Hausfrau. Aber die Fakten stimmen, glauben Sie mir ruhig."
Das Vertrauen des Kunden ist insbesondere dann ein starkes Argument, wenn bereits eine persönliche Verbindung besteht, etwa wenn es sich um eine Bekanntschaft aus der Freizeit handelt. Viele Kunden gehen dabei den Weg des geringsten Widerstandes und schließen einen Vertrag, der womöglich länger besteht als die persönliche Beziehung. Dieses Vorgehen ist insbesondere bei Unternehmen mit Strukturvertrieb eine oft gesehene Strategie.
Was tun? Distanzieren Sie den Vertreter: Zwar sollten Sie den Vertreter nicht vor den Kopf stoßen, aber machen Sie ihm klar, dass es hier schließlich ums Geschäft geht. Er bewirbt sich mit seinem Angebot um Ihren Zuschlag, daher sollte er damit rechnen, dass Sie kritisch vergleichen.
"Das stimmt doch, oder?"
"Nein!" ist ein konfliktgeladenes Wort. Deshalb stellen viele Vertreter zu Beginn ihres Gesprächs Fragen, auf die Sie wie zufällig nur mit "Ja!" antworten können. Der Trick ist, dass es für Sie mit jedem "Ja!" schwieriger wird, ein "Nein!" entgegenzusetzen.
In der Verkaufspsychologie wird das die Ja-Straße genannt – am Ende sagt man "Ja" zum eigentlich ungewollten Vertrag.
Lernen Sie von den Chinesen: Gewiefte Verhandlungsprofis, die mit Chinesen Geschäfte machen, kennen die Art der Chinesen "Nein!" zu sagen. Sie sagen "Nein!", indem sie "Ja!" sagen. Hinter dem "Ja!" kommt dann das kleine Wörtchen "aber".
Sagt der Chinese also "Ja, aber bedenken Sie bitte noch a und b", so bedeutet das ausgeschrieben: "Ich stimme Ihnen nicht zu." Die "Ja, aber" -Taktik lässt den Versicherungsvertreter ins Leere laufen, da Sie seine Frage weiterhin mit "Ja!" beantwortet haben.