Das bedeutet das neue EU-Erbschaftsrecht für Sie

Das EU-Erbschaftsrecht wurde bereits 2012 beschlossen, die EU-Staaten hatten drei Jahre Zeit eine entsprechende Regelung in ihr jeweiliges nationales Recht umzusetzen. Seit dem 17. August 2015 hat es nun auch in Deutschland Gültigkeit. Dies hat in vielen Fällen Auswirkungen auf deutsche Staatsbürger.

Wer von den Änderungen betroffen ist

Nach dem bisherigen Recht galt das Erbrecht des Landes, dessen Staatsbürger der Erblasser ist. War der Verstorbene ein Deutscher, fand das Erbrecht des deutschen Staates Anwendung. Nun gilt das Prinzip des gewöhnlichen Aufenthalts. Lebt ein Deutscher im Ausland, muss er damit rechnen, dass im Erbfall das Recht des Landes angewandt wird, in dem er lebt. Rentner, die den Lebensabend auf Mallorca verbringen, ältere Menschen, die in ausländischen Pflegeheimen untergebracht sind oder jüngere, die im Ausland wohnen und arbeiten sind davon betroffen.

Das EU-Erbschaftsrecht gilt für Personen, die in den Staaten der EU leben, mit Ausnahme von Irland, Großbritannien und Dänemark. Es ist auch gültig, wenn Sie einen Wohnsitz außerhalb von Europa haben. Wichtig ist der gewöhnliche Aufenthalt, also dass Sie sich ständig in dem Land aufhalten. Wie lange Sie in einem Land leben, ist nicht immer von Bedeutung. Wer im Urlaub im Ausland stirbt, ist nicht davon betroffen, selbst wenn er sich Monate in dem Land aufgehalten hat. Umgekehrt kann ein Deutscher, der zum Zweck der Arbeitsaufnahme in die USA reist, schon am ersten Tag dem US-Erbschaftsrecht unterliegen.

Mögliche Folgen für die Hinterbliebenen

Das Erbrecht ist in den einzelnen Staaten unterschiedlich geregelt. Besonders sogenannte Berliner Testamente und die Pflichtteilregelungen können durch das EU-Erbschaftsrecht hinfällig sein. Generell besteht die Möglichkeit, dass Passagen in Testamenten ungültig sind, weil es entsprechende Regelungen in dem Land, in dem der Erblasser wohnte, nicht gibt.

Probleme treten auch auf, wenn Sie Ihr Testament machen. In vielen Ländern erben Ehepartner grundsätzlich nicht, ihnen steht höchstens ein Nießbrauch an einer Immobilie zu. Während nach deutschem Recht der Partner in der gesetzlichen Erbfolge die Hälfte eines Vermögens erbt, würde er leer ausgehen, wenn das Erbe laut EU-Erbschaftsrecht unter die Gesetze eines dieser Länder fällt.

Welche Folgen das EU-Erbschaftsrecht für Sie genau hat, hängt davon ab, in welchem Land der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das Berliner Testament, in dem der Ehegatte zunächst alles erbt, ist fast immer betroffen, da es diese besondere Regelung in kaum einem anderen Staat gibt.

Mögliche Vorkehrungen, um die Folgen zu verhindern

Bestehende Testamente unterliegen trotz des EU-Erbschaftsrechts einem Bestandsschutz, allerdings ist bei Erbverträgen ein Zusatz nötig, in dem beide Partner erklären, dass für den Nachlass das deutsche Recht zuständig ist. Der Zusatz muss eigenhändig handschriftlich erfolgen und Angaben über Ort und Datum sowie beide Unterschriften enthalten. Ein solcher Zusatz ist für alle Testamente zu empfehlen.

Generell haben alle Deutschen die Möglichkeit über ein Testament zu verfügen, dass im Falle ihres Todes das deutsche Erbrecht zur Anwendung kommt. Nach dem EU-Erbschaftsrecht betrifft dies auch das im Ausland befindliche Vermögen.

Bevor sie nun vorschnell durch ein Testament dafür sorgen, dass Ihr Vermögen nach deutschem Recht vererbt wird, sollten Sie sich mit einem Notar beraten, der die Gesetze des Gastlandes kennt. Es kann sein, dass diese günstiger sind.

Einen Vorteil hat das EU-Erbschaftsrecht auf jeden Fall. Streitigkeiten, welches Erbrecht anzuwenden ist, gibt es nicht mehr. Es herrscht nun Rechtsklarheit, für wen welches Recht gilt. Außerdem ist ein Europäisches Nachlasszeugnis vorgesehen, mit dem die Erben Ihre Rechtsstellung nachweisen können.