In Beziehungen suchen Menschen, was ihnen fehlt
Menschen erhoffen sich, in Beziehungen zu finden, was ihnen fehlt. So suchen in Paarbeziehungen Männer bei Frauen das Weibliche und Frauen bei Männern das Männliche. Fehlt einer Person in der Herkunft ein Elternteil oder sogar Vater und Mutter, aber auch ein Geschwister, durch Tod, Trennung oder Scheidung, sucht sie dies beim Partner. Bleiben in einer Beziehung Themen ungelöst, insbesondere wenn es gemeinsame Schwangerschaften oder Kinder gab, können auch dadurch Beziehungsprobleme in der neuen Partnerschaft entstehen.
Menschen möchten ihrem Partner geben, was er braucht
Die Erfahrung aus Psychotherapie und Beratung von Paaren, aber auch von Menschen in freundschaftlichen Beziehungen zeigt, dass beide Partner oft ähnliche Schicksalsgeschichten aufweisen. So findet die Frau, die ihre Mutter früh verloren hat, intuitiv den Mann, dem sein Vater früh gefehlt hat. Beispielsweise sucht eine Frau, die ihren älteren Bruder früh verloren hat, in beruflichen und privaten Beziehungen immer wieder Männer, denen ebenfalls ein Geschwister fehlt oder deren eigenes Leben in Gefahr schwebt(e). Dieses seelische Wissen um die Not des Anderen berührt umso tiefer, je ähnlicher und näher es in der eigenen Lebens- und Familiengeschichte vorgekommen ist.
Verluste aus früheren Partnerschaften können zu Beziehungsproblemen führen
Aus solchem Mitgefühl erwachsende Bindungsliebe führt häufig dazu, dass Partner einander geben wollen, was ihnen von früher her fehlt. Sie vertreten dabei für den anderen, was dieser entbehren musste. Wer im eigenen inneren Bild fehlt, wird vom anderen vergegenwärtigt, repräsentiert. Obwohl dies immer nur teilweise geschieht (partielle Repräsentation), kann solches Bemühen sogar den realen Teil der Beziehung überlagern. Derartige Anstrengung kann zu Überforderung, Erschöpfung und Verdruss bis hin zur Trennung als letztem Lösungsversuch führen.
Woran erkennen Sie Unerledigtes aus früheren Beziehungen?
Verspüren Sie vielleicht bei Ihrem Partner, dem früh seine Mutter fehlte, das Gefühl, für ihn sorgen müssen? Glauben Sie, Ihrer Frau, die als Kind ihren Vater verlor, sagen zu sollen, wo es im Leben lang geht? Fürchten Sie um Ihr Leben, weil ein Geschwister den Tod fand oder abgetrieben wurde? Fühlen Sie sich von einem Mitmenschen nicht gesehen oder fühlen Sie sich selbst blind, gleichsam nicht ganz da zu sein, weil die Seele damit beschäftigt ist, von früher her Fehlendes zu suchen?
In Familien geben Eltern den Kindern und die Kinder nehmen von den Eltern. Dadurch wirken Eltern groß und Kinder klein. In Paarbeziehungen herrscht Ebenbürtigkeit, ein Austausch von Geben und Nehmen auf Augenhöhe. Verhalten sich die Bewegungen in den Beziehungen umgekehrt, wird dies als unstimmig empfunden und führt zu Beziehungsproblemen. Dahinter steckt meist das Bemühen, Altlasten bereinigen zu wollen.
Wie können Sie Altlasten aus früheren Beziehungen loslassen?
Sorgen Sie für ein bewusstes, klares inneres Bild ihrer Lebens- und Familiengeschichte. Lassen Sie allen Angehörigen den Platz, der Ihnen gebührt. Auch die früh Fehlenden und frühere Partner, die das Kommen Späterer ermöglicht haben, gehören dazu. Umso mehr, wenn diesem Umstand ein Vorteil oder gar das eigene Leben zu verdanken ist. Nehmen Sie das Leben von Ihren Vorfahren ohne Vorwurf dankbar an. Ihr achtungsvoller Umgang mit Anderen stärkt Ihr Selbstwertgefühl und hilft Ihnen, Ihre eigenen Lebensaufgaben so lastenfrei wie möglich zu gestalten. Das schützt auch vor Beziehungsproblemen.
Welche Methoden helfen Ihnen, Ihre Freiheit zurück zu gewinnen?
Das Würdigen der Beziehungen zu anderen Menschen und zu sich selbst kann geschehen, indem Sie sich bewusst werden, an welche Stelle jeder Einzelne durch Geburt oder Aufnahme einer Beziehung gehört. Dieser Vorgang geschieht geistig in Gedanken und kann mit der Anfertigung eines Genogramms (auch als Stammbaum bekannt) beginnen. Es lässt sich sinnvoll ergänzen durch fühlendes Erleben und Handeln, wie es in Familien- und Systemaufstellungen geschieht.
Wählen Sie dafür den passenden Zeitpunkt und wenden Sie sich mit Ihrem konkreten Anliegen an einen Therapeuten oder Berater Ihres Vertrauens. In der Zusammenarbeit mit ihm können Sie Altes gut und vorbei sein lassen, abschließen, um in dieser Beziehung modellhaft zu erfahren, wie Sie ihren Alltag freier gestalten können.
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