Cannabis: Was sind die Risiken einer unkontrollierten Anwendung?

Während beim medizinischen Cannabis das Argument der Suchtgefahr für Erkrankte nicht greift, wirft das Inkrafttreten des neuen Cannabisgesetzes zahlreiche Bedenken hinsichtlich unkontrollierter Nutzung auf. Bereits im Vorjahr äußerten sowohl das Bundesgesundheitsministerium als auch die Bundesärztekammer die Befürchtung, dass die Legalisierung die Anzahl der Freizeitkonsumenten erhöhen könnte. Doch führt diese Erhöhung tatsächlich zu mehr Suchtkranken? Und wie können Freizeitkonsumenten eine unkontrollierte Anwendung überhaupt “kontrollieren”?

Frühzweifel am Cannabisgesetz

Das Inkrafttreten des Cannabisgesetztes geht mit einer Vielzahl an Bedenken einher. Im Fokus steht darunter die Sorge, die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken würde den Freizeitkonsum ansteigen lassen. Besonders betroffen würden davon Jugendliche sein, welche verstärkt medizinische Hilfe in Anspruch nehmen müssten. Doch auch Erwachsene betrifft der Freizeitkonsum. Eine Studie des Bundesgesundheitsministeriums bestätigte bereits im Jahr 2023, wovor die Bundesärztekammer seit Jahren warnt: Die Legalisierung von Cannabis könnte zur Verharmlosung einer Droge führen, welche nachgewiesenermaßen abhängig macht und zu schweren Entwicklungsschäden gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen führen kann.

Erhöhung der Anzahl an Suchtkranken

Die potenzielle Zunahme der Freizeitkonsumenten wirft die Frage auf, ob dies zwangsläufig zu mehr Suchterkrankungen führt. Grundsätzlich ist, wie in der Studie des BMG bestätigt, davon auszugehen. Doch das letzte Wort wurde noch nicht gesprochen. Denn letztendlich liegt es in der Verantwortung der Konsumenten, ihren Gebrauch bewusst und kontrolliert zu gestalten. Hier rücken Sensibilisierungsmaßnahmen in den Fokus. Präventive Maßnahmen wie Aufklärung über Risiken, moderater Konsum und regelmäßige Pausen können helfen, die Gefahr einer Sucht zu minimieren. Eine informierte und verantwortungsbewusste Anwendung gilt als entscheidend, um die Vorteile der Legalisierung ohne die negativen Konsequenzen zu genießen.

Aufklärung als Maßnahme sensibilisiert

Um den verantwortungsvollen Umgang mit Cannabis zu fördern, ist umfassende Aufklärung essenziell. Diese sollte nicht nur die Wirkungen, sondern auch die Risiken des Konsums deutlich machen.

Teil 1: Die Wirkung von Cannabis

Die Wirkung von Cannabis ist stark abhängig von der aktuellen bewussten sowie aber auch unter bewussten Gefühlslage. Auch die Situation der konsumierenden Person, die Menge und Art des Cannabis sowie der Konsumform (rauchen, essen, trinken) können die Wirkung beeinflussen. Cannabis verstärkt häufig aktuelle Gefühlslagen und kann dadurch sowohl positive als auch negative Grundstimmungen intensivieren. 

Körperliche Wirkungen umfassen eine erhöhte Herzrate, trockenen Mund, gerötete Bindehaut der Augen, Entspannung der Muskulatur, Bewegungsstörungen und Schwindel. Psychische Wirkungen beinhalten Euphorie, Enthemmung, Lach- oder Rededrang, aber auch Unruhe, Angst und paranoide Episoden. Ein verändertes Zeitgefühl, eine verlangsamte Reaktionszeit und Beeinträchtigungen kognitiver Funktionen wie Arbeitsgedächtnis und Entscheidungsfindung sind ebenfalls häufig.

Teil 2: Die Risiken des Konsums

Die oben genannten Wirkungen von Cannabis bergen erhebliche Risiken. Eine erhöhte Herzrate und Kreislaufstörungen können gesundheitlich bedenklich sein, besonders bei Überdosierung oder ungeübten Konsumierenden. Psychische Effekte wie Unruhe, Angst und paranoide Episoden können zu schweren mentalen Belastungen führen. Verstärkt können diese psychischen Effekte bei dem Konsum von synthetischen Cannabinoiden und dem Mischkonsum (z.B. Konsum von Alkohol und Cannabis zur selben Zeit) auftreten.

Die Beeinträchtigung kognitiver Funktionen und das veränderte Zeitgefühl erhöhen das Risiko von Unfällen und Fehlentscheidungen. Langfristiger und unkontrollierter Konsum kann insgesamt zu anhaltenden mentalen Beeinträchtigungen und Abhängigkeit führen.

