Die Aufsichtspflicht der Lehrer

Hier ein Fall, der besonders für Lehrer und Schulleiter, aber auch Eltern interessant sein dürfte: Auf einem Parkplatz neben dem Schulhof einer Grundschule wurde ein Pkw durch Steinwürfe von Schülern während der Unterrichtspause beschädigt. Der Geschädigte verlangte von der Aufsicht führenden Lehrkraft wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung Schadensersatz – ohne Erfolg.
Die Begründung der Richter:
Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die Lehrkräfte der Schule die amtliche Pflicht haben, die ihnen anvertrauten Kinder so zu beaufsichtigen, dass Schäden Dritter möglichst vermieden werden. Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimme sich nach Alter, Eigenart und Charakter der Kinder, nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen nach ihrem jeweiligen Verhalten zugemutet werden kann. Entscheidend sei letztlich, was ein verständiger Aufsichtspflichtiger nach vernünftigen Anforderungen im konkreten Fall unternehmen muss, um Schäden durch das Kind zu verhindern.

Hiervon ausgehend konnte eine Aufsichtspflichtverletzung der Lehrer nicht festgestellt werden. Bei Grundschülern in einer Altersgruppe von 6 bis 10 Jahren könne – so die Richter weiter – unterstellt werden, dass ihnen die Gefahr der Entstehung von Schäden an Personen oder Sachen bei Steinwürfen bereits bewusst ist. Dies werde Kindern erfahrungsgemäß noch vor Erreichen der Schulreife von den Erziehungsberechtigten immer wieder eingeschärft und mit dem Verbot derartiger "Spiele" verbunden. Darauf, dass eine derartige Erziehung im Elternhaus erfolgt ist, dürfe sich das Lehrpersonal verlassen. 

Eine ständige Beobachtung sämtlicher Kinder, die sich während der Pause im Außengelände aufhalten, könne vom Aufsichtspflichtigen nicht verlangt werden. Eine dauernde Überwachung "auf Schritt und Tritt" sei nicht einmal bei Kindern im Kindergartenalter und erst recht nicht im Schulalter erforderlich. Im Rahmen einer verantwortlichen Erziehung müssten auch Freiräume eingeräumt werden, bei denen ein sofortiges Eingreifen der aufsichtspflichtigen Lehrkraft nicht möglich ist (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.12.1995, Aktenzeichen: 18 U 91/95).