Champagner und Dosage: Wie trocken ist Champagner?

Beim Etikett geht es schon los… Die meisten Champagner tragen auf dem Etikett das Wörtchen „Brut“. Was sich dahinter verbirgt und ob es sich dabei nur um die französische Übersetzung des Wortes „Trocken“ handelt, ist vielen Käufern nicht klar.

Unterschiedliche Bezeichnungen für Champagner und Stillweine

Die Bezeichnung für Süßegrade im Schaumweinbereich unterscheidet sich radikal von der Bezeichnung von Stillweinen. Zu unterscheiden sind dabei einerseits die weinbezeichnungsrechtlichen Vorgaben zu den analytischen Werten, andererseits die tatsächliche Geschmackswahrnehmung bei der Verkostung.

So kann der Weißweintrinker zum Beispiel bei einem Rheingauer Riesling, der als „Trocken“ gekennzeichnet ist, von einem weinrechtlich festgelegten Restzuckergehalt bis höchstens 4 g/l (bzw. höchstens 9 g/l ausgehen), wenn der   Gesamtsäuregehalt höchstens 2 g/l niedriger ist, als der Restzuckergehalt, siehe dazu Art. 16 Abs. 1 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 753/2002 der Kommission, vom 29. April 2002.

Der Kohlensäuregehalt in Schaumweinen beeinflusst aber die Geschmacksempfindung und eine vorhandene Süße wird weniger stark wahrgenommen. Daher gilt ein Schaumwein weinbezeichnungsrechtlich erst dann als „Trocken“, wenn sein Zuckergehalt zwischen 17 und 35 g/l liegt, siehe Anhang VIII, D. Ziff. 3, 5. Spiegelstrich zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein.

Die Bezeichnungen im Einzelnen

Die Europäische Union hat das Bezeichnungsrecht für alle Schaumweine vereinheitlicht. Berücksichtigt sind deshalb auch die wichtigsten, traditionell herausgebildeten jeweiligen landessprachlichen Bezeichnungen für bestimmte Süßegrade.  

Champagner: Brut Nature, Brut Zéro

Der Zuckergehalt muss unter 3 g/l liegen und die Bezeichnung darf nur dann verwendet werden, wenn kein Zucker zugesetzt wurde. Diese Champagner sind unter Terroiranhängern sehr beliebt, denn sie zeigen nach ihrer Auffassung die Eigenschaften der Assemblage in Reinkultur. Die größte Schwierigkeit, die solche Champagner haben, ist ihre teilweise nur schwach ausgeprägte Alterungsfähigkeit.

Champagner, die gar keinen Dosagezucker erhalten haben, wirken oft schon nach wenigen Jahren gezehrt. Zum Teil wird dieses in der Tiefe noch nicht erforschte Phänomen darauf zurückgeführt, dass bei den äußerst komplexen chemischen Prozessen, die während der Flaschenreifung stattfinden, keine sogenannte Réaction Maillard möglich ist, wenn der Zuckergehalt zu niedrig ist. Dadurch fehle es diesen Champagnern an aromatischer Fülle und den typischen Reifenoten.

Champagner Extra Brut

Der Dosagezucker muss zwischen 0 – 6 g/l liegen. Das bedeutet, dass auch ein völlig dosageloser Champagner als „Extra Brut“ verkauft werden darf, nicht jedoch umgekehrt. Dieses Überschneidungsprinzip gilt auch für die anderen Süßegrade.  

Champagner Brut

Der Dosagezucker für die meistverkauften Champagner liegt zwischen 0 – 15 g/l. Innnerhalb dieser Bandbreite bewegen sich einige, vor allem kleinere Erzeuger dicht am Extra Brut. Begründet wird das oft mit einer besseren Herausarbeitung der Grundweineigenschaften.

Die großen Häuser verkaufen ihre Champagner hingegen oft mit einer Dosage, die jenseits der 10 g/l liegt, weil sich gezeigt hat, dass die meisten Kunden einen süffigeren, fruchtigeren Stil beim Champagner bevorzugen. Die Erfinderin dieses gegenüber dem Geschmack des 19. Jahrhunderts als kompromisslos und ultratrocken empfundenen Dosagegrads ist übrigens Louise Pommery, eine der berühmten Champagnerwitwen und Inhaberin des Hauses Pommery in Reims.  

Champagner Extra-Dry

Liegt der Dosagezucker bei 12 – 20 g/l, handelt es sich bereits um einen „Extra-Dry“ Champagner. Diese Geschmacksrichtung war auf dem englischen Exportmarkt, der lange Zeit zusammen mit Russland einer der wichtigsten Auslandmärkte für die Champagne war, sehr beliebt.

Aus dieser Epoche stammen auch die teils englischen Bezeichnung für unterschiedliche Süßegrade. Zahlreiche Champagner der großen Häuser liegen in der Übergangszone zwischen Extra-Dry und Brut, werden aber – was zulässig ist – als Brut verkauft. Entscheidend für die Geschmackswahrnehmung ist dabei nicht nur der Zuckergehalt, sondern insbesondere das verhältnis des Zuckers zum Säuregehalt. Liegt der Anteil an frischer Äpfelsäure sehr hoch, kann ein mit 15 g/l dosierter Champagner trotzdem noch sehr trocken wirken.

Champagner Sec

Champagner mit 17-35 g/l Dosagezucker dürfen als „Sec“ vermarktet werden, was der deutschen Bezeichnung „Trocken“ entspricht. Sie werden von der Mehrheit der Konsumenten aber nicht im selben Sinne wie ein trockener Stillwein als trocken ampfunden. Daher rührt eines der größten Missverständnisse bei der Einordnung der Etikettenangaben von Stillwein und Champagner, bzw. Schaumwein.

Champagner Demi-sec

Der bis in die 70er Jahre beliebte Süßegrad „Demi-Sec“ setzt einen Dosagezucker von 35 – 50 g/l voraus. Heute gibt es nicht mehr sehr viele Champagnerhäuser, die diesen Stil noch pflegen. Das liegt an dem Wechselspiel von Kundengeschmack – der sich zwischenzeitlich in Richtung „Brut“ orientiert hat – und der mit häherem Zuckergehalt einhergehenden Gefahr, einen konturlosen Aromenbrei zu erhalten, der auch noch die Gefahr birgt, dass Weinfehler überdeckt werden.  

Champagner Doux

Der Dosagezucker liegt bei diesen seltenen Champagnern über 50 g/l. Zwar spielt bei den süßen Champagnern die Botrytis keine Rolle (sie wird wegen der speziellen Vinifikationsmethode des Champagners sogar nach Möglichkeit vermieden), gleichwohl sind „Doux“ dosierte Champagner ebenso erstklassige Speisenpartner wie die edelfaulen Süßweine der Welt. So eignen sie sich wegen ihrer Kohlensäure vor allem dazu, bei Blauschimmelkäse, raffinierten Schokoladendesserts und Foie Gras ungewohnte Akzente zu setzen.  

Wahlmöglichkeit für Champagner-Erzeuger

Wenn der Dosagezucker des Champagner zwischen zwei für die Verwendung der aufgeführten Begriffe maßgeblichen Grenzwerten liegt, hat der Erzeuger die Wahl, welchen von beiden er verwendet.

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