Risikoärmeren Konsum sicherstellen

Wer sich nun dafür entscheidet, Cannabis in regelmäßigen Abständen zu konsumieren, sollte versuchen, seinen Konsum so risikoarm wie möglich zu gestalten. Eine Maßnahme sollte es deshalb sein, vorerst auf synthetische Cannabinoide zu verzichten. Denn ihre Anwendung kann nur unter medizinischen Verschreibungen gesichert sein. Die Herstellung außerhalb der medizinischen Verwendung ist unkontrolliert und illegal.  

Stattdessen sollten Konsumenten versuchen, auf natürliche Quellen zurückzugreifen. Im Zuge der Legalisierung ist es hier womöglich am sichersten, sein Cannabis für den Konsum eigenständig anzupflanzen. Hierfür stehen Konsumenten zwei Möglichkeiten offen: Zum einen können sie ihre Pflanzen im Innenbereich unabhängig von der Jahreszeit anbauen. Eine weitere Möglichkeit ist es, die Cannabispflanzen draußen anzubauen. Eine Anleitung zum Cannabis Anbau beider Variationen kann Online eingesehen werden.

Eine weitere Maßnahme, die Konsumenten treffen können, ist die Einhaltung der sogenannten „Lower-Risk Cannabis Use Guidelines“:  

Ein internationales Forschungsteam von Suchtforschern hat Konsumenten eine Liste an Empfehlungen aufgestellt. Die sogenannten „Lower-Risk Cannabis Use Guidelines“. Diese wurden erstmals in dem Jahr 2011 veröffentlicht und in den Jahren 2017 sowie 2022 aktualisiert. Sie umfassen insgesamt 12 Empfehlungen. Die Suchtforscher betonen, es würde grundsätzlich keinen risikofreien Konsum geben. Mit der Einhaltung der Richtlinien könnten Konsumenten jedoch ihren Freizeitkonsum in unkontrollierter Anwendung etwas mehr „kontrollieren“. 

Die Lower-Risk Cannabis Use Guidelines

Die Richtlinien bieten praxisnahe Empfehlungen für Konsumierende, um verantwortungsbewusster mit Cannabis umzugehen. Die folgende Liste fasst die Richtlinien zusammen und soll helfen, potenziell negative Auswirkungen zu reduzieren und einen sicheren Konsum zu fördern.

  1. Der erstmalige Cannabiskonsum sollte so weit wie möglich hinausgezögert werden, um gesundheitliche Risiken zu minimieren.
  2. Konsumierende sollten Cannabis mit niedrigem THC-Anteil wählen, da gesundheitliche Risiken mit dem THC-Gehalt steigen.
  3. Das Rauchen von Cannabis schädigt die Atemwege; Verdampfen oder Vaporisieren kann diese Risiken verringern.
  4. Konsumierende sollten Cannabis nicht tief einatmen oder den Atem anhalten.
  5. Konsum sollte auf maximal 1-2 Tage pro Woche begrenzt werden, um schädliche Auswirkungen zu vermeiden.
  6. Konsumierende sollten legale Produkte nutzen, um unbekannte Wirkstoffgehalte und schädliche Substanzen zu vermeiden.
  7. Reduktion oder Konsumpause bei beeinträchtigter geistiger Leistungsfähigkeit Bei verminderter geistiger Leistungsfähigkeit sollte der Konsum reduziert oder pausiert werden.
  8. Personen sollten kein Fahrzeug führen oder Maschinen bedienen, solange die Cannabiswirkung anhält.
  9. Cannabis kann Fruchtbarkeit beeinträchtigen und die Entwicklung des Kindes negativ beeinflussen.
  10. Der Mischkonsum mit anderen Substanzen erhöht gesundheitliche Risiken und sollte vermieden werden.
  11. Menschen mit Herz-Kreislauf-Problemen, Psychosen oder Gemütserkrankungen sollten besonders vorsichtig sein.
  12. Mehrere Risikofaktoren wie früher Einstieg, häufiger Konsum und hoch-potentes Cannabis erhöhen das Risiko für Abhängigkeit und psychische Erkrankungen.

Fazit

Während bei medizinischem Cannabis die Suchtgefahr für Erkrankte nicht relevant ist, bleibt die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken von zahlreichen Bedenken begleitet. Die Verantwortung liegt bei den Konsumenten selbst, ihren Gebrauch bewusst und kontrolliert zu gestalten. Durch Aufklärung über die Wirkungen und Risiken sowie die Beachtung der „Lower-Risk Cannabis Use Guidelines“ können Konsumenten Maßnahmen ergreifen, um die Gefahr einer Sucht zu minimieren und einen sichereren Umgang mit Cannabis zu gewährleisten.

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