Das freiwillige, unentgeltliche Engagement idealistisch orientierter Menschen in einem Ehrenamt, als tragende Säule der Gesellschaft, gerät ins Wanken. Demografische Faktoren, größer werdende individuelle Zwänge aus der fortschreitenden Globalisierung und egoorientierte “moderne“ Lebensweisen in der jüngeren Generation lassen Interesse und Zeit für ein gemeinschaftliches Miteinander der Menschen schwinden. Öffentliche Aufmerksamkeit, Aufklärung in der Gesellschaft und zielgerichtetes Werben um gemeinschaftliches Engagement sind Lösungsmöglichkeiten.
Die ARD, Das Erste Deutsche Fernsehen, führt gegenwärtig auf seinen Kanälen und Radioprogrammen eine Themenwoche zur Bekanntmachung, Würdigung und Förderung des Ehrenamtes in Deutschland durch. Eine tolle Sache, aber wie geht es nach dieser einen Woche Aufmerksamkeit weiter? Geht ein Ruck durch die Gesellschaft oder war es wieder nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein, der die beabsichtigten Signale am Ende schnell in Vergessenheit geraten lässt?
Sie, als Verein, können sich nicht auf die kurzlebige Aufmerksamkeit von “oben“ verlassen. Im Alltagsgeschäft des Ehrenamtes bleibt Ihnen nur der Verlass auf sich selbst und Ihre Mitstreiter um sich mit neuen und gewillten Engagierten zu verstärken. Wissen über die Situation des deutschen Ehrenamtes ist der Anfang.
Fakten, Analysen und Informationen zum Ehrenamt in Deutschland:
- 550000 Vereine
- 23 Millionen ehrenamtlich aktive Menschen
- vergleichbare Arbeitskräfte: 3,2 Millionen Vollzeitbeschäftigte
- Verdienstwert bei 7,50 Euro/Stunde Mindestlohn: 35 Milliarden Euro/Jahr
- 2% des bundesdeutschen Volkseinkommens
Diese imposanten Zahlen, ohne die die deutsche Gesellschaft bei allem staatlichen Wollen sozial orientiert nicht existieren könnte, rufen auch Kritiker auf den Plan. Mit der Begründung, der Staat würde sich angesichts dieses Volumens ein großes Stück seiner sozial gesellschaftlichen Verantwortung entziehen und damit seine öffentlichen Kassen entlasten.
Viele Bürger führen aus diesem Grund keine ehrenamtliche Tätigkeit durch. Mit oder ohne Verständnis dafür, ohne das Ehrenamt funktioniert keine Gesellschaft. Bei einer größeren ablehnenden Haltung in der Bevölkerung gegenüber dem Bürgerengagement sind die persönlichen negativen Folgen schnell spürbar.
Der aktuell demografische Faktor im Ehrenamt:
- 36% der 14-24 jährigen Deutschen engagieren sich im Ehrenamt.
- 30% der Senioren ab 60 Jahre
- Über 65 jährige sind stark unterpräsentiert.
- 39% der Deutschen im Ehrenamt sind Männer.
- 32% sind Frauen
In diesen Angaben liegen Reserven zur Gewinnung ehrenamtlich Tätiger. Die größten im Seniorenbereich ab 60 Jahre. Argumentieren Sie: Gemeinschaftsleben schützt vor Einsamkeit im Alter, hält jung, geistig und körperlich gesund und lässt das vergangene und fehlende Erwerbsleben schneller vergessen. Auch junge Menschen sind bei geschickter Herangehensweise noch zu begeistern. Ihre größtenteils persönlichen und zeitlichen Freiräume sind prädestiniert für freiwilliges Engagement. Bürger im Haupterwerbsalter zwischen 25 und 59 Jahre sind trotz ihrer gesellschaftlichen Zentrallast und der Vielfachbelastung im täglichen Leben am engagiertesten.
In vielen Vereinen sind die Engagierten ehrenamtliche Urgesteine. 20, 30, 40, 50 Jahre im Geschäft. Die heutige schnelllebige Gesellschaft wandelt die personifizierten Vereinsstrukturen. Eine wirtschaftlich bedingte und wechselnde individuelle Lebensplanung lässt oft nur kurzfristige Engagements, teilweise auch nur für Projekte zu. Erschwerend für eine gesicherte Vereinsentwicklung
Bevölkerungsinteresse der Deutschen für das Ehrenamt
Zentraler Antrieb ehrenamtlichen Interesses ist immer noch die Möglichkeit zur Mitgestaltung der Gesellschaft. Immer mehr wird der Erwerb organisatorischer, sozialer und inhaltlicher Kompetenzen für die Nutzung im Berufsleben interessant. In den Bundesländern, in denen die soziale Lage noch sehr günstig ist, ist auch ehrenamtliches Engagement stärker vertreten (Baden Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern). Den sozialen Gegenpol bilden Bremen und Berlin. Eigentlich müsste es umgekehrt sein. Im Westen Deutschlands engagieren sich 36,6% der Bevölkerung freiwillig in der Gesellschaft, im Osten nur 26,5%. In den Köpfen sitzt vielfach noch die Abneigung gegenüber dem früheren Kollektivierungszwang.
Führende Interessengebiete für das Ehrenamt sind:
- Sport/Bewegung
- Schule/Kindergarten
- Kirche/Religion
- Sozialbereiche
- Jugendarbeit/Bildung
- lokales Bürgerengagement
Je kleiner der Ort in Deutschland ist, desto näher kennen sich natürlich die Menschen. Demzufolge ist das ehrenamtliche Miteinander dort am meisten ausgeprägt. Die jeweilige soziale Situation vor Ort entscheidet über die Interessengebiete bürgerlichen Engagements.
Wer sich ehrlichen Herzens einem freiwilligen und unentgeltlichen Ehrenamt hingibt sieht darin eine persönliche Lebenserfüllung und verlangt in der Regel keine Gegenleistung. Die sogenannte menschliche Wertegemeinschaft darf diese Umstände nicht vergessen. Das Ehren, Pflegen und Unterstützen selbstlos tätiger Menschen ist das Mindeste, das die Gesellschaft zurückgeben kann und muss.
Daten und Fakten aus dem Internetauftritt: ARD-Themenwoche: “Ist doch Ehrensache! – Wie Menschen sich für die Gesellschaft engagieren".