Die Klassische Reitlehre: Einführung

Was ist unter dem Wort „klassische Reitlehre“ überhaupt zu verstehen, und was ist ihre Zielsetzung? Die klassische Reitlehre beziehungsweise Reitkunst ist nichts anders als eine Reitweise, die sich im Lauf von Jahrhunderten entwickelt und als einzig richtige herauskristallisiert hat, um ein williges, freudig mitarbeitendes und im Sekundengehorsam stehendes Pferd hervorzubringen.

Ein solches Pferd kann der Reiter mit einer Hand tummeln wie ein König in seinem Reich, ohne hierbei seine und die Kräfte des Pferdes durch dessen seelischen und körperlichen Widerstand unnütz zu verbrauchen.

Wenn man diese Grundsätze beherzigt, zeichnet sich das Pferd durch lange Gebrauchsfähigkeit aus, nimmt an Fülle und Schönheit zu und gibt dem Reiter das Gefühl, so bis an das Ende der Welt reiten zu können, da sich das Pferd im seelischen und körperlichen Gleichgewicht befindet.

Die klassische Reitweise bringt ein Kunstwerk hervor

Die klassische Reitweise bereitet den Boden dafür, indem sie dem Pferd alle Verkrampfungen und Spannungen nimmt. Der Reiter wird in die Lage versetzt, aus einem unbehauenen Stein ein Kunstwerk entstehen zu lassen, das als höchstes Ziel der klassischen Reitlehre anzusehen ist.

Schon ein leicht am Zügel stehendes Pferd, das in völliger Losgelassenheit bei hergegebenem Genick – dieses in der Aufrichtung höchster Punkt, Nase vor der Senkrechten – im schwungvollen Gange dahingeht, also an den Hilfen steht und dem Reiter dadurch einen Blankoscheck über seinen Körper ausgestellt hat, kann als kleines Kunstwerk gelten.

Bildnachweis: Pascale Gueret / stock.adobe.com